phoenixfedern

 

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Kapitel 1



Das erste, was ich nach meiner 'Entlassung' aus Sankt Mungos erledigte, war ein Ausflug in die Winkelgasse. Ich war lange in Sankt Mungos gewesen. Ich habe selbst heute keine Ahnung, was sie mit mir gemacht haben. Und warum sie mich so lange festgehalten hatten. Fest stand nur, dass ich ein freier Mann war, sobald ich entlassen wurde.

Ich hatte keinen Sickel bei mir, als ich den "Tropfenden Kessel" betrat. Eigentlich war es wie immer. An allen Tischen saßen Hexen und Zauberer, Zwerge, ein paar Halbriesen. Alles, was einen Bierkrug heben konnte, eben. Wenigstens das war noch wie früher. Dachte ich.

Irgendwann während des Kampfes war mir mein Zauberstab abhanden gekommen. Ich war also so gut wie hilflos. Ohne Zauberstab konnte ich ja noch nicht einmal die Winkelgasse betreten. Das erste, was ich erledigen musste, war ein Ausflug zu Gringotts.

Die schwere Tür des "Tropfenden Kessels" schwang hinter mir zu, und ich atmete den typischen Kneipengeruch ein. Warmes Bier, Schweiß, Zigaretten, billiges Parfum. Es war voll, und alle redeten laut durcheinander. Zu meinem Glück saß kein Bekannter an einem der Tische. Konversation war noch nie eine meiner Vorlieben, und das, was man so schön salopp Small-talk nennt, ist meiner Meinung nach für geistige Vegetarier.

Ich kämpfte mich durch die heftig miteinander diskutierende Menge hindurch, und gelangte irgendwann zum Tresen. Tom erkannte mich. "Severus Snape, welch eine Freude!", rief er, sobald ich über der Theke hing. Freude? Freude? War in meinem Gedächtnis eine Lücke, oder hatte Tom früher mehr ein etwas.. distanzierteres Verhältnis zu mir gehabt? Schließlich war meine ehemalige Stammkneipe der "Drachenzahn" in der Nocturngasse gewesen. Dort hatten die entsprechenden Kreise verkehrt, in denen ein Spion Informationen bekam. Eine unerlässliche Informationsquelle.

Anscheinend war Tom das auf unerklärliche Weise abhanden gekommen. Und einigen andere auch. Denn sobald Tom meinen Namen laut ausrief, verstummte das Geplapper und Geschwätz um mich herum schlagartig. Es wurde still. Zu still, für meinen Geschmack.

"Tom, was soll das?", zischte ich durch zusammengebissene Zähne. Laut lachend holte er aus und schlug mir freundschaftlich auf die Schulter. "Er fragt, was das soll. Nicht zu fassen. Severus Snape fragt, was das soll." Einige Hexen kicherten verhalten. Mehr oder weniger verstört hing ich über dem Bartresen. Diese Erfahrung gehörte definitiv in die Kategorie: Meine Alpträume, und warum sie niemals real werden sollen. Was zum Mephistopheles war hier los?

"Tom, tu mir einen Gefallen. Beende sofort die Maskerade hier und mach mir den Eingang zur Winkelgasse auf." Instinktiv sprach ich leise, ein wenig drohend. Aber womit könnte ich denn drohen? Tom jedoch nickte nur. "Klar, aber ich kann nicht weg. Pressilia! Mach Severus mal den Eingang zur Winkelgasse auf."

Hinter mit tauchte eine kichernde Hexe auf, und ich folgte ihr aus der Kneipe. Dahinter tippte sie an die Mauer, und der Eingang zur Winkelgasse öffnete sich. "Besten Dank", knurrte ich, und betrat die Gasse, in der das vertraute Gewühl herrschte.

Wie immer beeilte ich mich. Einkaufen zählte niemals zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, egal, was ich brauchte. Es muss schnell gehen, und unkompliziert sein. Für ausgedehnte Shoppingtouren besitze ich nicht den nötigen Nerv.

Ich eilte an den Schaufenstern vorbei, versucht, mir einzureden, dass alles wie immer wäre. Aber das war es nicht. Auffällig viele Blicke folgten mir, zu viele Köpfe drehten sich nach mir um. Ich war froh, als ich in Gringotts ankam.

Nachdem ich mich in meinem Verließ bedient hatte, und mich mit etwas Geld in der Tasche wieder ins Gewühl stürzte, fühlte ich mich innerlich.. .erleichtert. Was hatte ich erwartet, dass mir das Ministerium das Verließ eingefroren hatte? Irgendwie schon, so peinlich es ist, es zuzugeben. Aber es war gut gegangen.

Die Ladenglocke klingelte leise, als die Tür bei Ollivander's hinter mir zuschwang. Ich mag den dunklen Laden. Er hat etwas... beruhigendes. Die großen, hohen Regal, die kühle Luft und die Abertausenden von Pappschachteln, in denen die kostbarsten Zauberstäbe lagen, haben auf mich eine Auswirkung, wie ein blubbernder Kessel. Sanft. Auch damals verfehlte diese Ausstrahlung ihre Wirkung nicht. Das tat sie nie.

"Ahh… Mr. Snape. Ich sehe." Wie aus dem Nichts tauchte Mr. Ollivander auf, flink wie ein Wiesel und zuvorkommend. "Guten Tag." Freundlich lächelte er mir zu. "Setzen Sie sich, setzen Sie sich... so eine Tragödie. So ein schöner Stab... Ich weiß noch wie heute, wie ich Ihnen diesen Stab verkauft hatte.. so jung waren Sie damals." Ich musste mir das Knurren vergreifen. Jung? Das war vor knapp zehn Jahren. Zehn Jahre... welche Ewigkeit. "Und Sie brauchen einen neuen Stab... schauen wir mal. Wie immer?" Ich zuckte die Schulter. "Was Sie dahaben." Immer noch lächelnd verschwand Mr. Ollivander im hinteren Teil des Ladens, wühlte dort, und kam mit einigen Pappschachteln zurück. "Hier haben wir etwas schönes..12 Zoll... deutsche Eiche... probieren Sie... Nein, lieber nicht. Nein. Und was ist hiermit? Einhornhaar, Rotbuche.. Nein, auch nicht. Aber das hier - japanische Kirsche, Phönixfedern, ähnlich wie Ihr alter." Ich nahm den Stab, wog ihn in der Hand - er war schwerer als der alte - und hatte auf einmal dieses schöne, warme Gefühl. Ich nickte. "Perfekt, wirklich perfekt." Schließlich hatte ich bezahlt und verließ den Laden. Was brauchte ich noch?

Den Rest des Tages verbrachte ich damit, Kleidungsstücke, Zutaten, Kessel, Federn, Pergamente und Bücher zu kaufen. Vieles, was mir gehörte, lag unter den Trümmern Hogwarts - und ich hatte wirklich nicht den Nerv, dort nach Büchern zu graben. Außerdem gibt es keinen würdigeren Tod für ein Buch, als begraben zu werden. Trotzdem ist es um manche Kostbarkeiten schade. Sehr.

Bevor ich wieder nach Hause, nach Snape Manor, dem Haus meiner Familie, in dem ich notgedrungen würde wohnen müssen, apparierte, wollte ich einen letzten Abstecher in die Nocturngasse machen, und mich endgültig von Severus Snape, dem Death Eater, verabschieden.

Ich muss nicht breit erklären, welche Überraschung die Nocturngasse - oder das, was ehemals die Nocturngasse gewesen war, für mich darstellte. Die Gasse war verwaist, Geschäfte leer, der Pub geschlossen. Sie hatten sie ausgemerzt, das schwarze Herz Londons. Die Straße des Zwielichts. Nichts war mehr davon übrig.

Überrascht blieb ich stehen und beobachtet, wie einige Auroren einen kleinen Laden leer räumten. Es war der letzte Laden gewesen, ein Laden, in dem ich mich gerne mit illegalen Giften eingedeckt hatte. "Weitergehen!", versuchte mich ein Auror zu verscheuchen. Dann betrachtete er mich näher. "Snape, Severus?", fragte er. Ich nickte verhalten. "He, Arthur!" Ein Mann, in amtliche Roben gekleidet, löste sich aus der Gruppe und kam auf mich zu.

Erst, als er näher kam, erkannte ich Arthur Weasley. "Mr. Snape", begrüßte er mich und streckte mir die Hand entgegen. "Mr. Weasley. Was ist hier alles passiert? Gott und die Welt scheint mich zu kennen. Außerdem herrscht eine gewisse... Unruhe." Weasley seufzte. "Sie sind erst heute entlassen worden, korrekt?" Ich nickte. "Dann kommen Sie mit, Sie haben eine Menge verpaßt. He Bill, ich mache kurz Pause!" Einer der Auroren hob den Arm und winkte zurück.

Ich war nie ein großer Freund von den Weasleys gewesen. Sie waren eine nette Familie, und ich hatte nie mit einem von ihnen Probleme gehabt. Aber besser Informationen von Arthur Weasley, als dumm sterben. Man verzeihe die Ausdrucksweise, aber sie erklärt am besten meine Unwissenheit.

Arthur ging vorweg, und ich folgte ihm in einen Pub, in dem wir uns an einen Tisch setzten und Getränke bestellten. Dann erklärte er mir, was ich verpasst hatte.


Prolog

Kapitel 2

 

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