Geheimnisse

 

 

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Kapitel 44: Vom Ende


Es gibt keinen wahren und echten Geist als jenen,
der seine Quelle im Herzen hat.

Vauvenargues



Das Feuer brüllte und die Balken ächzten im Tode. Die Mauern knarrten leise unter der Hitze, die sich die letzten Minuten aufgebaut hatte. Die Todesser starrten in die Hölle aus Flammen und Lärm. Sie sahen wie einige ihrer Kameraden bewußtlos an den noch relativ sicheren Außenmauern lagen und wenn sie den Blick in die Mitte des Flammeninfernos richteten, sahen sie, wie ihr Lord, schwarz in schwarz, gegen den jungen Potter kämpfte. Die kleine Gruppe, die Harry Potter begleitet hatten, gingen fast in dem grausamen Bild, das sich ihnen bot, unter. Bevor sie so recht begriffen wer sich da aus dem Eingang heraus schälte, fiel der erste Dachbalken mit einem Donnern in die Tiefe. Die Todesser, ganz und gar Slystherins und reinblütige Zauberer, sahen von der kleinen Gruppe zu ihrem Lord und zogen ihre Schlüsse. Sehr unterschiedliche Schlüsse, der Grossteil von ihnen floh ohne auch nur einen Fluch auf Sirius und die anderen abgeschossen zu haben. Sie flohen ins Freie und versuchten außerhalb der großzügig gezogenen Schutzflüche zu kommen. Ein kleiner und auch sehr fanatischer Rest beschloss, für ihren Lord zu kämpfen. Während sich die Spreu vom Weizen trennte, nutzten Sirius und die anderen diesen kurzen Moment des Chaos' um endlich vernünftige Deckung zu suchen. Die Flammen leckten aus der Halle und suchten im Vorraum nach neuer Nahrung.

Gryffindor spürte die Hitze der Flammen. Er spürte wie die Schuhsohlen langsam heiß wurden und sich dieser komische Belag, den Harry Gummi nannte, zähflüssig wurde. Er mußte dies zu einem Ende bringen. Er hatte dem Jungen versprochen alles ihm mögliche zu tun um ihn lebend heraus zu bringen. Voldemort dachte wohl genauso, den seine Angriffe und Paraden kamen immer hektischer und panischer. Die Ruhe und die flüssigen Bewegungen verschwanden von Sekunde von Sekunde. Aus dem anfangs fast ballettartigen Kampf wurde ein wildes Aufeinanderschlagen und Parieren. Gryffindor versuchte die aufkeimende Angst in Harry nicht zu beachten und konzentrierte sich ganz auf sein Gegenüber. Wie lange würde sich Voldemort noch an den alten Codex halten? Wie lange würde er noch auf seinen Stab zurückgreifen? Slytherins kümmerten sich am Ende doch meist nur um ihr Wohlergehen und nicht um das anderer. Die ersten Balken waren schon zerborsten und so war es nur noch eine Frage der Zeit, bis ihnen das komplette Dach auf den Kopf fallen würde. Nur am Rande bekam er mit, wie die großen Tore geöffnet wurden. Harrys Freunde retteten sich. Die Sorge und Angst um seine Freunde verschwand aus Harry und etwas wie wohlige Gewissheit machte sich in dem Jungen breit.

Während Gryffindor einen größeren Brandherd zwischen sich und Voldemort brachte sprach er mit dem Jungen.
'Ich bedaure, junger Potter, ich weiß nicht mehr ob ich uns beide hier lebend heraus bekomme.' Seine alte Stimme hallte in Harrys Gedankenkosmos wieder.
'Ich weiß', tönte die junge Stimme zurück, 'aber meine Freunde und mein Pate werden es überleben, mit Glück. Seltsam, aber es gibt mir irgendwie Ruhe.'
Gryffindor schloß kurz die Augen. 'Ich habe dich nicht verdient, junger Potter, ich habe dich und deine Güte nicht verdient.'
Harry lachte und es klang wie ein kühler Windhauch. 'Und ich dachte, ich hätte dich nicht verdient. Komm. Laß uns beenden was vor so langer Zeit begonnen wurde.'
Voldemort kam hinter dem Feuerherd hervor und Godric flüsterte: "Ja lass uns dies endlich beenden."

Dumbledore war nicht mit Pomfrey, Sirius und den anderen aus der Halle geflohen. Er hatte zwar noch beobachtet wie die kleine Gruppe den Überraschungsmoment genutzt hatte um sich einen guten Schutz zu suchen, doch dann richtete er seine komplette Aufmerksamkeit auf die beiden Kämpfenden im Flammenmeer. Der Phönix kämpfte sich nun auch seinen Weg ins Freie und auf einen Wink des alten Mannes hin jagte der Vogel zu Sirius und den anderen. Dumbledore sprach einen kleineren aber sehr komplizierten Schutzzauber um sich. Er verhinderte, dass die Flammen zu schnell ihren Weg in Gewandung und Haar suchten. Auch er sah die nun hektischen Angriffe und Paraden des Dunklen Lord und auch die von Gryffindor. Kurz, ja kurz, da hatte er diesen in sich gerichteten Blick gesehen, anscheinend waren sich Harry und Godric jetzt einig. Sie warfen alle Sicherheit über Bord und versuchten dem Kampf ein Ende zu bereiten. Schnell warf er einen besorgten Blick auf die Decke, die nun in greller und grausamer Schönheit über ihnen in Flammen stand. Ein Kunstwerk der Zerstörung und des Unheils, das nur darauf wartete, über ihnen hereinzubrechen.
Albus wich einem Dachbalken, der bereits verkohlt auf dem Boden lag, aus. Langsam näherte er sich immer weiter dem hinteren Teil der Halle und damit auch dem Teil, der noch am meisten Freiraum bot. Der alte Mann nahm sich einige Sekunden, um seinen Erzfeind, Lord Voldemort, genau zu betrachten. Der Dunkle Lord hatte alles an Würde und Boshaftigkeit abgelegt und kämpfte nun um sein nacktes Überleben.
Wenn ihn doch so auch andere sehen könnten, sie hätten nicht so viel Angst vor ihm, dachte er traurig.
Die Flammen arbeiteten sich langsam vor, wie auch Gryffindor.
Es juckte Dumbledore in den Fingern, er wollte eingreifen, doch das war nicht sein Kampf. Jede Faser seines Körpers schrie im das zu. Das war nicht sein Gebiet, das war nicht sein Kampf. Der große all umfassende Kampf in den Dunklen Jahren, ja das war seiner gewesen. Aber irgendwie hatte er immer gewusst, daß die letzte und alles entscheidende Schlacht nie seine sein würde.
Das Knarren und Fauchen des brennenden Dachstuhls wurde lauter.
"GRYFFINDOR! DAS DACH!" schrie der dem kämpfenden Geist zu.
Gryffindor wandte den Kopf nach oben und wich an die Mauer zurück. Voldemort sah in diesem Rückzug seine Chance und Albus sah es kommen. Das Knarren wurde unerträglich laut und kündete das drohende Unheil an. Dumbledore holte tief Luft und rief den Dunklen Lord bei seinem wahren Namen: "TOM RIDDLE!"
Voldemort zuckte zusammen, er hatte diesen Namen immer gehasst, immer! Und nur wenige kannten ihn unter seinem Geburtsnamen, so wenige.

Gryffindor erkannte in Bruchteilen von Sekunden beide Gefahren, das einstürzende Dach und den tödlichen Schlag von Voldemort, den Dumbledore etwas herausgezögert hatte. Er hatte nur eine Wahl, sich und den Jungen zu schützen und dafür Voldemort wahrscheinlich entkommen zu lassen, oder endgültig den tödlichen Schlag durchzuführen. Denn nur das Schwert Gryffindors konnte den endgültigen Tod des Dunklen Lords herbeiführen. Selbst wenn die Balken Voldemort erschlagen würden, er würde wieder als Geist fliehen können. Gryffindors Schwert war dafür zu magisch um eine solche Flucht wieder zuzulassen.
'TÖTE IHN!' schrie Harry in ihm.
Gryffindor schickte ein Gebet zu allen Ahnen des Jungen, sie mögen ihm verzeihen - und schlug zu.

Dumbledore sah die Entscheidung von Harry und Gryffindor, und während das Dach über ihnen hereinbrach traf er die seine.

Der Phönix war nun endlich bei Sirius und den anderen, tödliches flüssiges Feuer tropfte von den Federn des Wesens auf ihre Feinde. Doch das Tier stoppte mitten im Flug und sah hektisch in das Flammenmehr. Sirius schoß gerade einen weiteren Pfeil ab, als hinter ihnen der Dachstuhl mit ohrenbetäubendem Donnern in die Halle brach. Funken stoben aus der Halle und ein Lufthauch, so heiß, dass ihre Kleidung dampfte, fegte aus der Halle. Als ob dies ein endgültiges Signal war, ließen die letzten Todesser von ihnen ab und flüchteten in den Garten.
"HARRY!" rief Hermine in die Flammenhölle.
"MR. POTTER!" schrie Pomfrey.
Der Phönix schrie panisch auf.
Sirius wurde ganz schlecht als er in die brennende Halle sah.
Feuer, überall Feuer, rot und glühend gelb.
Moody hatte irgendwie einen kühlen Kopf bewahrt und sprach einen leichten Regenzauber aus. Einen für warmen Nieselregen, der langsam die Mauern abkühlen und das Feuer am Ausbreiten hindern würde. Sie standen im Nieselregen, der langsam in einen wahren Wolkenbruch überging, und starrten in die zerstörte Halle. All ihre Gedanken waren auf Harry gerichtet. Der Phönix dampfte im Regen und sah gar nicht mehr so golden, sondern eher grau und stumpf aus. Sirius konnte sich kaum noch auf den Beinen halten, er konnte nicht wie die anderen nach seinem Patenkind rufen. Irgendwie wollte seine Stimme dies nicht. Schwer lehnte er sich gegen die warme Mauer und starrte in die langsam sterbenden Flammen. Das Licht der langsam untergehenden Sonne schien in die Halle und gab so den Blick frei auf verkohlte Balken, verschobene Kohlebecken, die nutzlos herumstanden oder halb begraben waren von Schutt und Asche. Ron war der erste, der den ersten Schritt in die Halle wagte und nach seinem Freund rief. Mr Weasley folgte wie die anderen. Sirius konnte sich nicht bewegen und schließlich fand er in Pomfrey jemanden, der ihn vorsichtig in die Halle führte.
Das Gebälk war mit aller Wucht in die Halle gestürzt und hatte Dachziegel und Teile der Mauer mit sich gerissen. Nicht einer hätte das überlebt. Selbst die Todesser, die Dumbledore noch in die Sicherheit der Mauer gebracht hatte, waren tot. Sirius konnte ihre teilweise verschütteten Leichen ausmachen. Moody lies mit Hilfe von Magie vorsichtig Balken anheben und sah darunter. Mit besorgtem Trällern folgte ihnen der Vogel.
"Im hinteren Teil. Da ... da habe ich sie zuletzt gesehen", sagte Hermine mit tränenerstickter Stimme.
Sie kletterten über die teilweise noch warmen Balken, rutschten fast in den Pützen aus Asche und Wasser aus. Der Regen fiel weiter vom Himmel und wusch die Asche aus ihren Gesichtern und Kleidern. Sirius sah sich benommen um, jetzt so im Regen und noch im Abendlicht sah die Halle nicht mehr so krank aus. Eher wie eine Bühne, die von wütenden Zuschauern niedergerissen worden war. Seine Gedanken kreisten aber auch um Harry. Er hatte wieder versagt, wieder hatte er seinen Schwur gegenüber James nicht halten können, sich um Harry zu kümmern.
Ein Schrei riss ihn in die Wirklichkeit zurück.
"HIER! HIERHER!" rief Moody und zeigte auf einen seltsamen Gebälkhaufen.
"ICH KENNE DAS, SCHNELL HELFT MIR!" Hektisch begann er die Balken von diesem Haufen mit Hilfe seines Zauberstabes abzutragen.
Etwas irritiert starrten alle den Auroren an.
"Mad Eye was?" fragte Pomfrey.
"Ach nicht reden. Schnell, der Zauber hält nie lange. Schnell wir müssen das Gebälk von ihm herunter bekommen, sonst erschlägt es ihn", schnaufte der Auror und ließ nicht von seiner Arbeit ab.
Eine schimmernde Blase von Magie lugte hervor und alle verstanden: hier hatte jemand einen mächtigen und sehr schweren Schutzzauber ausgesprochen. Die Blase verblasste schon langsam und die noch darauf ruhenden Balken knickten immer weiter ein.
Alle arbeiteten wie die Besessenen und räumten Schutt, Balken und die Asche von der schwächer werdenden Magieblase. Schließlich, als der letzte Balken entfernt war, sahen sie wie Harry Potter, geschützt durch die Blase, auf dem Boden lag, das Gesicht geschwärzt von Ruß, und Teile seiner Kleidung sahen schon sehr arg angesengt aus. Der Magieschutz verschwand mit einem leisen Plopp und Gryffindor blinzelte irritiert.
Keiner wagte es ihn anzufassen und sie standen in einem Halbkreis um den alten Geist. Hustend richtete er sich auf und sah seine Begleiter an.
"Was ist geschehen? Warum?" fragte der alte Geist und sah an sich herunter.
"Ein Schutzzauber", keuchte Moody und lächelte über das ganze Gesicht. "Jedoch halten diese nie sehr lange und sind sehr schwer auszusprechen. Nur ein Magier mit viel Macht und einem großen Können kann diesen Zauber wirken."
Godric sah Moody an und während sich die beiden wie die verrückten angrinsten erlosch das Lachen auf dem Gesicht von Madame Pomfrey und sie sah noch mal jeden einzelnen genau an. Der Phönix kreiste weiter suchend in der Halle.
"Wo ist Dumbledore?" fragte sie in die Freude der anderen und diese zerplatzte wie eine Seifenblase.
Sirius, der soeben eben Gryffindor kniete und dem alten Geist freundschaftlich eine Hand auf die Schulter legte, glaubte von einem Alptraum in den nächsten zu schlittern. Dumbledore war nicht unter ihnen. Er war nicht da!
Seine Augen huschten über das Trümmerfeld. Keine Erhebung, die auf eine zweite Blase hinwies, kein Balken bewegte sich und ein sich Staub abklopfender Dumbledore kam hervor.
Sein Blick blieb an etwas hängen, das wie etwas menschliches aussah und nicht am Rand lag. Mit einem erstickten Schrei erhob er sich und rannte darauf zu. Sein Patenkind ging es gut, wie hatte er über die Sorge um ihn nur Dumbledore vergessen können? Wie hatte er seinen alten Mentor nur aus seinem Gedächtnis fallen lassen können? Er rutschte in den glitschigen Aschepfützen aus und kam schlitternd neben dem Bündel Mensch zum Knien.
"Oh bitte nicht", hauchte er und wie bei Harry begann er Asche und Schutt wegzuschaufeln.
Nein, das war nicht die einfache Kleidung eines Todessers, das war ein nachtblauer Umhang, und die Hand, die zum Vorschein kam, war die eines alten Mannes.
Der Phönix ließ sich mit einem besorgten Trällern neben Sirius nieder.
Vorsichtig legte Sirius den Teil des Bündels frei, unter dem er den Kopf vermutete. Er hoffte, dass es nur ein Todesser war, ein alter Todesser mit einer Vorliebe zu nachtblauen Umhängen. Er hoffte und betete und legte das Gesicht von Albus Dumbledore frei.
Fawkes stieß einen schrillen Schrei aus und breitete die großen Flügel aus.
Hinter ihm stürzten Albus' Freunde herbei, auch der alte Geist kam schwankend auf die Beine und stolperte auf sie zu.
"Oh, bitte nicht. Bitte nicht", murmelte Sirius und strich über das alte und ehrwürdige Gesicht des Direktors von Hogwarts.
Ein Zittern durchlief den Körper, der noch halb unter dem Schutt des Dachgebälks begraben war, und Sirius sah in die strahlendblauen Augen von Albus Dumbledore. Keuchend holte der alte Mann Luft und sah sich um.
"Bitte nicht", murmelte Black immer und immer wieder mit tränenerstickter Stimme.

Albus Dumbledore hatte sich entschieden: Er hatte in den letzten Sekundenbruchteilen all seine Magie, all sein Können in den Schutzzauber gelegt und ihn über Gryffindor geworfen. Noch während Voldemort tödlich getroffen zu Boden sank festigte sich die Blase. Als ihn der erste Balken traf sah er wie Gryffindor erschöpft und im Schock unter seiner Schutzblase zusammen sank.
'Gewonnen!' triumphierte er. während die Schwärze und die Hitze kam. 'Gewonnen!'
Dann Dunkelheit, doch nicht endgültig. Nicht endgültig. Man ließ ihn nicht im Stich. Jemand schob einen Balken auf die Seite, Asche wurde von seinem Körper gefegt, sein Gesicht freigelegt. Müde öffnete er die Augen, seltsam, er hatte keine Schmerzen. Überrascht stellte er fest, dass er seinen kompletten Unterkörper nicht mehr spürte. Keine Beine, keine Füße, nichts? Er sah in das tränenverschmierte Gesicht von Sirius Black. Waren es wirklich Tränen? Sein Blick wanderte weiter und er sah die anderen, die ihm entgegeneilten.
Langsam hob Albus die Hand Gryffindor entgegen. Der alte Geist ging neben dem Direktor der Schule in die Knie und nahm sanft die Hand.
"Ist es vorbei?" fragte Dumbledore leise.
"Es ist vorbei, Albus Dumbledore. Voldemort ist geschlagen." Selbst in der sonst so selbstsicheren Stimme des Geistes klangen Trauer und Schmerz mit.
Warum? Warum soviel Trauer? Sie hatten doch gewonnen! Und Gryffindor hatte Voldemort und nicht Salazar erschlagen.
"Er wird nicht wieder kommen?" hakte Albus nach und er nagelte mit seinem Blick den alten Geist förmlich fest.
Gewissheit, er mußte Gewissheit haben.
"Wenn mein Schwert tötet, dann tötet es. Kein Geist, kein Schatten, nichts bleibt dann auf dieser Welt zurück. Auch ein Voldemort kann dem nicht entgehen." Gryffindor strich über die zerbrechliche alte Hand von Dumbledore und Tränen liefen ihm über das Gesicht.
"Das ist gut zu wissen." Albus nickte, seinen Blick wandte er ab.
Seine Sinne erweiterten sich, er sah in den kommenden Nachthimmel, die Wolken rissen auf und der Regen verschwand. Wie schön die Nacht doch sein konnte. Die Sterne strahlten so hell wie noch nie und vertrieben damit fast die letzten Wolkenreste vom Himmel. Es würde eine wunderbare Nacht werden. So klar.
Der Phönix ließ den Kopf hängen und wirkte so grau und so alt. Er entzog dem Geist seine Hand und strich dem Vogel sanft über das warme Gefieder. Pomfrey war nun neben ihm und ließ ihren Zauberstab über ihm kreisen. Doch er hatte nur Augen für seinen Vogel, seinen wunderbaren und so treuen Begleiter in all den Jahren. Doch als die Heilerin leise zu weinen begann wandte er den Blick ab. Alle wirkten so erdrückt. Warum? Wo war die Freude über den Sieg?
Seine innere Uhr begann zu ticken und als er sich an Pomfrey wandte ahnte er ihre Antwort. "Poppy was ist los?"
"Albus... es tut .... es tut mir so leid", stotterte sie und begann am ganzen Körper zu zittern. Ihre Fassade brach und ihre Stimme auch. "Es tut mir so leid."
Er sah an sich herab und strich über seinen Bart. Deswegen dieses Ticken in ihm und das Gefühl, er hätte noch so viel zu erledigen. Soviel was er nicht mehr beenden würde.
Seltsam, dachte er, dabei müßte ich doch auch traurig sein.
Er starb und niemand konnte dagegen etwas unternehmen.
Sein Phönix hatte Grenzen.
Pomfrey hatte Grenzen.
Gryffindor hatte Grenzen.
Und er hatte diese nun überschritten und die anderen konnten nicht folgen. Er würde sie alle allein zurück lassen. Denn für ein Geistleben hatte er sich nie entschieden und auch keine Vorbereitungen getroffen. Er würde gehen und die anderen würden zurück bleiben. Ein Gesicht blitzte vor seinem inneren Auge auf.
Snape!
Bei Merlin, Snape!
Die Zeit.
Oh bitte, lass mir noch so viel Zeit, flehte er den Tod an, der langsam nach im griff.
Hecktisch sah er sich nach Black um und griff mit einer Schnelligkeit, die er sich nicht mehr zugetraut hätte, nach seiner Hand.
"Sirius!" hauchte er und zog den Mann zu sich heran. "Sirius!" flüsterte Albus. "Snape!"
Er zog Harrys Paten so nahe an sich heran, dass dieser den Kopf neigen mußte. Blacks Augen weiteten sich und er schien sich zu erinnern.
"Wir dürfen Snape nicht vergessen!" flüsterte Dumbledore Black ins Ohr.
Der alte Mann spürte wie Black seine Hand drückte, er verstand.
"Sirius. nun hör mir gut zu...". flüsterte er hektisch und begann mit seinen letzten Anweisungen. Er würde viel von dem Mann verlangen müssen, sehr viel. Während er ihm so abgehackt und nach Luft ringend alles ins Ohr flüsterte, zuckte Black mehrmals zusammen. Oh ja, er verlangte sehr viel in so wenig Zeit. Aber Sirius MUSSTE es tun. Nur er verstand, nur er könnte dies tun. Als er endete ließ er Sirius los und sah in dessen Gesicht. Black wirkte bleicher als sonst und seine Augen waren rot vor Tränen, doch er nickte schwer. Guter Junge! Die Ruhe kam und endlich der langersehnte Frieden. Er hieß den Tod willkommen. Eine kalte aber gütige Hand griff nach ihm.
"Versprochen!" flüsterte Black zurück. "Versprochen Albus. Keine Sorge!"
Albus lächelte. "Wie konnte ich damals nur an dir zweifeln? Warum habe ich es nicht gesehen?"
Black versuchte zu lächeln. "Keine Sorge! Und auch wegen damals. Keine Sorge. Jetzt mußt du dich nur noch um dich selbst kümmern. Und keine Sorgen!"
Albus fühlte die kalte Hand, die sich um sein Herz legte, und sah Black an, dieser strich über die Stirn des alten Mannes. Er schloß die Augen. Die Hand eines Lebenden fühlte sich so rau an und gleichzeitig so sanft. Fast wie die von Hagrid. Ruhe und Frieden, er hatte das ihm Mögliche getan. Jetzt konnte er gehen. Ein neues Abenteuer wartete. Er wünschte Black Glück und Snape Ausdauer. Er wünschte Pomfrey Kraft, Hermine Geduld und Gefühl. Ron etwas mehr Selbstvertrauen. Mr. Weasley etwas mehr Weisheit. Moody weniger Angst....


"Gute Reise", raunte Black und strich sanft über die Stirn von Dumbledore.
Der Atem von Albus kam immer tiefer und in längeren Abständen. Seine Freunde um ihn herum weinten stumm. Hermine hatte ihren Kopf an Rons Schulter vergraben. Pomfrey zitterte und schluchzte leise. Moody saß auf einem Balken und hatte seinen Kopf in den Händen begraben. So trauerte jeder irgendwie. Stumm und doch mit ganzem Herzen.
Sirius hielt die Hand von Albus, die ein letztes Mal zuckte und dann schlaff und leblos wurde.
Gryffindor hob sein Schwert zum letzten Gruß. Sirius legte die nun leblose Hand ab und sah den alten Geist ins Gesicht.
"Ich muss auch gehen. Meine Zeit hier ist vorüber", sagte Gryffindor und sah sich um als ob er nach etwas suchen würde. "Suchen Sie Snape, hier ist er nicht. Ich konnte es in Voldemort spüren. Aber ich kann nicht helfen. Ich muss gehen. Es ist nicht gut wenn ich länger bleibe."
So schnell?
Black nickte jedoch, das ersparte es ihm das Schloß zu durchsuchen. "Bis zum nächsten Mal?"
"Wenn ich wieder komme, dann vielleicht zu Ihren Kindeskindern oder deren Kindern." Gryffindor sah zu Albus, der so friedlich aussah. "Ich beneide ihn. Er darf gehen. Ich nicht. Wenn Sie ihn wieder sehen, sagen Sie ihm das. Ich beneide ihn wirklich."

Und Harry begann haltlos zu weinen und brach in den Armen seines Paten zusammen. Das Schwert fiel scheppernd zu Boden. Black umarmte sein Patenkind und drückte es fest an sich. Sein Patenkind war wieder zurück.
"Harry. Harry", murmelte Sirius.
Ja, das war Harry. Diese Augen, diese Gestik, das alles war Harry Potter. Er war wieder da und Gryffindor fort.
"Harry, ich muss gehen", flüsterte er in dessen schwarze struppelige Haare und er haßte sich für diese Worte.
Sirius wollte bleiben, wollte Harry und die anderen in diesem Schuttberg nicht zurück lassen. Er war doch jetzt auch etwas für sie verantwortlich. Harry entzog sich der Umarmung seines Paten und nickte.
"Ich weiß. Er sagte es. Der Transportkreis geht noch und die Flüche um Hogwarts werden sich später auflösen", sagte Harry und schluckte schwer dabei.
Ließ man ihnen denn keine Zeit zum Trauern?
"Ich kann aber auch bleiben", meinte Sirius, auf die paar Minuten kam es doch wirklich nicht an.
Harry schüttelte energisch den Kopf und schob seinen Paten endgültig von sich weg. "Geh. Es ist wichtig."
Sirius zögerte und da lächelte Harry ihn an, ein Lächeln das ihn so an Lily erinnerte. "Es ist in Ordnung. Geh und mach dir keine Sorgen um uns."
Harry hob den trauernden Phönix hoch und drückte ihn an seine Brust.
Seine Augen wiederholten dies immer wieder: Keine Sorge. Geh! Geh und keine Sorge. Keine Sorge.
Sirius Black stand auf und ging.


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