Jenseits von Haß - Kapitel 9

 

 

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Kapitel 9



~*~*~ 

Außer dem Fauchen und Prasseln des langsam vor sich hin brennenden Feuers, das die glühenden Holzscheite langsam verzehrte kam kein Geräusch aus dem dunklen Raum. Das sanfte Licht der Flammen zeigte zwei Gestalten, deren Umrisse gegen den Hintergrund des Kerkers sichtbar waren, und ein goldenes Gebräu das neben ihnen kochte. Es war als würde Magma auf Eis treffen — Lava auf Obsidian — rot auf schwarz, das waren sie. 

Es ist nicht verkehrt, es kann einfach nicht sein. Nichts das sich so gut anfühlt, so richtig, kann verkehrt sein. Da war sich Ginny sicher. Severus’ Mund presste sich auf den ihren, seine Arme schlangen sich ganz um ihren Körper. Sie wurde an ihn gezogen, seine Hüften drückten gegen die ihren. Sie berührte mit den Fingern die seidigen, tiefschwarzen Locken in seinem Nacken. Sie fühlte sich vollständig, reif, frei...sie fühlte sich lebendig, wirklich lebendig, als wäre ein Feuer tief in ihrem Inneren angezündet würden das ihren Körper mit Wellen des tiefsten brennenden Verlangens überflutete das sie sich vorstellen konnte. 

Oh Gott. Der Gedanke pulsierte in Severus’ Gedanken als Ginnys Zunge die seine berührte. Er fuhr langsam mit den Händen über ihren Rücken und fühlte jeden Zentimeter ihres schlanken Körpers. Ich habe noch nie so etwas gefühlt… Er war in einer völlig anderen Welt, sein Körper lief über vor Gefühlen von deren Existenz er nicht einmal gewusst hatte. So könnte ich glücklich sein, mit Ginny… wie ich es mit Lily gekonnt hätte... Aber ein Gedanke zerrte am Herzen seiner Hochstimmung und zwang ihn zurück in die harte Wirklichkeit der Situation: sie konnte wieder Lily sein. Außerdem war sie seine Schülerin, halb so alt wie er… Ich sollte das nicht tun. Aber ihm wurde ganz heiß. Es ist falsch. Und mit dem Gedanken zog er sich schwer atmend zurück. Ginny fühlte die Veränderung in seiner Stimmung an der plötzlichen Spannung in seinen Armen. 

"Severus? Was ist?” fragte sie mit Sorge in der atemlosen Stimme. Ihr Gesicht war errötet, ihr Atem kam ungleichmäßig und stoßweise. Ihre dünnen Finger strichen über seinen Nacken. 

"Wir können das nicht tun.” Er strengte sich an, schloss die Augen fest damit er die Vielzahl an Gefühlen nicht sehen musste die durch Ginnys braune Augen blitzten. 

"Können was nicht tun?" wollte sie leise wissen, wobei sie auf die brodelnde Oberfläche des Trankes sah. Wütende Blasen steigen aus den tiefen des Kessels auf und zerplatzten and er Oberfläche, wobei sie Tropfen der goldenen Brühe auf Ginnys Umhang spritzten. Sie dachte nicht daran sie wegzuwischen. Severus’ Gesicht war noch immer nur Zentimeter von ihrem entfernt und sein Atem war heiß in ihrem Gesicht. 

"Das!” Er strich ihr Haar mit seiner Hand glatt. „Ich habe mich noch nie so gefühlt, ich habe nie...“ seine Stimme schweifte ab, und er machte einen Schritt zurück. Ginny wurde kalt. „Aber es ist nicht richtig." 

"Warum kann es nicht richtig sein”, sagte sie bestimmt, noch immer ohne ihm in die Augen zu sehen. Wütende, bittere Tränen stiegen ihr in die Augen als ihr Herz anfing an seinen frisch geheilten Rändern zu reißen... 

"Ginny, bitte wein nicht—“ Er hob eine Hand um die Tränen wegzuwischen, aber sie trat zurück. 

„Warum kann es nicht richtig sein?“ wiederholte sie. Dieses Mal sah sie ihm dabei ins Gesicht. 

"Ich bin dein Lehrer, Ginny, ich bin so viel älter als du. Du bist was, fünfzehn?“ 

"Sechzehn”, flüsterte sie, wobei ihre Unterlippe anfing zu zittern. Warum macht er das? 

„Trotzdem, ich bin siebenunddreißig, Ginny! Ich bin alt genug um dein Vater zu sein.“ Er fuhr frustriert sich mit den Fingern durch die langen Haare als er versuchte den Schmerz abzuschütteln der durch seinen gesamten Körper floß. 

"Nur eine einzelne Reihe Schritte 

der Schnee beweist, daß ich allein bin 

ich gehe durch Dunkelheit 

Allein, ich bin alleine.“ 

"Aber du bist nicht mein Vater“, erklärte sie stur. „Und es ist mir egal, daß du älter bist.“ 

“Aber mir ist es *nicht* egal, Ginny!“ Er wollte die Hand ausstrecken und sie berühren, aber er konnte es nicht. „Ich werde nicht der sein, der dein Leben zerstört.“ Er wandte sich ab, zwang seine Arme an seine Seite und seine dünnen Finger dazu, sich zu Fäusten zu ballen. 

„Wovon redest du? Wie könntest du mein Leben zerstören?“ sagte sie, wobei sie verwirrt den Kopf schüttelte. „Das hat doch gar nichts mit dem Alter zu tun, oder?“ sie holte tief Luft. „Severus, sieh mich an.“ Er bewegte sich nicht. „Sieh mich an“, wiederholte sie, wobei sie einen Schritt auf ihn zu machte. Sie streckte die rechte Hand aus, fuhr mit den Fingern über seinen Arm und fühlte ihn etwas unter ihrer Berührung zittern. „Severus, bitte“, flüsterte sie, obwohl es eher ein verzweifeltes Flehen war, als eine Bitte. 

„Wie könntest du mich wollen?” hörte sie ihn flüstern, kaum hörbar über dem prasseln des Feuers. „Sie hat mich nicht gewollt…” 

"Sie?" flüsterte Ginny. Ihr Blut wurde in ihren Adern zu Eissplittern. Sie zog ihre Hand von seinem Arm zurück als die harte Erkenntnis in ihre Gedanken sickerte. Seit sie das "SS/LE" in Severus’ Schreibtisch geschnitzt gesehen hatte, hatte sie sich gefragt wie weit seine Beziehung zu Lily gegangen war. Aber nicht in ihren wildesten Vorstellungen hatte sie gedacht, daß er sie noch immer liebte, noch immer wollte.… 

"Ganz alleine trifft mich die Dunkelheit 

Schlägt mich, wirft mich zu Boden 

Ich schreie, ich weine 

Aber ich bin alleine, ich werde nicht gefunden " 

"Ist das alles was ich für dich bin?“ sagte sie nach einer langen Pause. Das Gefühl das sie überkam war in ihrer Stimme nicht zu erkennen. Sie war unnatürlich ruhig. „Eine Wiederholung von *ihr*?“ Ginny konnte den Gedanken nicht ertragen. Schnell ging sie zur Feuerstelle und ließ sich auf den kleinen, abgenutzten Teppich sinken der auf dem sonst kalten Steinboden lag. Mit zitternder Hand wischte sie die bitteren Tränen aus ihren Gesicht. Mit der Kraft die sie zu einer Gryffindor machte, sammelte sie sich und sprach weiter mit zitternder Stimme: „Sagst du mir, daß du jedes Mal wenn du mich hältst, jedes mal wenn du mich küsst, an sie denkst? Severus, ich will dich. Ich will nicht jemanden der mich an Harry erinnert. Aber wenn ich für dich nur eine lebende, atmende Erinnerung an jemanden bin, den du geliebt hast aber nie haben konntest—“ 

"Nein! Nein, Ginny, bitte! Bitte versuch zu verstehen.” Er eilte an ihre Seite und ließ sich auf die Knie fallen. „Ich habe sie mit jeder Faser meines Lebens geliebt. Sie hat mich nie geliebt, zumindest nicht so wie ich sie geliebt habe, und damit hätte ich leben können. Aber siehst du, damals war ich jung und dumm.“ Er zog seinen linken Ärmel etwas zurück und zeigte ihr einen Sekundenbruchteil lang das schreckliche Mal das in seine bleiche Haut gebrannt war. Er ließ den Stoff wieder darüber fallen und fuhr fort: „Ich gebe mir jeden Tag die Schuld an ihrem Tod.“ 

"Ihr Tod war nicht deine Schuld!“ sagte Ginny wild. „Du-weißt-schon-wer hat sie umgebracht, Severus!“ 

"Aber ich habe ihn unterstützt, Ginny…” 

"Jetzt auch?” fragte sie schnell, vor Angst sie könnte nie wieder den Mut aufbringen ihn zu fragen. 

"Nein", flüsterte er. 

"Denkst du sie gibt dir die Schuld an ihrem Tod?“ Ginny streckte eine Hand aus und nahm die seine zwischen ihre Handflächen. 

„Nein”, murmelte er. “Das würde sie nie tun...” 

“Warum gibst du dir dann die Schuld dafür?” 

“Einfach so.” Er sah auf den Boden vor ihm, und die Wärme von Ginnys Händen fraß sich durch sein selbst verschuldetes Elend. 

"Würde Lily wollen, daß du das machst? Dich so gehen lässt?” 

“Ich bezweifle es”, sagte er mit einem schwachen Lächeln, dann drehte er leicht den Kopf und sah in Ginnys besorgte Augen. 

"Severus, warum kannst du dich nicht glücklich sein lassen?” flüsterte sie, wobei sie in die Feuerstelle schaute. 

"Hör mich, sieh mich, ich falle 

Fang mich auf, rette mich, ich bin hier 

Zeig mir deine Liebe und lass mich dich lieben 

Liebe kann weh tun, aber hab keine Angst“ 

Mit einem schmerzerfüllten Blick in seinen dunklen, brütenden Augen nahm Severus sie in seine Arme. „Du verdienst etwas so viel besseres, Ginny“, murmelte er in ihr Ohr. 

"Ich will nichts besseres, Severus; ich will dich.” Diese einfache Bemerkung brach den Zauber. Er nahm ihr Gesicht in die Hände, legte seine Lippen auf die ihren und schmolz wieder in ihrer Unschuld. 

In seinem Hinterkopf flutete eine Zusammenstellung einzelner Bilder in seine Gedanken… Lily… im Hogwarts Express, ihr rotes Haar fiel ihr in die Augen… sie stand im Gang vor der großen Halle mit ihrem Lächeln im Gesicht… auf dem Quidditch Feld, wo sie James zujubelte… auf der Tanzfläche, in ihrem smaragdgrünen Festumhang…in der Eingangshalle, mit James’ Ring… und schließlich, Lily in einem langen Gang mit einem hellen Licht am Ende. “auf Wiedersehen, Severus”, flüsterte sie ihm zu und verschwand aus seinem Blick. 

Sie war weg. Lily war weg, und was ihm blieb war Ginny. Ginny, die mehr als alles andere wollte daß er glücklich war. Ginny, die immer gewusst hatte, daß er sich vor der Welt versteckte. Ginny die ihn zum Tanzen aufgefordert hatte. Ginny, die *seine* Hand genommen hatte als sie Schmerzen hatte. Ginny, die ihn zuerst geküsst hatte und die ihn jetzt küsste. 

Und in diesem Augenblick fiel er auf sie zu, wurde von ihr verzehrt, von ihr entflammt, von ihr belebt, und als sie ihn mit Liebe in den Augen ansah, war es als wäre er wieder ein Junge, als würde er eine zweite Chance für sein Leben bekommen. Und diesen Gedanken hielt er fest als er später in dieser Nacht, nachdem sie gegangen war, die Initialen aus seinem Schreibtisch entfernte. 

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