Als Draco später auf die Auswirkungen des kleinen Zusammenstosses mit Blaise zurückblickte, kam sich Draco ziemlich dämlich vor. Was war denn so schwer daran, Blaise zu sagen, dass er nicht mehr Quidditch spielen wollte? Es rechtfertigte sicher nicht, kostbare Zeit zu verlieren die er auch hätte benutzen können um Mathe zu lernen oder über Hugin nachzulesen.
Er war nur froh, dass niemand im Schlafsaal gewesen war der ihn hätte sehen können. Gregory und Vincent waren an diesem Tag erst weit nach dem Löschen des Lichts zurückgekommen, aber Draco hatte angenommen, dass sie die meiste Zeit im Gemeinschaftsraum gewesen waren. Blaise war vorher herein gekommen um seine Quidditchsachen auszuziehen, aber Draco war auf ihn vorbereitet gewesen.
Nun, eigentlich war das Hugin zu verdanken, der gerade rechtzeitig aufgewacht war und verlangt hatte, gefüttert zu werden. So fand Blaise Draco damit beschäftigt, seinen Raben zu füttern, und nicht auf dem Bett zusammengerollt.
Alles in allem lief das neue Schuljahr nicht allzu schlimm an.
Estella schlich sich am Morgen des zweiten Tages beim Frühstück an Draco an. "Es gibt keinen Pettigrew in den zweiten und dritten Klassen", erklärte sie. "Ich habe fast die Erstklässler auch gefragt, aber ein Erstklässler könnte nicht in dem Buch stehen, es sei denn du hättest es von einem Zeitreisenden."
"Du bist zu neugierig", war Dracos einzige Antwort auf diese Information.
"Oh komm schon. Ich wette du willst ebenso sehr wie ich wissen wer er ist", sagte ihm Estella überzeugt.
"Wenn ich so neugierig darauf wäre, wer er ist, wüsste ich wen ich fragen muss", erinnerte Draco sie ruhig.
"Und hast du?", fragte Estella neugierig.
"Nein." Draco grinste sie an. "Und wenn würde ich es dir nicht sagen."
"Oh du bist fies, Draco", beschwerte sich Estella. "Aber ich finde es schon raus. Und ich habe noch keine Viertklässler fragen können. Ich wette mit dir um 2 Galleonen, dass er aus der Vierten ist."
Zwei Galleonen? Nun, wenn sie das wirklich so meinte, würde es vielleicht sein erstes Hogsmeadewochenende finanzieren. Mit zwei Galleonen konnte er sogar Süßigkeiten im Süßigkeitenladen beim Markt von West Hogsmeade kaufen. Und es war auch noch eine sicherer Wette. Pettigrew, wer es auch war, war seit etwa 20 Jahren aus der Schule, und es war sehr unwahrscheinlich, dass er zufällig einen 14jährigen Sohn hatte.
"Abgemacht", erklärte Draco zu Estellas Überraschung. "Ich wette es ist kein Viertklässler."
"Zwei Galleonen?", fragte Estella, nur um sicherzugehen. Es war ein sehr niedriger Einsatz für Draco Malfoy, aber andererseits hatte sie auch noch nie gehört, dass er so eine Wette abschloss.
"Zwei Galleonen", bestätigte Draco mit seinem üblichen Grinsen, so dass sie sich fragte ob er die Viertklässler schon selbst gefragt hatte.
Andererseits musste Pettigrew nach der Zeichnung zu urteilen jünger sein als Potter, und sie hatte schon festgestellt, dass er kein Drittklässler war und auch nicht jünger sein konnte. Sie hätte ihn gekannt wenn er aus der fünften gewesen wäre, und kein Sechstklässler konnte wohl kleiner sein als Potter. Der einzige Schwachpunkt in ihrer Rechnung war die Zeichnung in Dracos Buch selbst. Was war, wenn der unbekannte Künstler auf Dinge wie Größenverhältnisse zwischen seinen Strichmännchen keinen Wert gelegt hatte oder wenn er Pettigrew als Beleidigung absichtlich kleiner gemalt hatte als er war? Die Zeichnung war schließlich eine Karikatur.
Dennoch schüttelte sie Draco die Hand um ihre Wette abzuschließen. Sie riskierte den größten Teil ihres Hogsmeadebudgets dafür, aber sie konnte jederzeit nach Hause schreiben und um mehr Geld bitten, und behaupten, dass eine teuere Tränkezutat ausgegangen war oder dass sie versehentlich einen ihrer Schulumhänge ruiniert hätte. Vielleicht konnte sie sogar behaupten, dass ihr Tränkepartner ihren Kessel in die Luft gejagt hatte.
Sie warf Draco ein letztes hinterhältiges Grinsen zu und lief davon um einen Viertklässler zu suchen.
"Was sollte denn das?", fragte Vincent Draco mit dem Mund voll Porridge.
"Oh, eigentlich nichts." Draco zuckte die Schulter. "Estella hat sich nur in den Kopf gesetzt, herauszufinden wer dieser Pettigrew ist."
"Mmmm ... Wer ist Pettigrew?", fragte Gregory mit Toast im Mund.
"Gegory, wie oft muß ich dir sagen, dass du nicht mit vollem Mund reden sollst?", fragte Draco seufzend.
"Mmmmph?"
"Kauen und schlucken, dann reden", riet Draco seinem Freund.
Gregory kaute und schluckte. Dann öffnete er den Mund, zögerte, seine Augen auf den Toast in seiner Hand gerichtet, und stopfte sich endlich noch einen riesigen Bissen in den Mund.
"Wolltest du nicht etwas sagen, Greg?", fragte Vincent seinen Freund.
Gregory schüttelte den Kopf.
"Ich schätze sein Frühstück ist interessanter als meine kleine Wette mit Estella, oder, Gregory?", grinste Draco.
Gregory nickte nachdrücklich während er das Marmeladeglas packte.
"Nun, Gregory ist vielleicht im Augenblick zu hungrig um sich darum zu kümmern, aber ich würde gerne wissen warum du Professor Snape gestern Onkel Severus genannt hast", fragte Vincent.
"Ist mir so rausgerutscht", meinte Draco. "Ich habe euch schon gesagt, dass ich im Sommer bei ihm war, und ich konnte ihn ja nicht die ganze Zeit Professor nennen. Es ist nur eine dumme Angewohnheit."
"Wo wohnst du denn jetzt?", fragte Vincent.
"Jetzt? Hier in Hogwarts", antwortete Draco locker. "Hast du noch nicht aufgegessen, Gregory? Ich habe Hugins Futter im Gemeinschaftsraum vergessen und er bekommt Hunger."
"Hugin?", wiederholte Gregory, wobei er ausnahmsweise nicht mit vollem Mund sprach, da er gerade ein Glas Orangensaft getrunken hatte. "Wer ist Hugin?"
"Mein Rabe", erklärte Draco, wobei er stolz das kleine Stoffstück aufhob, das den winzigen rosa Babyvogel bedeckte.
"Sieht nicht nach viel aus", bemerkte Gregory. "Ich dachte Raben sind schwarz."
"Das wird er schon wenn ihm erst Federn wachsen." Draco starrte Gregory anklagend an. "Er ist gerade erst geschlüpft. Ich wette, du hast auch nicht besser ausgesehen als du gerade geboren warst."
Gregory verzog das Gesicht. "Ich muss besser ausgesehen haben als das."
"Kannst du dich dran erinnern wie du damals ausgesehen hast?", zischte Draco.
Gregory dachte kurz nach. "Nein", gab er endlich zu.
"Dann solltest du besser nicht solche Schlüsse ziehen", gab Draco zurück, packte Hugins Nest und marschierte davon.
Estella bezahlte ihn an diesem Abend, und Draco schlug fast noch eine Wette vor, die besagte, dass Pettigrew auch nicht in der 6. oder 7. Klasse war, aber er überlegte es sich anders. Im Augenblick glaubte Estella, dass er Glück gehabt hatte bei seiner Annahme. Wenn er weitermachte vermutete sie vielleicht, dass er etwas wusste.
Stattdessen packte er sein Hogsmeadegeld nur sicher weg und ging Onkel Severus suchen. Zu dieser Tageszeit konnte er meistens darauf wetten, dass er in seinem Klassenzimmer oder seinem Büro war, und Draco wollte etwas Gesellschaft haben. Wenn Onkel Severus Hausaufgaben korrigierte, konnte er vielleicht Mathe machen solange er leise genug war, um ihn nicht zu stören.
Draco lächelte leicht als er aus dem geheimen Eingang des Gemeinschaftraumes trat und wollte gerade zum Tränkeklassenzimmer gehen, als er hinter sich Stimmen hörte.
"Was hast du dieses Mal angestellt, Lümmel?", fragte die unverkennbare Stimme von Argus Filch.
"Ich bin nicht ganz sicher, Sir", antwortete eine leise Kinderstimme. War das schon wieder David Smith? "Ich denke es lag daran, wie ich beim Abendessen meine Suppe gegessen habe. Zumindest habe ich das gerade getan als Professor Snape sagte ich sollte wegen einer Strafarbeit herkommen."
Ja, das war David Smith. Draco setzte wieder sein übliches Grinsen auf und versuchte nicht laut zu lachen.
"Du kannst da drüben anfangen", befahl Filch schroff. "Die Drittklässler aus Gryffindor hatten heute nach Kräuterkunde gleich Zaubertränke, und natürlich hat sich nicht ein einziger die Mühe gemacht, sich die Stiefel abzuputzen bevor sie ins Schloß gekommen sind. Nein, nicht damit! Kannst du nicht sehen, dass das Wasser ganz dreckig ist? Damit verteilst du den Schmutz nur."
"Tut mir leid, Sir. Soll ich dann Ihren Eimer nehmen?", fragte David zaghaft.
"Augenblick. Ich muß noch eine Säuberungslösung hinein geben", hörte Draco Filch murmeln. "Da, jetzt kannst du ihn nehmen. Weißt du noch wie ich es dir gestern gezeigt habe?"
"Ja, Sir. Reintauchen, gerade herausziehen und an die Seite des Eimers drücken um das überschüssige Wasser rauszupressen", erklärte David gehorsam. "Richtig, Sir?"
"Gut, jetzt denk daran, dass du ihn regelmäßig auswaschen musst, Lümmel", knurrte Filch fast mit Zuneigung in der Stimme.
Draco konnte es kaum glauben. Mochte Filch David Smith sogar? War es überhaupt möglich, dass Filch außer seiner Katze jemanden mochte?
"Mr. Filch, Sir?"
"Was ist denn, Lümmel?"
"Wie viel Säuberungslösung kommt in einen Wassereimer?", fragte David. Er klang als würde es ihn wirklich interessieren.
"Eine halbe Verschlusskappe", antwortete Filch. "Wenn du weniger nimmst wird es nicht ordentlich sauber, und mit mehr wird der Boden rutschig, und dann zieht dir Madam Pomfrey die Ohren lang, weil du ihre Schüler in Gefahr bringst."
"Oh, ist sie sehr schlimm, Sir?", fragte David. Er klang leicht eingeschüchtert.
"Nun, soweit ich weiß hat sogar der Direktor etwas Angst davor, zu ihr zu gehen, und er hat Grindelwald besiegt", sagte Filch zu ihm.
"Oh, dann hoffe ich, ich treffe sie nie", beschloss David.
"Dann sei ein guter kleiner Junge und benutze die Säuberungslösung gescheit", drohte Filch als er den zweiten Eimer nahm, um ihn auszuwaschen und frisches Wasser zu holen.
Draco musste gegen Gelächter ankämpfen als er weiter ging. Das Tränkeklassenzimmer war leer, aber die Tür zum Labor war offen. Das Labor wurde nur von Severus selbst und gelegentlich von älteren Schülern benutzt, die an besonderen Tränkeprojekten arbeiteten. Draco hatte es noch nie betreten, aber er beschloss, dass es nichts ausmachte wenn er nichts anfasste, und da es gelegentlich von Schülern benutzt wurde, konnte das Labor nicht gefährlicher sein als Severus' Labor zuhause, in dem er schließlich geschlafen hatte.
"Draco!", verkündete Munin's Stimme sobald er den Raum betrat.
"Hi, Munin. Onkel Severus?"
"Ah, Draco." Severus tauchte mit einem Behälter in der Hand unter dem riesigen Tisch in der Mitte des Zimmers auf. "Ist was los?"
"Oh nein, alles in Ordnung. Ich dachte nur, ich würde dich besuchen, wenn ich darf." Draco lächelte. "Was hast du unter dem Tisch gemacht?"
"Nur die Drachenhaare gesucht. Ich habe die Schachtel mit seltenen oder gefährlichen Zutaten unter den Tisch gestellt, damit die Schüler, die vielleicht herein kommen wenn ich nicht dabei bin, sie nicht sehen", antwortete Severus.
"Aber ich dachte die gefährlichen Zutaten sind alle im Lagerraum weggesperrt?"
"Nicht wenn ich damit arbeite. Über Nacht bringe ich sie zurück, aber manchmal lasse ich sie hier wenn ich am gleichen Tag noch einmal etwas davon brauche", erklärte Severus. "Das Labor ist eigentlich recht sicher, weil die meisten Schüler, die herein dürfen, es besser wissen als etwas anzufassen das sie nicht kennen, aber es kann immer passieren, dass ein Idiot aus Gryffindor herein schleicht und explosive Sachen für einen Streich sucht. Man weiß nie was diese Deppen nehmen."
Draco kam etwas näher und sah vorsichtig in den Kessel. "Ist das wieder dein Wolfsbann-Experiment?"
"Ja, ich arbeite noch immer an der Temperaturkontrolle. Es ist viel besser, aber noch nicht perfekt." Severus lächelte. "Willst du mir wieder helfen?"
"Sehr gerne!"
"Dann kannst du die Drachenhaare darunter rühren. Du weißt noch wie das geht, oder?"
"Natürlich." Draco nahm das Gefäß und rührte. Die Drachenhaare waren schwer, weil man aufpassen musste, dass sie eines nach dem anderen hinein mussten. Dann musste man nach jedem Haar dreimal im Uhrzeigersinn rühren und einmal dagegen. Es war ein wunderbares Gefühl zu wissen, dass Onkel Severus ihm das anvertraute.
Sie arbeiteten einige Minuten lang an dem Trank, bis sie von einem zaghaften Klopfen an der Tür unterbrochen wurden. "P..Professor Snape?"
"Bleib da stehen, Longbottom!", befahl Severus, und Neville erstarrte, am ganzen Körper zitternd, in der Tür.
Severus seufzte. "Ich beiße dir nicht den Kopf ab, Longbottom. Ich meinte nur, dass du nicht ins Labor kommen sollst. Das ist nur für fortgeschrittene Schüler. Fünftklässler dürfen nicht herein. Ich komme gleich raus."
Neville nickte leicht. Er zitterte noch immer und sah Draco an. Er wagte aber nicht zu fragen was er da drinnen machte.
"Okay, gib die Löwenkrallen nicht ohne mich dazu, Draco. Ich bin nicht sicher wie sie mit der neuen Kombination reagieren", sagte Severus bevor er hinaus ging um mit Neville zu sprechen.
Draco rührte weiter, aber er spitzte die Ohren um zu hören was draußen los war. Was wollte Neville Longbottom hier an einem Tag, an dem er nicht einmal Zaubertränke hatte? Sollte er nicht heilfroh sein, dass er nicht zu seinem meistgehassten Lehrer musste?
"Ich...Ich...Ich...", stotterte Neville draußen, aber er schaffte es nicht, einen ganzen Satz herauszubringen.
Severus holte tief Luft um sich zu beruhigen. "Okay, Longbottom, weißt du noch warum du herunter gekommen bist?"
Neville nickte und versuchte es wieder: "U…u…um…"
"Vielleicht um etwas zu holen das du gestern vergessen hast? Eine Feder oder ein Buch?"
Neville schüttelte den Kopf. "Nein, nein. Ich...ich...ich..."
"Dann ist es wegen der Hausaufgabe?"
Neville nickte und sah ihn dabei erleichtert an.
"Brauchst du Hilfe? Eine Erklärung? Hast du etwas nicht verstanden?"
Neville schüttelte wieder den Kopf. "Nein. Ich...ich bin fertig", brachte er endlich heraus. Zaghaft hielt er Snape eine Rolle Pergament hin.
Snape nahm sie und rollte sie langsam auf. "Fertig? Meinst du, du willst sie jetzt schon abgeben?"
Neville nickte eifrig.
"Das ist ziemlich lang, Longbottom. Du mußt den ganzen Tag gearbeitet haben wenn du so viel geschrieben hast."
"Oma wäre so stolz wenn ich ihr sagen könnte, dass ich eine 2 in Zaubertränke bekommen habe."
"Das ist ein sehr schwerer Trank", schloss Severus. "Zwei Hufflepuffs und Mr. Weasley sind in diesem Jahr schon durchgefallen, und einige andere haben ihn nicht rechtzeitig fertig gebracht." Er dachte kurz darüber nach. "Wenn keine großen Fehler in diesem Aufsatz sind, kann ich vielleicht eine 2 daraus machen, wenn man die besondere Anstrengung bedenkt."
Neville strahlte.
"Du bist dieses Jahr viel besser", fügte Severus hinzu, als ihm Minervas Rat einfiel. "Ich werde dir in der nächsten Tränkestunde deine Note sagen."
"D...danke, Professor", konnte Neville noch stammeln, bevor er hinaus rannte.
Severus lächelte fast. Zumindest hatte der Junge noch Angst vor ihm.
"Warum bist du auf einmal so nett zu Longbottom?", fragte Draco fast anklagend.
"Sarah hat vorgeschlagen, dass er so im Unterricht besser mitarbeitet", erklärte Severus. "Und er war gut in der ersten Stunde in diesem Jahr."
"Gut? Er hat die Aufgabe gerade noch geschafft, und das nur, weil du ihm etwas länger Zeit gegeben hast", beschwerte sich Draco.
"Longbottom ist nicht Granger, Draco. Für ihn wäre es eine Verbesserung gewesen, wenn er es nur geschafft hätte seinen Kessel nicht in die Luft zu jagen. Ich habe nicht erwartet, dass er es wirklich schafft, einen passablen Trank zu brauen." Severus grinste Draco an. "Und ihn für sein Ergebnis etwas zu loben wird mir eine Chance geben, Potter vor die Nase zu halten, dass er es schlechter gemacht hat als Longbottom. Vielleicht lasse ich seinen Aufsatz sogar durchfallen und sage ihm, er soll sich den von Longbottom anschauen um zu sehen wie es richtig geht."
Draco lachte. "Okay, das ist es vielleicht wert", stimmte er zu. "Was ist aber mit Weasley?"
"Weasley ist schon durchgefallen, und das kann kein Aufsatz wiedergutmachen", sagte Severus, wobei er leicht enttäuscht aussah. "Ich habe das was ich über seine Brüder gesagt habe, ernst gemeint, weißt du. Fred und George sind vielleicht zwei der schlimmsten Gryffindors, die ich je gesehen habe, aber sie nehmen Zaubertränke Ernst und sind unter den besten Schülern in ihrem Jahr. Ihre älteren Brüder Bill und Percy haben hart gearbeitet und die kleine Ginny gibt ihr Bestes, obwohl sie nicht die Begabung der Zwillinge für dieses Fach hat. Ron ist eine ziemliche Enttäuschung für mich."
"Du klingst fast als würdest du die Weasleys mögen", erklärte Draco.
"Nicht wirklich, sie sind zu Gryffindor um sie richtig zu mögen, aber ich respektiere alle die in meinem Unterricht gut sind, und die meisten von ihnen sind das", antwortete Severus. "Nicht dass ich sie das wissen lasse. Bereit für die Löwenkrallen?"
Draco nickte eifrig. Vielleicht würde es dieses Mal funktionieren.
Aber als Severus die zweite Löwenkralle hinzugab, wurde der Trank dunkelgrün, und der Meister der Zaubertränke schüttelte traurig den Kopf. "Nein, ist wieder zu kalt. Wir müssen uns etwas anderes ausdanken."
"Wenn wir vielleicht nur eine Löwenkralle nehmen würden?", schlug Draco hoffnungsvoll vor.
"Das würde wahrscheinlich die Temperatur korrigieren, aber wir würden wieder das Giftgleichgewicht verlieren", antwortete Severus ohne von seinen Notizen aufzusehen. "Das Drachenhaar ist zu stark um es für solche Feineinstellungen zu benutzen, und alle weiteren Zutaten würden die ganze Sache wieder aus dem Gleichgewicht bringen. Nein, wenn wir einen stabilen Trank wollen, müssen wir die Temperatur lange vor dem Drachenhaar korrigieren."
Draco lehnte sich über den Tisch um ebenfalls in die Notizen zu sehen, aber er verstand die komplexen Reaktionen zwischen den verschiedenen Zutaten immer noch nicht gut genug um zu helfen. Severus' besonderer Wolfsbanntrank war seit dem ersten Mal als Draco ihn zuhause im Merlinpark gesehen hatte, viel komplexer geworden.
Sie betrachteten noch immer das Pergament, als es wieder klopfte und Harry Potter uneingeladen ins Labor kam.
"Ich komme zu meiner Strafarbeit, Professor Snape", erklärte er mit einem triumphierenden Blick zu Draco.
Er glaubte wohl, auch Draco hätte eine Strafarbeit bekommen.
"Ah Potter, du bist gerade rechtzeitig um diesen Kessel zu säubern", sagte Severus zu ihm. "Dann kannst du den Tisch saubermachen, und wenn du fertig bist, sage ich dir was deine Strafarbeit ist."
"Und vergiss nicht, anschließend alles abzutrocknen", grinste ihn Draco an, als Harry sich damit abkämpfte, den riesigen Kessel zum Spülbecken zu tragen ohne den Trank zu verschütten. Ihm war sehr wohl bewusst, dass Snape ihn dann auch den Boden des Labors würde wischen lassen. Bevor er mit seiner eigentlichen Strafarbeit anfing natürlich.
"Was ist mir dir, Malfoy?", knurrte er. "Willst du nicht arbeiten?"
"Nein, ich bin nur hergekommen um dich leiden zu sehen, es macht viel Spaß."
Harry knurrte etwas unverständliches, aber er wollte Draco nicht weiter herausfordern wenn Snape dabei war. Wer wusste ob sie nicht vielleicht doch verwandt waren.
Ironischerweise hatten ihre Nachforschungen über den Stammbaum der Snapes dazu geführt, dass er nun bei Snape Strafarbeit hatte. Sie hatten endlich ein Buch über die Familie Snape gefunden, und über seine Aufregung hatte er völlig vergessen, dass er an diesem Nachmittag Quidditchtraining hatte. Als sie herausgefunden hatten, dass in dem Buch kein Stammbaum war, war er schon 5 Minuten zu spät zum Training gewesen.
Er war aus der Bibliothek und hinunter in die Eingangshalle gerannt, wild entschlossen, wie er war auf seinen Besen zu springen statt noch mehr Zeit zu verlieren indem er zum Gryffindorturm zurückging und sich Quidditchsachen anzog. Leider hatte er einen Zweitklässler aus Slytherin über den Haufen gerannt als er wie verrückt die Treppen hinunter gerast war, und Snape war gerade in diesem Augenblick mit frisch getrockneten Kräutern aus Professor Sprout's Vorräten in der Hand und gerunzelter Stirn ins Schloss gekommen.
Wenn man Snapes Stimmung bedachte, hatte Harry wahrscheinlich Glück gehabt, mit nur 5 Punkten Abzug und einer Strafarbeit davongekommen zu sein.
Der Zusammenstoß mit Snape hatte ihn aber noch mehr Zeit gekostet als er wohl gebraucht hätte wenn er zum Umziehen in den Gryffindorturm zurückgekehrt wäre, und seine einzige Rettung als er endlich das Quidditchfeld erreichte war, dass der neue Teamcaptain Fred Weasley war, der es nicht einmal geschafft hätte, ernsthaft auszusehen wenn er jemanden zusammenschiss wenn er es versucht hätte. Die Weasleyzwillinge hatten sowieso so sehr darüber gelacht, wie Harry nach seinem Besen gesprungen war sobald er angekommen war, dass sie es kaum geschafft hatten, ihn zu fragen wo er gewesen war.
Dennoch änderte das nichts daran, dass er das ganze Tränkezimmer ohne Magie säubern musste nachdem er das Labor gereinigt hatte. Zu seiner Überraschung waren der Boden und sogar ein paar Tische mit Schlamm verdreckt, der auf dem zweiten Tisch der dritten Reihe schlecht mit einem ausgekippten Trank reagiert hatte. In der letzten Reihe musste jemand einen Behälter mit toten Küchenschaben umgekippt haben ohne es zu merken, denn die Schüler waren wohl eine ganze zeitlang darin herumgestiefelt und hatten sie schlimm zerdrückt und über den halben Gang verteilt. In der ersten Reihe schien jemand auf ein Stück roter Kreide getreten zu sein, was auf dem schwarzen Boden scheußlich aussah. Die schwerste Arbeit aber bot ein verkohlter Fleck an der Decke an, den er kratzen und schrubben musste, während er auf einer sehr wackeligen Leiter stand. Wenn nur Harrys Arme nicht schon so weh getan hätten, nachdem er den veränderten Dreck in der dritten Reihe weggekratzt hatte.
Zu alldem hatte Snape Draco zurückgelassen um Harrys Arbeit zu kontrollieren. Zuerst hatte Draco zumindest gelernt, aber dann hatte er sein Buch weggelegt, sich bequem auf Snapes Stuhl zurückgelehnt und beobachtete nun Harrys verzweifelte Versuche, eine besonders schlimm aussehende Stelle zu erreichen, die gerade außerhalb seiner Reichweite zu sein schien ohne von der Leiter zu fallen.
"Oh komm schon, Potter. Ich will nicht den ganzen Tag hier drin sein", brummte er, nachdem er noch einen Bissen von einem sehr saftig aussehenden Apfel genommen hatte, den ihm Snape freundlicherweise gegeben hatte.
Harry gab endlich auf und stieg herunter um die Leiter zu verrücken. "Echt? Ich dachte du hättest nichts wichtiges vor, weil ich gehört habe, dass deine Freundin mit dir Schluss gemacht hat und du kein Geld mehr hast um die Idioten zu bezahlen, die du deine Freunde nennst."
"Oh, neidisch weil ich zumindest eine Freundin hatte mit der ich Schluss machen konnte, Potty?", spottete Draco. "Mit einem Gesicht wie dem deinen natürlich..."
"Zumindest sehe ich nicht aus wie ein Frettchen", warf Harry zurück. "Pansy mochte dich nur wegen deines Geldes, genau wie deine Freunde."
"Eigentlich habe ich mit Pansy Schluss gemacht weil ich jemanden gefunden habe, der hübscher ist als sie, aber kümmern wir uns nicht um solche technischen Dinge. Schließlich will ich der armen Pansy nicht mit so fiesem Gerede die Chance ruinieren, jemand anders zu finden." Draco streckte sich aus und nahm noch einen Bissen.
"Oh wirklich? Wo ist deine angebliche neue Freundin dann?", spottete Harry. Er war sicher, dass Draco sie gerade erfunden hatte.
"Wahrscheinlich sitzt sie gerade zu hause in ihrem Zimmer und macht ihre Hausaufgaben. Ihre Mutter wollte nicht, dass sie in ein Internat geht, denke ich. Du hast da oben übrigens einen Fleck vergessen", erklärte Draco.
Der war jetzt natürlich außer Reichweite, nachdem er die Leiter verrückt hatte.
"Danke", sagte Harry sarkastisch und stieg herunter, um die Leiter wieder zurückzustellen.
"Keine Ursache", grinste Draco. "Also, warum hast du noch keine Freundin, Potty? Wenn es nicht dein Gesicht ist..."
"Vielleicht will ich keine", fauchte Harry durch zusammengebissene Zähne, während er wild mit seiner schon schmerzenden Hand schrubbte.
"Oh, jetzt verstehe ich. Es ist wegen Weasley, oder? Hätte es schon früher merken sollen, so wie ihr beide immer zusammenhängt", brummte Draco.
"Laß. Ron. Aus. Dem. Spiel", knurrte Harry im Rhythmus zu seiner Arbeit.
"Ja, das ist ganz klar Liebe. Warte nur bis ich allen gesagt habe, dass Potty ein Mädchen ist", zog ihn Draco auf. "Oder ist Weasley das Mädchen?"
Harry war fast dankbar als Snape kam um ihm zu sagen, dass er noch immer nicht zufrieden damit war wie der Fußboden und der Tisch in der dritten Reihe aussahen. Zumindest konnte Draco jetzt mit Snape reden und verlor das Interesse daran, Harry aufzuziehen.
Trotz Harrys üblicher enttäuschend geringer Reaktion zu seinen Spötteleien beschloss Draco, dass es ein toller Tag gewesen war. Er konnte kaum glauben, dass ihn etwas so unwichtiges wie Quidditch am Vortag so hatte aufregen können. Und am nächsten Morgen wurde es nach dem Frühstück noch besser.
Harry war noch ganz geschafft von seiner Arbeit am Vortag, und die Tatsache, dass an diesem Tag die erste Stunde eine Doppelstunde Zaubertränke war, half seiner Stimmung nicht auf die Sprünge als er mit seinen beiden besten Freunden zum Frühstück hinunter schlurfte.
"Und wir haben nur 5 Generationen Snapes gefunden, und davor gar nichts!", versuchte Ron seinen Frust loszuwerden, weil ihre Suche nach einer Verwandtschaft zwischen Malfoy und Snape immer noch ergebnislos geblieben war. Offenbar hatten er und Hermine den Stammbaum der Familie Snape gefunden, während er Strafarbeiten gemacht hatte, aber sie hatten noch immer keine Verbindung zwischen den beiden Familien entdeckt.
"Kannst du glauben, dass Hermine sogar vorgeschlagen hat, die Suche aufzugeben?", schimpfte Ron weiter.
Hermine sah von Harrys Tränkeaufsatz auf, den er schnell zusammengekritzelt hatte nachdem er endlich von seiner Strafarbeit zurückgekommen war. "Sie sind offensichtlich nicht verwandt, Ron, Harry hatte wahrscheinlich recht mit seiner Theorie, dass Snape nur ein alter Freund der Familie ist, den Draco seit seiner frühen Kindheit kennt. Weiter zu suchen wäre nur eine Zeitverschwendung, und wir sollten lernen. Wir haben am Ende des Jahres ZAG-Prüfungen."
"Hermine, das Jahr fängt erst an, und ich weiß einfach, dass wir in diesen Stammbäumen etwas wichtiges finden können. Die Snapes und Malfoys hängen zusammen, ich weiß es einfach", bestand Ron, aber Hermine war wieder daran gegangen, Harrys Aufsatz durchzusehen.
"Harry, das stimmt einfach nicht", schimpfte sie mit ihrem Freund. "Deine Arbeit ist fast so schlampig wie deine Handschrift aussieht. Einige der Sätze sind nicht mal grammatisch richtig und ich denke, dass der dritte Absatz aus einem Text über einen ganz anderen Trank kommt."
"Na, ich war müde, Hermine", verteidigte sich Harry. "Und ich hatte nur die Bücher, die ich von Mitschülern leihen konnte. Es war reines Glück, dass Neville die beiden großen Tränkebücher noch nicht in die Bibliothek zurückgebracht hatte."
"Wenn du deinen Aufsatz früher geschrieben hättest, hättest du genug Zeit gehabt um in der Bibliothek nachzulesen", fuhr Hermine unbeeindruckt fort. "Aber wenn du wartest bis zur allerletzten Minute taucht natürlich etwas wie eine Strafarbeit auf und die Bibliothek ist geschlossen wenn du zurückkommst. Du hättest den Aufsatz fertig haben können bevor du zur Strafarbeit musstest, wenn das sogar Neville geschafft hat. Ich wette es wäre gut gewesen wenn du mit dem fertigen Aufsatz in der Hand zur Strafarbeit gekommen wärst."
"Snape wäre das egal gewesen", verteidigte Ron seinen besten Freund."
"Da kannst du nicht sicher sein", widersprach Hermine. "Aber wir wissen sicher, dass Snape schlampige Handschrift und falsche Grammatik nicht mag. Selbst wenn der Inhalt des Aufsatzes absolut perfekt wäre, würde es Snape wahnsinnig machen, Harry. Du kannst den Aufsatz so nicht abgeben."
"Ich muss", sagte Harry niedergeschlagen. "Ich habe nicht genug Zeit um ihn neu zu schreiben, und er gibt mir niemals eine Verlängerung. Er gibt nie Verlängerungen, nicht mal den Slytherins. Das weißt du, Hermine."
"Nun, du könntest zumindest versuchen ihn sauberer abzuschreiben und die Grammatikfehler zu verbessern", schlug Hermine vor.
"Nicht genug Zeit", stöhnte Harry.
Danach hatten alle drei keinen rechten Appetit mehr. Tränke am frühen Morgen hatten eben eine solche Wirkung.
Sie standen früh vom Tisch auf. Hermine wollte versuchen ein Buch zu bekommen das sie aus der Bibliothek wollte, und Harry und Ron wollten nur zurück in den Gryffindorturm, um ihre und Hermines Büchertaschen zu holen und sich dann mit ihrer Freundin in den Kerkern zu treffen.
Die beiden Jungen kamen aber nicht sehr weit. Auf dem Weg aus der Großen Halle stießen sie fast mit Draco Malfoy zusammen, in dessen Augen ein boshaftes Glänzen trat als er die beiden Gryffindors sah.
"Na, wenn das nicht Potty und sein kleines Wieselmädchen sind", brummte Draco zur Begrüßung. "Schon so früh mit dem Frühstück fertig?"
"Ach, halt die Klappe, Malfoy", fauchte Harry, der wirklich nicht in der Stimmung für Dracos kleine Spiele war.
"Ah, wollt ihr ein leeres Klassenzimmer suchen um vor dem Unterricht noch miteinander rumzuspielen?", fragte Draco freundlich.
"Was zum Teufel quatscht der da?", knurrte Ron, der Dracos neuesten Witz noch nicht gehört hatte, verwirrt.
"Ich persönlich hätte aber lieber eine Freundin die etwas besser aussieht oder wenigstens intelligent ist, Potter", fuhr Draco ungestört fort. "Was macht ihr zwei wenn sie in Zaubertränke durchfällt und Hogwarts verlassen muss? Folgst du ihr in blinder Liebe und lebst als Muggel?"
"Ich falle nicht in Zaubertränke durch!", brüllte Ron zur allgemeinen Belustigung der Slytherins in der Nähe.
Es dauerte eine Sekunde bis er merkte, warum eine Gruppe Ravenclaws, die die Begegnung beobachtet hatte, ebenfalls in Gelächter ausbrachen, und warum die Slytherins und Draco so triumphierend aussahen.
"Da, endlich gibst du zu, dass du Potters Mädchen bist", grinste Draco. "Ich wusste es."
Das war zu viel für Ron. Bevor Harry ihn am Umhang packen konnte, um ihn zurück zuziehen, warf er sich auf Draco und schaffte es, ihn niederzuschlagen.
Zum Glück waren Crabbe und Goyle im Augenblick nicht bei Draco. Harry hatte sie vorhin am Slytherintisch sitzen sehen, und er wusste aus Erfahrung, dass sie es immer schwer fanden, sich vom Essen loszureißen. Mit etwas Glück würde Ron Draco fertig machen bevor sie sich einmischen konnten.
Soweit war Harry in Gedanken gekommen als Draco sein Knie in Rons Mitte stieß. Ron schrie vor Schmerzen und zog sich weit genug zurück, um Draco genug Platz zu geben, ihm die Faust ins Gesicht zu schlagen.
Ron war so überrascht, dass er gerade lange genug zögerte, um Draco Zeit zu geben, ihn umzuwerfen und sich auf ihn zu knien. Ron kämpfte hart darum ihn abzuwerfen, aber Draco schien es ebenso wenig zu bemerken, wie die aufgeplatzte Lippe, die ihm Rons erster Angriff eingebracht hatte.
Ron trat nach ihn ohne etwas zu erreichen, aber bald wurde ihm klar, dass er Draco da wo er saß nur mit dem linken Arm erreichen konnte, da er auf seinem rechten lag und alle Versuche, seine Position zu verändern, nichts brachten.
Er schaffte es, seine Hand einige Male aus Dracos Griff zu reißen, aber Draco benutzte nur seine rechte Hand um die Angriffe abzuwehren, während er Ron weiter mit der Linken schlug.
Der Kampf dauerte aber nicht allzu lange. Er hatte eine Zuschauermenge angezogen, die wiederum das Interesse der Lehrer auf sich zog. Snape und Dumbledore waren nicht zum Frühstück gekommen, also waren es McGonagall und Filch die auftauchten um die Prügelei zu beenden.
McGonagall packte sofort Draco und zog ihn von Ron herunter. "Mr. Malfoy!"
"Er hat mich zuerst angegriffen, Professor", erklärte Draco sofort. "Ich habe mich nur verteidigt." Er sah besorgt auf den Boden. "Hugin?"
Estella, die zufällig unter den Zuschauern gewesen war, nahm die kleine Nestschachtel, die Draco fallengelassen hatte als Ron ihn angesprungen hatte, und sah hinein. Ein wütender Babyvogel protestierte dagegen.
"Er sieht okay aus", sagte sie zu Draco als sie ihm die Schachtel gab. "Bei all dem weichen Zeug da drin hat er den Aufprall wahrscheinlich kaum gespürt. Er hat aber Glück, dass er nicht herausgefallen ist."
Draco sah schnell selbst nach dem kleinen Raben, und fand, dass er unverletzt zu sein schien. Geistesabwesend nickte er Estella zum Dank zu, während er Hugin beruhigte, indem er ihm mit einem Finger über den Rücken fuhr.
"Nun, Vogel oder nicht", entschied Minerva, "Ich habe genug davon, dass ihr beide euch ständig prügelt. Ich werde euch zum Direktor bringen."
Sie packte Ron und Draco am Arm und zog sie durch die Tür und die Treppen hinauf.
"Das ist unsere erste Prügelei dieses Jahr", erklärte Draco McGonagall, aber sie schien sich für solche technischen Dinge nicht zu interessieren.
"Kann ich nicht erst zum Krankenflügel gehen?", bettelte Ron. "Mein Bein tut weh."
Er hinkte wirklich stark, aber Minerva beschloss, die Verletzungen beider Jungen gerade zu ignorieren. Sie konnten nicht lebensbedrohlich sein, und sie waren schließlich selbst schuld, weil sie sich geprügelt hatten.
"Schokofrosch", sagte sie zu dem Wasserspeier als sie ihn erreichten, und schob die Jungen auf die Treppen vor ihr.
Sie kamen für Dracos Geschmack viel zu schnell nach oben, aber zumindest hatte sich Hugin mittlerweile beruhigt, und war wieder eingeschlagen. Er hoffte wirklich, dass der Fall dem kleinen Vogel keinen ernsthaften Schaden zugefügt hatte.
'Ich schätze, ich sollte die Gryffindors wohl nicht auslachen, wenn ich ihn dabei habe', dachte er als er das Tuch wieder über Hugin zog um ihn warm zu halten.
McGonagall öffnete die Tür zum Büro des Direktors, und sah, dass er mit Professor Snape Tee trank und Kuchen aß. Draco lächelte erleichtert als er seinen Hauslehrer sah.
Dumbledore glaubte einem Slytherin vielleicht nicht wenn er sagte, dass ein Gryffindor ihn angegriffen hatte, aber Onkel Severus würde das sicher. Und er würde auch wissen ob Hugin in Ordnung war.
"Ich glaub's nicht", stöhnte McGonagall, "ihr beide seid nicht beim Frühstück, während die Schüler sich in der Großen Halle gegenseitig umbringen."
Dumbledore zwinkerte über diese Neuigkeiten leicht. "Übertreibst du nicht etwas, Minerva? Ein Stück Kuchen?"
"Nein danke, Albus", lehnte McGonagall ab. Ihr Blick wurde finster als die Jungen unterdrückt kicherten. "Ich übertreibe vielleicht wenn ich sage, dass sich die Schüler umbringen, aber die beiden haben sich in der Großen Halle geprügelt. Dein Mr. Malfoy hat wieder einen meiner Schüler angegriffen, Severus."
"Das ist gelogen!", erklärte Draco laut und deutlich.
"Also, du kleiner…", fing McGonagall an, aber Severus brachte sie mit einem Blick zum Schweigen
"Einen Augenblick, Minerva", unterbrach er sie ruhig. "Hast du gesehen, dass Draco Mr. Weasley angegriffen hat?"
"Ich habe gesehen, dass er auf ihm kniete und ihm ins Gesicht geschlagen hat", erklärte McGonagall. "Wenn das nicht Beweis genug ist."
"Nur weil Draco die Oberhand hatte als du sie erwischt hast, bedeutet das nicht, dass er die Prügelei begonnen hat", erklärte ihr Snape mit einem düsteren Blick auf Ron.
"Er hat mich zuerst angegriffen", wiederholte Draco seine Behauptung von vorher. "Und ich protestiere auch gegen das wieder. Es ist in diesem Jahr das erste Mal, dass ich mich geprügelt habe." Ein schneller Blick zu Dumbledore zeigte, dass der verletzte Stolz ihn nicht ganz überzeugt hatte. Nun, er konnte es immer noch mit Mitleid versuchen. "Ich würde nie eine Prügelei anfangen wenn ich Hugin dabei habe. Bei Weasleys Angriff habe ich ihn fallengelassen. Denkst du, dass er okay ist?", fragte er Snape, wobei er ihm die Schachtel hinhielt.
Severus nahm die Schachtel vorsichtig und holte den kleinen Raben heraus. Hugin beschwerte sich laut weil er wieder geweckt wurde, aber er beruhigte sich, als Snape ihn vorsichtig streichelte. Er kuschelte sich in seine warme Hand. "Er sieht aus als wäre er in Ordnung, aber vielleicht möchtest du Madame Pomfrey bitten, nach inneren Verletzungen zu suchen, nur für den Fall."
"Haben Sie Mr. Malfoy angegriffen, Mr. Weasley?", wandte sich Dumbledore an Ron als er sah, dass Severus die Rabensache unter Kontrolle hatte.
Ron nickte leicht verlegen. "Er hat mich ein Mädchen genannt, Sir."
"Nein", grinste Draco. "Du hat dich selbst Mädchen genannt. Ich habe nur deine eigenen Worte bestätigt."
"Also, du!" Ron sprang wieder nach Draco, und Minerva musste ihn mit Gewalt zurückhalten.
"Mr. Weasley!", schrie sie ihn an. "Bitte beruhigen Sie sich."
"Sehen Sie", sagte Draco ruhig. "Er ist gefährlich. Kann seine primitiven aggressiven Instinkte nicht kontrollieren."
Ron, der sich fast beruhigt hatte, sprang wieder los, und wieder musste er von McGonagall zurückgehalten werden.
"Draco", sagte Severus sanft. "Das reicht."
Draco nickte und lehnte sich an den bequemen Sessel in dem Severus saß.
Dumbledores Augen wanderten nachdenklich von den beiden zufriedenen Slytherins zu den sich windenden Gryffindors und wieder zurück. Ja, Severus stand seinen Slytherins nahe, vielleicht näher als Sprout den Hufflepuffs, aber er hatte noch nie zuvor gesehen, dass sich jemand so an ihn lehnte. Er musste Severus einmal danach fragen.
"Nun gut. Ich glaube 5 Punkte Abzug für jeden von euch reichen als Strafe", erklärte er endlich. "Minerva, bitte bring Mr. Weasley zu Poppy. Er scheint etwas zu hinken, und das kann nicht angenehm sein. Severus, wenn du Mr. Malfoy im Augenblick bitte woanders hinbringen könntest. Ich denke nicht, dass es gut wäre, wenn sie im Augenblick im selben Zimmer sind. Was habt ihr heute als erstes, Jungs?"
"Tränke", antworteten Draco, Ron und Severus gleichzeitig.
"Oh", war alles das Dumbledore darauf einfiel.
Er sah Severus an, der so ruhig wie immer zu ihm zurückblickte.
"Doppelstunde", erklärte der Tränkemeister. "Den ganzen Vormittag."
Einen Augenblick lang sahen sich Direktor und Tränkelehrer nur an, und Draco fragte sich, ob sie sich telepathisch unterhielten.
"Nun, danke für das Frühstück, Albus", unterbrach Severus endlich die Stille. "Aber ich denke unter diesen Umständen ist es vielleicht besser wenn wir unser Gespräch ein andermal beenden. Komm mit, Draco. Ich denke ich habe einen Trank um deine Lippe zu heilen, und wir sollten auch Hugin füttern."
Als sie alle weg waren, lehnte sich Albus in seinem Stuhl zurück und seufzte. Nun musste er einen Weg finden, Severus wieder alleine zu treffen, bevor er heute ging um sich mit seinen Spionen zu treffen, und er war nicht einmal sicher, ob Snape beim Mittagessen da sein würde.
Er hatte Severus' Stundenplan absichtlich so angeordnet, dass er den ganzen Mittwoch Nachmittag frei für Spionagearbeit hatte, aber das bedeutete, dass er ihm vor der ersten Stunde am Mittwoch Morgen sagen musste, welche Nachrichten er seinen Spionen bringen sollte. Er konnte nicht riskieren, ihm die Informationen per Eule zu schicken. Ihm gefiel nicht einmal der Gedanke daran, sie aufzuschreiben, aber es sah aus als wäre das gerade die einzige Lösung.
Warum hatte er nur nicht daran gedacht, Minerva zu sagen, dass er Mittwoch morgens nicht gestört werden wollte und warum hatte er nicht daran gedachte, Severus eine weniger unruhige Klasse zu geben bevor er los musste, um sein Leben zu riskieren? Severus' Anspannung vor seiner Mission würde die Stunde für die 5. Klässler aus Gryffindor noch schwerer machen, und die Spannungen zwischen Gryffindors und Slytherins würden es für Severus schwer machen, die Klasse zu kontrollieren, was bedeutete, dass er recht erschöpft sein würde, bevor er auch nur das Schloss verließ.
'Ich hätte ihm die zweite Klasse Ravenclaw/Hufflepuff geben sollen, die sind brav und er kann Zweitklassentränke im Schlaf unterrichten.'
Dafür war es jetzt aber zu spät.
In der Tat wurde es ein sehr schlechter Morgen für die meisten Gryffindors.
Harry Potter schleppte die Büchertaschen seiner besten Freunde mit seiner eigenen in die Kerker hinunter und sah, dass Hermine schon da war als er ankam. Von Ron fehlte jeder Spur. Es war besonders besorgniserregend, da er wie immer gerade rechtzeitig vor Stundenbeginn gekommen war und Draco Malfoy anwesend war und keine Spur einer aufgeplatzten Lippe mehr zeigte.
Er schaffte es, ein paar besorgte Blicke mit Hermine zu tauschen, aber er hatte keine Zeit um zu erklären was mit Ron passiert war. Er dachte daran, ihr die Geschichte zuzuflüstern wenn sie ihre praktische Arbeit begannen, aber Snape begann die Stunde damit, Lavender und Parvati je 20 Punkte abzuziehen weil sie sich unterhielten.
Nein, besser nichts riskieren.
Als Harry seinen Aufsatz abgab, öffnete ihn Snape sofort.
"Das sieht noch schlimmer aus als der, den Sie auf Muggelpapier geschrieben haben, Potter", erklärte ihm Snape zur Erheiterung der Slytherins.
Etwas später, als sie angefangen hatten, ihre neue Aufgabe zu brauen, nahm Snape die Aufsätze wieder heraus.
"Es wird Sie vielleicht interessieren, Potter, dass Ihr Aufsatz nicht einmal ansatzweise richtig ist. Sagen Sie mir bitte, um welchen Trank geht es hier?"
"Das Gegengift", sagte Harry schnell. Wie hieß es schnell wieder? Er konnte sich einfach nicht erinnern.
"Welches Gegengift genau?", fragte Snape.
"äh... das das Sie uns am Montag beigebracht haben."
Snape sah ihn wieder finster an.
"Ich bin nicht sicher was es war. Ich.. äh… ich meine."
"So, Sie sind nicht sicher." Snape schnurrte fast. "Ich schätze, das muss stimmen, da Ihr Aufsatz sich auch nicht sicher ist, von welchem Trank er handelt."
Harry zuckte zusammen. "Ich habe mein Bestes gegeben, Sir."
"Ah, denken Sie, dass Sie weniger Talent für Zaubertränke haben als Mr. Longbottom hier?", fragte Snape mit seidiger Stimme als Ron endlich eintrat.
Harry sank erleichtert zurück auf seinen Stuhl, nun würde Snape damit beschäftigt sein, seinem besten Freund Punkte abzuziehen und vergessen, ihn zu foltern.
"Ah, Mr. Weasley." Snape wandte seine Aufmerksamkeit in der Tat Ron zu. "Wie lange dauert es, eine kleine Verletzung an Ihrem Bein zu behandeln?"
"Madame Pomfrey war mit einer Erstklässlerin beschäftigt, die sich das Handgelenk verstaucht hatte und nicht aufhören wollte zu weinen", erklärte Ron. "Sie hat mir gesagt, ich könnte solange warten."
"Oh, dann dachten Sie also, Sie könnten es sich leisten, soviel von meinem Unterricht zu versäumen?", fuhr Snape gnadenlos fort. "Einer Stunde, in der Sie im Augenblick der schwächste Schüler sind. Nun, Ihre Aufgabe steht an der Tafel. Sie werden versuchen müssen, vor Ende der Stunde fertig zu werden, sonst fallen Sie wieder durch.
Ron wurde tiefrot aber er widersprach nicht. Stattdessen nahm er seinen Kessel und ging an die Arbeit.
"Nun, Mr. Potter?", fragte Snape unerwartet.
"Sir?" Harry sah nervös auf. Was wollte Snape jetzt?
"Bevor Mr. Weasley uns unterbrochen hat, habe ich Sie etwas gefragt, Potter", hakte Snape nach. "Eine Frage, die Sie noch immer nicht beantwortet haben. Denken Sie, dass Sie weniger Talent haben als Mr. Longbottom, Potter?"
"Nein, Sir. Ich meinte, ich will Neville nicht beleidigen oder so, aber ich bin besser als er."
"Ah, dann denken Sie, dass Sie im Zaubertränkeunterricht besser sind als Mr. Longbottom", wiederholte Snape. "Sehen wir mal. Sie haben es am Montag nicht geschafft, Ihre Aufgabe zu beenden, während Mr. Longbottom es geschafft hat. Es war zwar gerade noch rechtzeitig, aber er hat es geschafft, und Sie nicht einmal ansatzweise. Ich habe Ihnen beiden denselben Aufsatz aufgegeben um Ihre Note zu verbessern. Mr. Longbottom hat den seinen schon abgegeben. Er war detailliert und korrekt, wenn auch ungenau bei einigen Einzelheiten. Dennoch war er gut geschrieben und zeigte deutlich, dass Mr. Longbottom sich angestrengt hatte, gut zu arbeiten. Wenn man dazu bedenkt, dass sein Trank fast ganz richtig war, habe ich seine erste Aufgabe in diesem Jahr mit 2 benotet."
Als Neville vor Freude quietschte, brachen die Slytherins wieder in Gelächter aus, und Seamus Finnegan flüsterte: "Ich gratuliere dir, Neville", was Snape ungewohnter Weise durchgehen ließ, indem er Seamus nur einen Blick zuwarf.
"Der berühmte Harry Potter aber, der anders als Mr. Longbottom mit einem Fünfer angefangen hat, hat… nun, er hat Pergament beschmiert und das dann einen Aufsatz genannt. Es sieht mir eher nach Notizen aus, die beim Nachschlagen gemacht wurden. Der erste Teil scheint eine allgemeine Übersicht über das Brauen von Gegengiften zu sein, dann berührt er Schlaftränke, und das Ende ist vielleicht wieder über Gegengifte, aber es ist ungenau genug und könnte auch über Tränke zum Haarewachsen sein, oder vielleicht über einen Insektenvernichtungstrank", fuhr Snape gnadenlos fort. "Ich fürchte, ich werde auf diesen 'Aufsatz' einen Fünfer geben müssen und wenn 5 und 5 zusammen kommen sind sie, fürchte ich, durchgefallen, während Mr. Longbottom einen 2er hat, Potter. Also, ich frage mich, welcher von euch besser im Zaubertränkeunterricht ist."
Harry machte sich so klein er konnte und versuchte, Snape zu ignorieren. Er würde einmal aufhören müssen, oder?"
Ein Klopfen an der Tür rettete ihn wieder, und dieses Mal kam Dumbledore herein. Er hatte etwas dabei, das verdächtig nach einem Muggeltaschenbuch aussah. Ein kleines Stück Pergament schien als Lesezeichen zu dienen, und bewies, dass der Direktor oder zumindest irgendjemand in der Tat darin las.
"Ah Severus, Ich bin nur gekommen um zu sehen ob es noch Probleme mit Mr. Malfoy und Mr. Weasley gibt", sagte Dumbledore, wobei er zu Snapes Tisch ging und geistesabwesend mit den Buchseiten spielte. "Oh, ist das geriebenes Einhornhorn?" Er beugte sich über den Tisch um einen der Behälter zu nehmen. "Ich hatte keine Ahnung, dass ihr es schon in der 5. Klasse benutzt."
"Ich denke, ich habe Ihnen gesagt, dass es in einigen Erstklassentränken benutzt wird", erklärte Snape ruhig.
"Ah, nun, man kann es einem alten Mann wie mir nicht vorwerfen wenn er vergesslich ist." Dumbledore stellte den Behälter wieder hin und nahm sein Buch. "Nun, schönen Tag noch, Severus."
Niemand merkte, dass das kleine Lesezeichen weg war.
Severus sah Harry noch einmal an, dann setzte er sich um die anderen Aufsätze anzusehen. Er stellte den Behälter mit dem geriebenen Horn schnell richtig hin, dann nahm er Lavender Browns Aufsatz.
"Nun, Sie haben noch eine halbe Stunde für Ihre Tränke", erinnerte er seine Schüler.
Niemand sah, wie er das kleine Stück gefaltetes Pergament aufhob und einsteckte, das auf Lavenders Aufsatz lag.