Kapitel 13
"Mr. Snape?"
Doubt, der Auror, reißt mich unsanft aus meinen Erinnerungen. Für einen Moment war diese Weihnachtsfeier, die nicht nur zehn Jahre zurückzuliegen scheint, sondern Jahrhunderte, in meinen Erinnerungen so nah, als hatte sie erst gestern stattgefunden.
"Mr. Snape, gehört diese Kette Ihnen?"
Geistesabwesend nicke ich, und starre weiterhin auf die kleine Schlange an der filigranen Kette. Obwohl ich diese Kette seit diesem Weihnachten zehn Jahre lang täglich getragen habe, scheint es mir, als hätte ich sie noch nie richtig gesehen.
Gegen die raue Pappe wirkt das Silber doppelt so elegant und schimmernd als normal.
Schließlich klappe ich die Schachtel wieder zu, lasse sie in meine Tasche gleiten und wende mich dem Auror zu. "Sie haben mich sicherlich nicht hierher bestellt, um mir meine Kette zurückzugeben. Womit also kann ich Ihnen behilflich sein?"
Doubt nickt, grinst. "Wir benötigen eine genaue Aussage von Ihnen darüber, was an jenem Tag alles geschehen ist. Da wir von Mr. Potter keinerlei genau Informationen außer der, dass er nicht mehr wissen, was geschehen ist, bekommen konnten, sind wir auf Ihre Angaben angewiesen."
Ich nicke, lehne mich zurück, warte, bis er sein Diktiergerät auspackt und beginne.
Fast zwei Stunden lang rede ich, lang genug, um vier Bänder zu besprechen. Danach haben sich alle Unklarheiten geklärt, und ehe ich mich versehe, hat Doubt mich hinauskomplimentiert, mit den Worten, dass ich von ihm hören würde.
Langsam gehe ich durch das Gebäude, vorbei an geschäftig schwätzenden Auroren, ängstlichen Verbrechern, Richtern, Anwälten, und Touristen, die mit ihrer Reisegruppe erzählt bekommen, welche Wundertaten das Ministerium schon vollbracht hat.
Als ich endlich durch die weiten Glastüren gehe, fühle ich mich wie ausgebrannt. Doubt hatte bekommen, was er wollte - einen nüchternen Bericht, im besten Ministeriumsjargon, so objektiv wie möglich. Ich hatte zu lange als Spion gearbeitet, um noch irgendwelche Gefühle in Berichten unterzubringen. Albus hatte Objektivität gewollt - und er hat sie immer bekommen, solange, bis es ihm irgendwann unheimlich wurde.
Müde gehe ich durch die Schwingtüren, die Treppen hinunter und tauche im Gewühl der Winkelgasse unter. Ich muss noch einkaufen - Muggelkleidung besitze ich keine.
In einem kleinen Laden werde ich fündig. Eine schwarze Hose, ein schwarzes Hemd mit einer netten Verzierung an der Knopfleiste - kleine Schlangen, die sich ineinander verringeln - und einen langen, schwarzen Mantel mit Pelzkragen. So muss ich auch in der Muggelwelt nicht auf meinen wehenden Schatten verzichten. Der kleine Verkäufer freut sich sichtlich, einen so zahlkräftigen Käufer wie mich gefunden zu haben, und ich bin zu müde, um mich noch über seine Eifrigkeit zu ärgern.
Nur wenige Minuten später stehe ich in meinem Haus und packe meine Taschen aus. Die kleine Pappschachtel mit der Kette werfe ich auf meinen Nachtkasten und tue mein Bestes, sie zu vergessen.
Schließlich habe ich die neuen Möbel vergrößert, an ihre Plätze gestellt, und mich umgezogen. Gerade als ich meinen neuen Mantel anziehe und gehen will, fällt mir die Pappschachtel wieder in den Blick. Wie angezogen nehme ich sie auf, setze mich auf mein neues Bett, und öffne sie.
Die kleine Schlange liegt unter der Kette, in sie verdreht. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass es höchste Zeit ist, um nach London zu apparieren. Seufzend ziehe ich die Kette aus der Schachtel, und lege sie um. Als das kalte Metall meine Brust berührt, zucke ich zusammen. Wann habe ich die Kette das letzte Mal getragen? Dann aber ist das Gefühl der kleinen Schlange auf meiner Haut zu vertraut, um sich noch weiter Gedanken darüber zu machen, und ich verlasse mein Haus. Morgen wird Gypsy in die Küche einziehen, dann bekommen ich 'daheim' auch etwas zu essen. Daheim.. Das filigrane Eisentor schlägt hinter mir zu, und mit einem letzten Blick auf das dunkle Haus disappariere ich in die Lichterwelt Londons.
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