Kapitel 24
Die Art, wie er zur Tür hereinkam, ließ sie annehmen, dass er irgendwas erlebt hatte, was ihn nicht sehr erfreut hatte. Irgendwas in der Art, wie er hereinstürmte, nicht grüßte, sie nicht ansah, sondern sofort zu einem Fach im Bücherregal ging, eine versteckte Flasche herausnahm und sie ansetzte, ließ sie für ihre Hoffnungen auf einen angenehmen Aufenthalt nichts Gutes erwarten.
„Hallo, Severus“, sagte sie, und winkte ihm mit ihrem großen Zeh. Der genau so nackt war wie der Rest von ihr und einen hübschen Kontrast zu der schwarzen Bettdecke bildete. Hatte sie zumindest gedacht. Aber Severus schien den Anblick nicht so recht zu würdigen zu wissen. Er sah sie an und grunzte. „Glaub nur nicht, dass das ein Allheilmittel gegen alles ist. So blöd kann doch nicht mal eine Muggelin sein.“ Er nahm noch einen Schluck aus der Flasche. „Nicht mal eine Muggelin, die sich einbildet, Zauberkräfte zu haben.“
Das war es also. Er wollte der einzige mit magischen Kräften sein, in ihrer - Beziehung. Sie stand auf, wickelte das schwarze Laken anmutig um sich und ging zu ihm rüber. „Gib mir auch einen Schluck. Es ist eiskalt hier.“
Er hob eine Augenbraue. „Und deshalb ziehst du dich aus? Sehr logisch.“
Sie lehnte sich kurz an ihn - er war so hart und abwehrend wie ein Wehr gegen den Einfall des Meeres - und nahm ihm die Flasche aus der Hand. „Ausgezogen habe ich mich, damit es in diesem Räumen wenigstens überhaupt etwas Menschliches gibt. Und etwas Nettes.“
Er grunzte. Und nahm ihr die Flasche weg. Kein gutes Zeichen. Er war normalerweise - was auch immer das war - doch so beherrscht. Und jetzt trank er diesen wirklich netten Whiskey als ob er Wasser sei. Kein gutes Zeichen, wirklich.
„Und in diesen Räumen hast du also einen Großteil deines Lebens verbracht? Sehr - angemessen.“
Er starrte sie böse an. Gott, diese Augen konnten so schwarz sein. „Früher haben sie ihren Zweck erfüllt. Ich hatte meine Ruhe.“
Oh du lieber Gott. Sie hatten vielleicht nur noch kurze Zeit und dieser Idiot verdarb sie auch noch. „Du wirst bald wieder deine Ruhe haben. Nach allem was du mir erzählt hast und so nervös wie hier alle sind.“ Sie nahm auch einen Schluck, mehr aus Geselligkeit. Sie machte sich nicht viel aus Whiskey. Aber sie machte sich verdammt viel aus diesem unmöglichen Mann, merkte sie. Der sich alle Mühe gab, so widerlich wie möglich zu sein.
Sie seufzte. Sie hatte gedacht, diese Phase hätten sie hinter sich. Aber er machte es wirklich spannend. Sie hatte nicht angenommen, dass durch ihre - Zusammentreffen - alle seine komischen Charakterzüge plötzlich verschwinden würden. Sie hätte es nicht mal gewollt. Sie fand sie sehr drollig - und erregend. Aber sie hatte doch angenommen, dass er sich hier, in seinem Zuhause für so lange Zeit, unter seinesgleichen, wohler fühlen würde. Sicherer. Und nicht so wütend und unsicher, dass er um eine Tageszeit, zu der er sonst nicht mal Cola getrunken hatte, starken Alkohol trank. Es machte ihr Angst. Aber das fehlte jetzt noch. Sie musste wenigstens ruhig sein. Und stark.
Sie glitt um ihn rum und nahm seine Hand. Sie zitterte. „Was ist los?“
Er sah sie an. Verächtlich. Das war zumindest der Eindruck, den er erwecken wollte.
„Du wirst nicht an dem Kampf teilnehmen. Du kannst das nicht.“
Aha. Das war es.
„Ich soll also deiner Meinung nach schön rumsitzen, während ihr großen männlichen Zauberer gegen das Böse -großgeschrieben - kämpft und drauf warten, wer zurückkommt? Die Guten oder die Bösen? Vergiss es.“
Eine Hand griff um ihre und drückte. Hart. „Jetzt komm mir nicht mit Emanzipation. Im übrigen werden auch Frauen dabei sein. Glaube ich. Ausgebildete Zauberinnen. Keine Muggel mit ein wenig rohem Talent.“
Sie verbeugte sich und richtete sich wieder auf. Seine Augen glitzerten. Sie hoffte mal, dass es daran lag, dass ihre Verbeugung das Laken zum Verrutschen gebracht hatte. Aber gewettet hätte sie nicht darauf.
„Deine Kollegen werden mein rohes Talent, wie du so schön sagst, fördern. Soweit es möglich ist.“
Er griff noch fester zu. Gott, es tat weh. „Kollegen, ach ja. Ich jedenfalls nicht.“
Das traf sie als Schock. Würde er sie wirklich da reinlaufen lassen, ohne ihr soviel wie möglich zu zeigen? „Dann eben nicht. Wenn du darauf bestehst.“
„Allerdings.“
Sie starrten sich wütend an. „Du wirst es damit nicht verhindern.“ Idiot! Sie hatte das Bedürfnis, etwas nach ihm zu werfen. Etwas Großes, Schweres.
Er lachte und wich mit dem Kopf einem Bügeleisen aus, das auf ihn zuflog. „Rührender Versuch. Voldemort wird sich kaputt lachen. Dann sind wir ihn auf ewig los.“ Er sah sie an. Undurchdringlich. Diese schwarze Maske. Nichts war zu ahnen von dem Goldbraun, das darunter lag. Sie selbst konnte es kaum mehr glauben.
„Die anderen werden mir helfen. Albus, Minerva, alle halt.“ Diesmal waren es kleine Pfeile, die sie abfeuerte. „Ich brauche dich nicht.“
Er wich aus, mühelos.
„Auch Remus, und Sirius.“
Der Pfeil traf. Blut tropfte von seiner Stirn.
Sie schrie auf und ging auf ihn zu. Das Laken sank zu Boden. „Entschuldige. Warum bist du nicht ausgewichen?“ Die Wunde war nur klein. Sie legte ihre Hand darauf, sie hörte auf zu bluten.
Er starrte sie an. „Weil ich nicht wollte.“ Er ging zu dem Sessel, der in der Ecke stand und sank darauf. „Man kann nicht immer ausweichen.“ Er saß zusammengesunken da, die schwarzen Haare fielen ihm ins Gesicht. Die lange Nase sah traurig aus. Hoffnungslos.
Sie sah ihn an. Das war schlecht, sehr schlecht.
Sie ging zu ihm hin und setzte sich vor ihn auf den Boden. Lehnte die Stirn an seine Knie. „Sehr richtig.“ Sie sah zu ihm auf. „Wirst du mir jetzt sagen, was passiert ist?“ Sie bekam lange keine Antwort. Ihr war sehr kalt.
Er sah sie mit toten Augen an. „Du kennst Black und Lupin bereits?“ Die Namen auszusprechen schien ihm Schmerzen zu bereiten.
Sie lachte, ein Versuch, die Stimmung aufzuheitern. „Sirius war ein Teil meiner Prüfung. Lächerlich.“
Er sah sie an. „Lächerlich?“
„Allerdings. Ihr Zauberer scheint Probleme damit zu haben, wie Dinge im normalen Leben wirklich aussehen. Kein 12-jähriger Mensch würde Sirius für einen richtigen Hund halten.“
Er starrte sie an. Unter Schmerzen wie es schien. Aber immerhin war er wieder anwesend. „Du hast ihn erkannt.“
Sie lachte ungeduldig. „Was heißt erkannt. Ich merkte, dass er kein normaler Hund ist. Danach habe ich ihn kennen gelernt. Er unterrichtet hier. Er ist mit Remus zusammen. Der kann sich auch irgendwie verwandeln. Nicht freiwillig, wie es scheint. Sie sind nett.“
Er sah sie aus tiefen Teichen an. „Nett.“
„Ja.“
Er saß eine Weile brütend da. Er würde ihr nie vertrauen. Nie. Sie fror.
Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter.
„Dir ist kalt.“
„Ja, diese Räume sind eiskalt. Wie ihr Bewohner.“
Der lachte. Und zog sie hoch zu sich, während er auch aufstand. Sie landete an seiner Brust und ihr Mund an seinem Hals. Sein Mund war an ihrer Schläfe.
„Wie war das noch mit dem Angebot von vorhin? Steht das noch?“
Sie griff zu. „Sieht so aus.“
Sie liebte es einfach, wenn er lachte.
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