Liebe, Sehnsucht, Angst und Tod

 

 

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Kapitel 6: Erinnerungen

 

Lilian saß unten am Ufer unter einem schönen Baum und genoss einen der letzen warmen Tage, den der Oktober ihnen noch einmal schenkte. Hogwarts war wirklich eine schöne Schule. Das Schloss mit den vielen Türmen, das große Quidditchfeld, der schöne See und die Bänke, die am Ufer verteilt standen, ja selbst der Verbotene Wald bot einen schönen Anblick.

Endlich hatte sie mal einen Platz gefunden, wo sie in Ruhe nachdenken konnte, ohne dass Draco sie mit unnötigen Fragen attackierte, denen sie dann genervt antworten musste. Sie dachte über die erste Schulwoche nach, die sie nun hinter sich hatte.
Alles in allem war sie sehr zufrieden hier. Sie hatte gute Lehrer, wenn man von Professor Sare und Binns absah, die Schüler waren recht freundlich, was vielleicht daran lag, dass sie die Tochter von Professor Snape war, und das wichtigste war immer in ihrer Nähe: Ihr Vater.

Seid dem sie klein war hatte sie sich immer nur eins gewünscht: Ihren Vater öfters zu sehen, als die 4 Wochen, die er in den Sommerferien nach Hause kam. Es war schlimm genug für sie gewesen ihre Mutter zu verlieren, als sie gerade mal 9 Monate alt gewesen war. Klar, damals war sie zu jung gewesen um es zu begreifen, doch als sie 3 Jahre alt war hatte sie schon begriffen, dass sie nie mit ihrer Mom im Park rumalbern konnte oder ähnliches. Besonders schlecht ging es ihr immer, wenn sie aus dem Fenster schaute und eine Mutter mit ihrem Kind Hand in Hand vorbeilaufen sah. Immer wieder lief sie dann zu ihrer Großmutter und fragte sie über ihre Mutter aus.

"Duuu, Oma Ariane, wie war Mummie denn so?" fragte die kleine Lilian ihre Großmutter und setzte sich auf den schönen großen Sessel.
"Das fragst du mich jetzt doch schon zum was weiß ich wievieltem Mal!" entgegnete diese lächelnd und stellte die Vase mit den Blumen, die Lilian gerade für sie gepflückt hatte, auf den Tisch.
"Ich will es aber noch mal hören!" quengelte das kleine Mädchen.
"Na gut. Sie war groß und wunderschön. Du hast ihre großen, blauen Augen und ihre rotblonden, gelockten Haare, weißt du das? Und sie hatte genau so schöne rote Lippen wie du. Immer, wenn du geweint hast, hat sie dich in den Arm genommen, dich sanft hin- und hergewiegt und ein kleines Lied gesungen", begann sie zu erzählen.
"Und welches Lied hat sie gesungen?" fragte Lilian neugierig.
"Sie hat immer 'das Lied vom kleinen Stern' gesungen."
"Und wie geht das?" fragte Lilian weiter.
"Es ging so:
Wenn der Mond aufgeht und die Nacht gekommen ist,
wenn die Dunkelheit, auch das letzte Licht verschlingt.
Ja dann weine nicht, denn ein klitzekleines Licht,
bleibt am Horizont, und sagt "verzage nicht".

Ein kleiner Stern so hell, er könnt nicht heller sein,
strahlt nur für dich, mit seinem hellen Schein.
komm verzage nicht, er wird immer bei dir sein
und begleitet dich, du bist niemals allein

Wieso weinst du?" fragte Ariane, als sie fertig gesungen hatte.
"Das Lied, es ist so traurig!" sagte Lilian und zog die Nase hoch.
"Hier", sagte sie und reichte ihrer Enkelin ein Taschentuch. Lilian nahm es und schniefte einmal richtig rein.
"Erzählt weiter!" drängte das Mädchen ihre Oma. "Wie haben Mummie und Daddy sich kennengelernt und sich verliebt?"
"Nun, kennengelernt haben sie sich natürlich in Hogwarts. Ich hätte eigentlich nie gedacht, dass die beiden sich mal lieben würden", sagte die alte Dame lächelnd.
"Wieso?"
"Nun ja, dein Dad und deine Mom haben sich am Anfang nicht gerade sehr gemocht. Außerdem waren sie in verschiedenen Häusern. Er war in Slytherin und sie in Gryffindor. Weißt du, die aus Slytherin und die aus Gryffindor mögen sich nicht besonders. Die Slytherins sind eher listig und gemein, während die Gryffindors sehr mutig und nett sind!"
Lilian unterbrach ihre Oma.
"Aber Daddy ist nicht gemein! Er ist immer gaaaaanz arg lieb!"
"Ja, aber früher war er das nicht. Erst Katleen hat ihm gezeigt, was es heißt, geliebt zu werden. Weißt du, dein Daddy hatte es als Kind nicht gerade sehr leicht. Oma Silvana und Opa Severin haben ihn nie so geliebt, zumindest es nicht gezeigt. Weißt du, sie sind eine alte Familie, was wir auch sind, aber sie sind der Ansicht, dass man mit Liebe nichts erreicht!"
"Ich mag Tante Silvana sowieso nicht! Sie spielt nicht mit mir und alles bei denen im Haus ist so dunkel! Außerdem sagt Opa Severin immer, dass Daddy es nicht würdig sei, sein Sohn und ein Snape zu sein!" sagte das Mädchen trotzig. "Aber jetzt sag, wie haben sich die beiden nun verliebt, wenn sie sich doch so gehasst haben!" drängte sie.
"Sie haben sich nicht gehasst, Liebes. So konnte man es nicht nennen. Also, es begann so: Sie mussten beide mal zusammen eine Strafarbeit ausführen, weil sie sich gegenseitig verhext hatten. Ja Lilian, sie haben sich verhext.
Auf jeden Fall haben sie dort dann angefangen sich zu mögen, doch angefangen sich zu lieben hatten sie erst, als sie aus der Schule draußen waren.
Sie trafen sich ab und zu. Aus ab und zu wurde immer öfters, bis sie schließlich zusammenzogen und dich bekamen.
Alles war perfekt, bis zu jener Nacht." Arianes Augen wurden traurig, als sie sich traurig zurückerinnerte.
"Was ist da passiert?" wollte das neugierige Mädchen wissen.
"Das kann ich dir noch nicht erzählen, jetzt noch nicht. Aber ich verspreche dir, wenn du älter bist, dann sag ich es dir! Und jetzt sieh zu, dass du dich umziehst, weil dein Vater gleich kommt und dich abholt!"


Lilian lächelte. Ja, damals, als sie klein war, hatte ihre Großmutter ihr immer von ihrer Mutter erzählt und ihr ganz viele Bilder gezeigt. Doch sie hatte nicht nur ihre Oma ausgefragt, auch ihren Vater hatte sie immer wieder gedrängt, ihr von ihr zu erzählen.
Aber besonders erinnerte sie sich daran, wie sie erfuhr, was wirklich geschehen war, als ihre Mum starb.

"Duuuuuu, Daddy!" sagte Lilian und hüpfte vor ihrem Vater im Schlafanzug auf und ab, der am Schreibtisch saß und etwas schrieb.
"Ja?" sagte er und schaute auf.
"Erzähl mir noch mal von Mummie!" drängte sie.
"Ach Lilian, ich hab dir doch schon so oft von ihr erzählt!"
"Ja, aber du hast nie erzählt, was passiert ist als Mummie starb. Immer wenn ich dich oder Oma frage, antwortet ihr, ich sei zu jung! Aber ich bin schon 6 Jahre alt! Ich bin ein großes Mädchen!" sagte sie trotzig.
"Ja, das bist du, aber noch nicht groß genug", erwiderte er.
"Ich will es aber jetzt wissen!" quengelte sie. Als sie sah, dass ihr Vater mit dem Kopf schüttelte, begann sie heftig zu weinen. Genervt legte Severus seine Feder aus der Hand, stand auf und legte seiner Tochter die Hand auf ihre Schulter.
"Na gut, irgendwann muss ich es dir ja erzählen", sagte er und versuchte zu lächeln, doch er konnte es nicht, als er an die Nacht dachte, in der es geschah.
"Komm, du legst dich ins Bett, ich deck dich zu und erzähl dir alles, ok?" schlug er dem Mädchen vor.
Lilian nickte, legte ihre kleine Hand in seine große und ging mit ihrem Vater Hand in Hand in ihr Zimmer.
Dort legte sie sich in ihr Bett und wartete ungeduldig darauf, dass ihr sie zudeckte. Das tat dieser dann auch gleich und setzte sich an ihre Bettkante.
"Also gut. Du weißt ja sicherlich, dass Mummie dich sehr, sehr lieb hatte, oder?" begann er. Er wusste, dass er es langsam angehen musste, also wog er seine Worte vorsichtig ab. Lilian nickte.
"Und gerade weil sie dich so sehr lieb hatte, wollte sie nicht, dass dir was passiert!"
"Aber was hat das damit zu tun, dass Mummie gestorben ist?" unterbrach Lilian ihren Vater.
"Sehr viel, mehr als du denkst! Weißt du, weil sie nicht wollte, dass dir was passiert, hat sie natürlich niemanden in deine Nähe gelassen, der dir weh tun könnte. Und weil sie sich geweigert hatte, dich du-weißt-schon-wem zu geben, hat er sie getötet" Severus bemühte sich die Bilder aus seinem Kopf zu verdrängen. Es war einfach das Schrecklichste gewesen, was er je gesehen hatte. Er hatte gesehen, wie seine Frau, seine Katleen von seiner "besten" Freundin getötet wurde. Und er, der dunkle Lord, hatte gelacht.
"Und wieso wollte der nein-ich-weiß-nicht-wer mich töten?"
"Weil er mir und deiner Mummie dich nicht gegönnt hat. Er mag es nicht wenn jemand glücklich ist!"
"Dann ist der was-weiß-ich-wer ein blöder Zauberer. Der muss ja ganz arg böse sein, wenn er es nicht mag, wenn jemand anderes glücklich ist und er Mummie nur deswegen getötet hat!" sagte Lilian.
"Ja Lilian, er ist ganz, ganz böse!" sagte Severus. Oh, seine kleine Lilian hatte keine Ahnung, wie böse ER wirklich war.
"Ist das etwa der, der von diesem Jungen mit der Narbe besiegt wurde? Oma hat mir davon erzählt. Sie hat gesagt, dass da ein gaaaaaaaaaanz arg böser Zauberer war und vor 4 Jahren hat ein kleiner Junge den Unverzeihlichen Fluch überlebt, weil der Fluch auf den gaaaaaaaanz arg bösen Zauberer zurückgeprallt ist. Und jetzt hat der Junge eine Narbe auf der Stirn und ist gaaaaaaanz arg doll berühmt!" erzählte das Mädchen eifrig. "Aber wieso hat der Junge überlebt und Mummie nicht?" fragte sie nun.
Diese Frage machte es Severus wieder offensichtlich, dass sie zu jung war um alles zu verstehen.
"Das weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass du jetzt schlafen solltest! Also, gute Nacht!" sagte er, zog noch einmal ihre Decke zurecht und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
"Träum was schönes!" flüsterte er leise und verließ ihr Zimmer.


Lilian musste über sich selbst lachen. Ja, sie war damals zu jung gewesen, um richtig zu verstehen, wer du-weißt-schon-wer war und dass er ihre Mutter getötet hatte, weil sie Lilian ihm nicht geben wollte, damit er sie tötete. Doch jetzt verstand sie es und wenn sie nur den Namen Voldemort hörte bekam sie einen Tobsuchtanfall.

Lilian vermisste es so frei und unbeschwert zu sein, vorgeben zu müssen, dass sie Muggelgeborene und Squibs nicht leiden konnte. Sie hatte nichts gegen diese, doch sie wusste, dass Dracos Vater und auch viele andere Väter von Slytherins Todesser waren, und wenn sie nicht so tun würde, würde das ganz schön auffallen. Doch eins wusste sie genau, sie würde niemals ein Todesser werden. Sie würde niemals ihre Seele an ein Monster wie dieses verpfänden. Nein, nicht sie!

Sie war sich ja noch nicht einmal sicher, ob sie wirklich nach Slytherin gehörte. Immerhin hatte der Hut gemeint, dass sie gut nach Gryffindor passen würde, doch sie hatte die ganze Zeit darauf beharrt, nach Slytherin zu wollen. Der Sprechende Hut hatte sie dann, zu ihrem Glück, nach Slytherin geschickt. Es hätte ja schon komisch ausgesehen, wenn Severus Snapes Tochter in Gryffindor gelandet wäre.

"Hey, was machst du hier so alleine?" Eine unbekannte Stimme riss sie aus ihren Gedanken und ließ sie zusammenschrecken.
Sie blickte in das Gesicht eines hageren Jungen mit schwarzen, strubbeligen Haaren, grünen Augen und einer Narbe auf der Stirn. Lilian schaute sich panisch um, ob irgendjemand in der Nähe war. Als sie niemanden sah, lächelte sie den Jungen an.

"Ich habe ein bisschen nachgedacht. Du bist Harry Potter, stimmts?" fragte sie und stand auf.
"Ja, der bin ich. Und du bist Lilian Snape", sagte er leicht zögerlich.
"Ja, die bin ich! Und was machst du hier, ganz ohne deine Freunde?"
"Auch nachdenken", antwortete er etwas schüchtern. Lilian wusste, dass der Junge ziemlich verstört sein musste.
Sie wusste von Draco, dass ihr Vater Harry Potter überhaupt nicht leiden konnte und ihn in seinem Unterricht immer verspottete.
Und jetzt redete ausgerechnet seine Tochter, die auch noch eine Slytherin war, mit ihm so, als wären sie gute Freunde.
"Sag bitte niemandem, dass wir uns hier gesehen haben. Ich habe meinen 'schlechten' Ruf zu verlieren, außerdem würden meine ganzen Kameraden das nicht gut heißen!" sagte sie, schenkte ihm ein kurzes Lächeln und verschwand dann in Richtung Schloss.



  Kapitel 5

 

 

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