Reinheit des Blutes

 

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Kapitel 14: Shoppingtour mit Severus



Ich trat mit ihm in den Kamin, seine Hand fest um meinen Ellbogen gelegt. Sofort züngelten die grünen Flammen hervor und hüllten uns gänzlich ein. Vor meinen Augen verschwamm alles, für kurze Zeit schien es mir, als würde ich gleichzeitig schwerelos durch den Raum gleiten und trotzdem in verschiedene Zimmer gezogen werden. Mir war total schlecht.

Ein Gefühl des Fallens, begleitet mit einem leichten Ruck in meinen Gliedern beendeten dieses unwirkliche Erlebnis. Ich zitterte am ganzen Körper und mein Frühstück schien mich noch einmal beehren zu wollen. Hastig schluckte ich und gab einen wimmernden Laut von mir.

Mein kühler Begleiter sah mich kurz an und unterbrach den Körperkontakt. „Wir sind da, Miss Xanthreos.“

Erst jetzt nahm ich das Wimmeln und Raunen, das Quasseln und hektische Suchen der unterschiedlichsten Wesen um mich herum wahr. Während ich noch versuchte mich zu sammeln, zerrte er mich schon hinter sich her. Ich nahm kaum etwas wahr, lediglich seine schwarze Robe streifte immer wieder mein Gesicht und hüllte mich in einen seltsamen Duft. Lavendel und Zimt? Veilchen vielleicht? Eine weiche Woge des Wohlbehagens rollte über mich hinweg und ich lächelte.

Plötzlich war alles viel heller und wir standen in einer langen Gasse, gesäumt von kleinen Geschäften mit merkwürdigen Aufschriften. Hier war es noch deutlich lauter, als zuvor in der Kneipe. Eine Vielzahl von Menschen drückten sich von Laden zu Laden, bepackt mit Taschen und eingehüllt in teils sehr farbenfrohen Roben. Kinder wurden von ihren Müttern hinter sich her gezogen, diverse Zauberer traten scheinbar gelangweilt von einem Schaufenster zum Nächsten. Himmel, es war soviel Trubel, wie zum Sommerschlussverkauf der Muggel.

Ich war dankbar für seine Hand an meinem Arm, fürchtete ich doch insgeheim, dass er mich in diesem Gewühl aus Menschen verlieren würde. Instinktiv krallte ich meine Hand in seiner Robe und drängte mich etwas enger an ihn.

„Was zum...?“

Er warf mir einen zornigen Blick herab und ließ mich los. Seine Stimme klang ätzend wie immer und seine Worte waren giftig. „Lassen Sie mich gefälligst los! Was ist nur in Sie gefahren?“

Ich sah ihn irritiert an. Mein Gott, er kann sich wirklich über jede Kleinigkeit aufregen, oder? Dennoch würde ich ihn ganz sicher nicht loslassen. Die meisten der Leute hier überragten mich bei weitem, und ich dachte nicht im Traum daran, verloren zu gehen. Also verstärkte ich meinen Griff noch einmal und schickte ihm einen trotzigen Blick. Er hob lediglich die Augenbrauen. Sah noch einmal zu meiner Hand an seiner Robe, seufzte schließlich entnervt auf. Ich hatte gewonnen!

„Wohin wollen Sie als Erstes?“

Wieder sah er mich mit einem Gemisch aus Ungeduld und Langeweile an.

„Ich brauche Hosen, Pullis, vielleicht auch neue Schuhe...“

Er unterbrach meinen Redeschwall und seine Augen wirkten nun eher amüsiert. Es war erstaunlich, wie attraktiv und lebhaft er wirken konnte, wenn er nur wollte. Ich stellte für mich erstaunt fest, dass ich ihn doch mochte.

„Miss Xanthreos, Sie haben sich ja viel vorgenommen.“

Ich lächelte ihn strahlend an und zerstörte aus einem unerfindlichen Grund seine gute Laune. Sein Gesicht wurde wieder zu einer kalten Maske und ich bedauerte es zutiefst.

„Kommen Sie mit. Wir werden zuerst zu Madame Leone gehen.“

Er ging mit schnellen Schritten voran, und ich hatte Mühe ihm zu folgen. Mühelos glitt er durch die Menge, überall machte man ihm Platz. Es schien mir fast, als wollten sie um jeden Preis einen Kontakt vermeiden. Tatsächlich begannen sie sofort hinter seinem Rücken zu tuscheln und deuteten mit ihren Fingern auf ihn. Was sie sprachen, konnte ich nicht verstehen, doch ich fühlte mich sehr unbehaglich.

Ich begann schneller zu gehen, um einen kurzen Blick auf sein Gesicht werfen zu können. War er sich ihres Verhaltens bewusst? Doch er sah nur starr gerade aus und schien es nicht zu bemerken. Oder es war ihm egal.

Vor einem schönen, bunten Schaufenster hielt er inne. Ich konnte meine Augen kaum von den wunderschönen Kleidern darin abwenden. Hier war ich definitiv richtig! Ich spürte seinen Blick auf meinem Gesicht, doch als ich seinen Blick einfangen wollte, hatte er sich schon zur Tür gewandt. „Kommen Sie?“

Eilig trat ich mit ihm in das Geschäft. Das Licht von draußen erhellte angenehm den großen Raum und brachte die verschiedenen Farben der Kleider zum Leuchten. Ich war begeistert. Er trat an einen kleinen Tisch, der neben einem Podest in der Mitte des Raumes stand und betätigte die Klingel. Ein sanfter Ton durchdrang die wohltuende Stille. Jegliche Hektik war draußen geblieben. Sofort rauschte eine rundliche Frau aus einem der hinteren Räume. Sie war in blau und grün gekleidet und ich mochte sie auf Anhieb.

„Ah. Verzeihen Sie bitte. Was kann ich für Sie tun?“

Severus deutete kurz auf mich und sie lächelte mir freundlich zu.

„Miss Xanthreos muss komplett neu eingekleidet werden.“

Ihr Blick wechselte über erstaunt zu begeistert. Offensichtlich kannte man hier meine Familie und ihren guten Ruf.

„Miss Xanthreos. Welche Freude Sie hier begrüßen zu dürfen.“

Sie machte doch tatsächlich einen Knicks, was mich heftig erröten ließ. Wie sollte ich mich nun verhalten? Professor Snape hatte es sich leicht gemacht. Er hatte sich auf einen der Stühle am Fenster gesetzt und betrachtete nun gelassen die Situation.

„Bitte, nennen Sie mich doch Amalys.“

Wieder sah sie mich erstaunt an und dann glitt ein liebevoll, mütterliches Lächeln über ihr Gesicht. „Gerne, Amalys. Wenn Sie sich bitte hier herauf stellen würden, damit ich Ihre Maße nehmen kann?“

Madame Leone deutete auf das Podest und zückte sofort ihr Metermaß. Es war mir leicht unbehaglich zu Mute, als ich beobachtet von ihm ihren Wunsch nachkam.

„Strecken Sie bitte beide Arme von sich weg und stellen Sie sich gerade hin.“

Ich tat, wie sie mir geheißen und sofort schwebte sie um mich herum. Maß hier und dort ab, machte von Zeit zu Zeit ein zustimmendes Geräusch und gab die gemessenen Größen erfreut von sich. Auf dem Schreibtisch konnte ich sehen, wie sich die Feder wie von Geisterhand bewegte und meine Daten aufschrieb.

Wie Aschenputtel und ihre gute Fee, dachte ich kurz. Doch ein schneller Blick auf meinen Begleiter zeigte mir, dass ich meine Überraschung besser verbergen sollte. Er saß da, das Sonnenlicht brachte selbst sein Haar zum Schimmern, die Beine überschlagen und die Arme vor der Brust verschränkt. Irgendwann hatte er die Robe aufgeknöpft und nun sah man deutlich den grünen Pullover und die schwarze Hose. Eigentlich war er eine elegante Erscheinung. Eigentlich...

„So, das hätten wir. Sie können wieder herunter steigen.“

Sie reichte mir ihre Hand und ich kletterte herunter.

„Wenn Sie sich setzen möchten? Ich werde Ihnen einige Kleidungsstücke zurecht machen und Sie können sie sich dann an meinem Modell ansehen.“

Wieder lächelte sie und ich erwiderte es. Doch schon erscholl seine Stimme, ruhig und kühl. „Ich möchte, dass sie alles selbst anprobiert.“

Überrascht drehten wir uns zu ihm um. Er schien es wirklich ernst zu meinen. Madame Leone fing sich als erstes wieder und nickte ihm zu. „Selbstverständlich, Professor Snape.“

Sie kannte ihn also. Wer hätte gedacht, dass dieser Miesepeter hier einkaufte? Mehr noch, wer hätte gedacht, dass er sich einmischen würde?

„Würden Sie mich bitte nach hinten begleiten?“

Ich folgte ihr in ein anderes Zimmer. Sie reichte mir ein schönes, kurzes Kleid aus herrlich weichem Samt. Es erschien mir ein wenig zu groß, aber als ich es anzog, passte es sich mir an. Ich war schlicht begeistert.

„Wollen Sie es vorführen?“

Ich nickte und trat in den Vorraum. Offensichtlich hatte er nichts anderes erwartet, denn er begutachtete mich von allen Seiten, um dann seine Meinung kund zu tun.

„Es sollte die Schultern frei lassen, die Ärmel können lang bleiben. An der Taille etwas enger. Und als Farbe...“

Severus sah mich lange an und schien zu überlegen. Seine Hand strich nachdenklich über seinen Hals. Ich war empört, dass er einfach so für mich entschied. Aber das wollte ich auch nicht in aller Öffentlichkeit breit treten.

„Als Farbe nehmen wir kirschrot.“

Rot? Hatte er wirklich rot gesagt? Ich wollte kein rotes Kleid! Andererseits musste ich wahrscheinlich froh sein, dass er nicht alles in grün wollte. Zumindest Madame Leone war begeistert von seinen Ideen und änderte das Kleid mit einem Schwenk ihres Zauberstabes um. Er nickte zufrieden und ich wurde wieder hinter den Vorhang gezogen. Das nächste Kleidungsstück, das gleiche Spiel.

Nach drei Stunden wollte ich einfach nicht mehr. Ich war müde und fühlte mich wie eine misshandelte Barbiepuppe. Doch er hatte noch lange nicht genug. Die Beiden schienen sich richtig in dieses Spiel hineinzusteigern. Mich hatten sie als Person einfach vergessen.

Erst richtig wach wurde ich wieder, als er mit ruhiger Stimme verkündete: „...dazu passend brauchen wir natürlich Unterwäsche, Nachtkleidung und Schuhe.“

Sie kramte eifrig nach hauchdünner Spitzenwäsche und äußerst knappen Nachthemden. Ich stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Er würde doch nicht etwa? Doch er tat es tatsächlich. Er berührte mit seinen langen, blassen Fingern jedes Teil und gab sein Urteil und den Farbwunsch kund. Das war peinlich! Das war untragbar! Ich musste dazwischen gehen. Doch beim Blick in seine schwarzen Augen blieben mir die Worte im Hals stecken.

Widerworte würde er wohl nicht gelten lassen. Also ließ ich ihn gewähren und schwor mir, diese Sachen niemals, niemals, niemals anzuziehen!

Weitere zwei Stunden später war es dunkel geworden. Madame entzündete unzählige Kerzenständer und ich führte mittlerweile Schuhe vor. Mehr als einmal wäre ich beinahe gefallen vor Müdigkeit. Schließlich hatten sie doch Mitleid mit mir und ich durfte meine eigenen Kleider wieder anziehen.
Vor ihrem Schreibtisch türmten sich die Schachteln und Tüten. Oh Gott, hatten wir wirklich so viel gekauft?

„Ich werde Ihnen Ihre Sachen per Flohpulver nach Hause schicken...“

Erleichterung durchflutete mich. Ich hätte um nichts in der Welt diesen ganzen Kram schleppen wollen.

„Das macht dann bitte eintausendneunhundertvierundsechzig Goldstücke.“

Sie lächelte mich wieder mit glänzenden Augen an. Ich denke mal, ich hatte ihr den Umsatz ihres Lebens beschert. Unsicher ob der immensen Summe griff ich nach meinem Geldsäckchen, als er auch schon die Rechnung beglich. Erstaunt sah ich zu ihm auf, doch er blickte mich nicht an. Seltsam, sehr seltsam. Madame Leone war überaus begeistert und brachte uns noch zur Tür.

Die kühle Luft tat gut und ich wurde langsam wieder etwas munterer.

„Grandma wird Ihnen das Geld sofort wiedergeben.“

Es war mir peinlich, dass er für mich gezahlt hatte. Doch er winkte nur gleichgültig ab.

„Es war eine geringere Summe und ich denke, damit ist meine gute Tat für dieses Jahr getan. Zumindest sehen Sie jetzt nicht mehr wie ein Bonbon aus.“

Humor hätte ich bei ihm zuletzt erwartet. Doch ich wollte unbedingt noch eine Sache klarstellen: „Ich hätte gerne selbst über die Kleiderwahl entschieden.“

Er reagierte überhaupt nicht. Ich versuchte es noch einmal, diesmal jedoch lauter. Jetzt blickte er mich zwar an, aber schwieg.

Dann, einfach so - aus jedem Zusammenhang gerissen, sprach er: „Haben Sie Hunger? Es gibt ein gutes Restaurant nicht weit von hier.“

Ich war erschüttert. Er war heute so ganz anders, als ich ihn mir vorgestellt hatte. Severus wartete meine Antwort gar nicht erst ab, sondern lief einfach voraus. Hastig folgte ich ihm, auch wenn die Strassen nun fast leer waren.

Kapitel 14

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