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Teil 1: Schulzeit in Hogwarts
Remus saß mit seinen Freunden Sirius, James und Peter am Tisch der Gryffindor.
Es war der erste September und der Beginn eines neuen Schuljahres in Hogwarts. Mittlerweile das dritte der vier Freunde.
"Bin mal gespannt, wie viele dieses Jahr wieder zu uns kommen?" fragte Sirius, als die Tür zur großen Halle aufging und die neuen paarweise einmarschierten.
"Ja, ich hoffe mehr wie letztes Jahr, das war ja eindeutig ein Reinfall", meinte James.
Im letzten Jahr waren von dem sprechenden Hut nur drei Schüler nach Gryffindor gesteckt worden. Die meisten waren in Slytherin gelandet. Das ging sogar soweit, daß sie dort Platzmangel bekamen und ein paar der damaligen Erstkläßler in Schlafsäle der Älteren verfrachtet wurden. Das hatten sie zumindest gehört.
Inzwischen waren alle vorne angekommen und verteilten sich zu zwei Seiten um den Stuhl mit dem sprechenden Hut darauf.
Wie jedes Jahr wurde nun den Neuen erklärt, was passieren würde.
Remus blickte ganz gespannt nach vorne. Sein Blick war auf ein ganz bestimmtes Mädchen gerichtet. Sie stand von ihm aus gesehen auf der linken Seite. Sie hatte dunkelblonde Haare, die zu einem Zopf geflechtet waren. Ihre Nervosität konnte Remus sogar bis zu sich spüren.
"Frances Brown" wurde als erstes aufgerufen. Es schien, als würde sich das vom vergangenen Jahr fortsetzen, denn Brown wurde, wie Craig Burton und seinen Beiden Nachfolger, Dana Challenger und Hildegard Hanson, nach Slytherin gesteckt. Alle vier Mal war ein lautes Grölen vom Slytherin Tisch zu hören.
"Alcyone Hide", hörte Remus und blickte noch aufmerksamer nach vorne.
Er sah, wie sie sich (immer noch total nervös) auf dem dreibeinigen Stuhl niederließ und der viel zu große Hut auf ihren Kopf gesetzt wurde.
Bitte laß sie zu uns kommen, flehte Remus innerlich.
Jetzt war auch er angespannt. Die Sekunden schienen, wie damals bei ihm, als er den Hut aufgesetzt hatte, einfach dahinzuschleichen, bis er endlich das erlösende Wort hörte.
"Gryffindor!" schrie der Hut, gefolgt von einem lauten Grölen um ihn herum, so daß Remus Erleichterung von einer Sekunde zur nächsten in ein erschrecktes Zusammenzucken überging.
"Seit wann denn so schreckhaft?" scherzte James, dem offensichtlich seine Reaktion nicht entgangen war.
Remus grinste ihn als Antwort an.
Alcyone hatte inzwischen den Hut wieder abgenommen und war auf dem Weg zum Gryffindor Tisch. Remus schenkte ihr einen (für die anderen hoffentlich unbemerkten) freudigen Blick, der ihr signalisieren sollten, daß sie sich zu ihm sitzen solle.
Nachdem sie anscheinend verstanden hatte, wandte er sich seinen Freunden zu. "Na endlich kommt jemand zu uns".
"Ja, sie sieht nett aus", sagte Sirius.
Die anderen pflichteten ihm bei.
Alcyone war inzwischen bei Remus angekommen und hatte sich schon links neben ihm hingesetzt.
"Willkommen in Gryffindor", sagte James, der mit Peter den beiden anderen - und somit auch Alcyone - gegenüber saß.
"Danke", sagte sie. "Ich bin Alcyone Hide".
"James Potter. Und das neben mir ist Peter Pettigrew. Neben Dir, das ist Remus Lupin und sein Nachbar ist Sirius Black".
Sie lächelten Alcyone zu.
Remus machte einen leisen, erleichterten Seufzer, denn offensichtlich hatte niemand etwas bemerkt.
Inzwischen waren schon einige andere verteilt worden, aber erst Kathryn March wurde ebenfalls nach Gryffindor gesteckt. Insgesamt befanden sich nach der Verteilung zehn neue Schüler in Gryffindor. Sechs Jungs und vier Mädchen.
Wie viele in die anderen Häuser kamen, hatten die vier nicht mitbekommen, weil sie viel zu sehr damit beschäftigt waren, ihre Neuen Willkommen zu heißen.
Nach dem ausgiebigen und reichlich umfangreichen Festessen machten sich alle auf den Weg in ihre Schlafräume.
"Morgen Al", begrüßte Remus sie und lies sich ihr gegenüber am Frühstückstisch nieder.
Er war als erster aufgestanden. Außer ihm und Alcyone waren nur noch ein paar wenige Andere am Tisch, die aber etwas entfernt von ihnen saßen. Auch an den anderen Tischen sah es nicht voller aus.
Er griff in den Korb, der vor ihm stand und nahm sich einen Toast heraus.
"Sag mal, hast Du Deinen Freunden eigentlich irgend etwas erzählt?" fragte sie ihn plötzlich.
Remus strich sich Butter auf seinen Toast und schüttelte den Kopf. "Nein. Sie haben keine Ahnung. Aber ich fühle mich nicht gut dabei. Sie erzählen mir ja auch alles. Wir haben keine Geheimnisse voreinander". Er dachte daran, wie sie herausgefunden hatten, daß er ein Werwolf war. Sie hatten damals ganz anderes reagiert als er vermutet hatte. Nachdem sie es wußten, hatte er angst, sie würden nie mehr mit ihm sprechen, aber das genaue Gegenteil war eingetreten. Sie waren die allerbesten Freunde geworden und hatten es niemanden erzählt. Er vertraute ihnen vollkommen.
Alcyone legte ihre Hand auf seine. "Du mußt tun, was Du für richtig hältst. Sie scheinen wirklich sehr nett zu sein".
"Es sind die besten Freunde, die ich je hatte", sagte Remus und entzog seine Hand der ihren, was lediglich dazu diente, daß er essen konnte.
"Das hast Du auch verdient".
"Danke, Al", sagte Remus und biß in seinen Toast.
Sie schenkte ihm ein Lächeln und tat es ihm gleich.
Wenige Minuten später trudelte der Rest der Clique ein und sie nahmen gemeinsam das Frühstück ein.
Drei Tage später verließ Remus die Krankenstation. Es war Vollmond gewesen und er hatte nach seiner Rückverwandlung wie jedes Mal in der Krankenstation gelegen. Seine Freunde hatten ihn abgeholt, worüber er sich sehr freute Jetzt war er wider relativ fit und sie machte sich auf den Weg in den Gemeinschaftsraum, damit Sirius und James ihm den verpaßten Lehrstoff vermittelt zu bekommen. Das war eine gewohnte Prozedur, die jedes Mal gleich ablief und glücklicherweise den gewünschten Erfolg brachte. Remus hing in keinem Fach nach.
"Bis zum nächsten Mal", sagte Remus als er schon in der Tür stand und wartete keine Antwort von der Krankenschwester ab.
Nachdem sie ein paar Gänge entlang gelaufen waren, hörte er plötzlich bekannte Stimmen.
"Na Kleine, hast Du Sich verlaufen?" Das war eindeutig die Stimme von Lucius Malfoy. Das Gekicher, das folgte, gehörte ohne Zweifel seiner Anhänger.
Remus beschleunigte seine Schritte und bog um die Ecke. Egal, um wem es sich handelte, Remus wollte ihr helfen.
Es war Alcyone. Malfoy und seine Meute hatten sie umstellt, so daß sie gefangen war und schauten sie allesamt hämisch an.
Es war allgemein bekannt, daß die Erstkläßler sich immer wieder verliefen, ehe sie alle Tücken des Schlosses kannten und schließlich auch immer den Weg fanden. Er erinnerte sich, selbst zu Beginn Probleme gehabt zu haben.
"Was soll das Malfoy?" herrschte er ihn an.
"Aa Lupin. Wieder gesund? Was war es diesmal? Schlammfieber?"
Remus ging darauf erst gar nicht ein und tat so, als hätte er das nicht gar nicht gehört.
"Laß sie gehen".
"Ach, spielt man heute den Ritter in schimmernder Rüstung, der das gefangen Burgfräulein rettet?"
Alle bis auf Alcyone und Remus lachten.
Inzwischen tauchten auch Sirius, James und Peter auf, die Remus schnellen Schritten diesmal einfach nicht folgen konnten und deshalb etwas später eintrafen.
"Ach nein, da kommt ja der Rest der Ritter! Alleine schaffst Du es wohl nicht, was Lupin?"
Remus wurde langsam sauer und trat einen Schritt auf Malfoy zu. "Ich hab gesagt, Du sollst sie gehen lassen!" sagte er wütend und ballte eine Hand zur Faust.
"Was willst Du machen, mich schlagen?" lachte Malfoy höhnisch
"Wenn es nötig ist!"
"Remus bitte", hörte er Alcyone ruhig sagen. "Das führt doch nur dazu, daß Du von der Schule verwiesen wirst!"
"Er hätte es verdient". Seine Worte waren an Alcyone gerichtet. "Niemand hat so mit Dir umzugehen!" Inzwischen war sein Beschützerinstinkt voll im Gange.
Malfoys hämisches Grinsen wurde breiter. "Oh guckt mal. Ich glaube Lupin hat eine Freundin. Ehrlich gesagt, sie ist doch viel zu hübsch für Dich. Aber da sie eh so eine dreckige Gryffindor ist, sollst Du sie haben!" Malfoy versetzte Alcyone einen Schubs. Zwei von Malfoys Gefolge traten augenblicklich einen Schritt zur Seite, so daß Alcyone direkt in Remus Arme fiel. Er fing sie sanft auf.
"Oh, die Liebenden sind wieder vereint", höhnte Malfoy und verschwand mit den anderen Slytherins. Ihre dreckigen Lachen waren noch einige Sekunden zu hören.
"Was ist passiert?" fragte Remus Alcyone.
Sie löste sich von seinen Armen und berichtete. "Ich habe den Weg zum Gemeinschaftsraum nicht gefunden. Da bin ich dem da über den Weg gelaufen". Sie deutete in die Richtung, in der Malfoy verschwunden war. "Ich habe ihn höflich nach dem Weg gefragt und dann fing er an zu lachen, quasselte irgendwas von doofen Gryffindors, befahl den Anderen, die bei ihm waren, mich zu umstellen und fuhr wieder mit seinen abwertenden Äußerungen über Gryffindor fort. Er fand das wohl sehr lustig".
"Malfoy findet alles lustig, solange er uns ärgern kann". Sagte James. "Am Besten hältst Du Dich in Zukunft fern von ihm".
Alcyone nickte.
Danach machten sich die fünf auf den Weg in den Gemeinschaftsraum. Während Alcyone in ihren Schlafsaal ging, drängten James und Sirius Remus dazu, ein paar Fragen zu beantworten. Peter hatte sich ebenfalls verabschiedet. Er müßte noch an seinem Aufsatz für Verwandlung arbeiten.
Die drei suchten sich schließlich eine ruhige, ungestörte Ecke.
"Was?" fragte Remus seine Freunde, die ihm Gegenüber saßen und ihn mit sehr fragenden Blicken ansahen.
"Malfoy hat da vorhin eine sehr interessante These aufgestellt." meinte James.
"Ach ja. Welche denn?"
"Tu nicht so scheinheilig, Remus. Du weist was wir meinen". Diesmal hatte sich Sirius zu Wort gemeldet.
"Nein, ich weis es ehrlich nicht".
James und Sirius mußten lachten. "Müssen wir so direkt werden?" fragte James, der jedoch nicht auf eine Reaktion von Remus wartete, sondern einfach weiter redete. "Du und Alcyone. Ich meine, ihr verbringt schon ziemlich viel Zeit miteinander".
"Und Du gehst mit ihr ziemlich vertraut um".
Remus blickte seine Freunde schweigend an.
"Na komm schon, Remus. Als Malfoy sie vorhin umzingelt hatte, da hast Du Dich aufgeführt wie noch nie zuvor". James blickte Remus direkt in die Augen. "Hat er vielleicht Recht mit seiner Annahme, daß sie Deine Freundin ist?"
Jetzt mußte Remus lachen.
"Freunde, ich bitte euch. Glaubt ihr im Ernst, daß sie meine Freundin ist? Sie ist elf Jahre alt und außerdem". Er brach mitten im Satz ab.
"Was außerdem?" fragte Sirius.
Remus schwieg.
"Remus, Du kannst es uns sagen. Wir haben uns doch geschworen, keine Geheimnisse mehr zu haben!" Sirius sah ziemlich ernst aus.
"In Ordnung", sagte Remus und stand auf.
"Was hast Du vor?" fragte James.
"Was wohl? Ich hole Al. Es geht ja schließlich auch um sie."
Remus lief in die Richtung, in die Alcyone vorhin verschwunden war und bemerkte nicht, wie James und Sirius ihm fragend nachschauten.
Remus war noch nie in der nähe der Mädchenschalfräume gewesen. Der Aufgang unterschied sich nicht von dem zu seinem Schlafsaal und schien auf etwa gleicher Höhe zu sein. Auf einem Schild an der Tür stand 1. Remus wußte, daß er richtig war und klopfte.
"Ja?" hörte er eine weibliche Stimme sagen. Er war sich sicher, daß es Alcyone war.
"Ich bin's, Remus: Al könntest Du mal bitte raus kommen?"
Er hörte Schritte und die Tür wurde geöffnet. Vor ihm stand Alcyone.
"Was ist los?" fragte sie ihn.
Aus Neugier versuchte Remus einen Blick in ihr Zimmer zu erhaschen, aber sie hatte sich geschickt in Tür gestellt, so daß Remus nichts erkennen konnte.
"Du mußt mit in den Gemeinschaftsraum kommen. Ich hab da ein kleines Problem mit Sirius und James".
Sie nickte, trat raus und folgte ihm in den Gemeinschaftsraum.
James und Sirius saßen immer noch auf den gleichen Stühlen, wie vorhin.
Remus und Alcyone setzten sich ihnen gegenüber hin.
Einige Sekunden herrschte Schweigen zwischen den vier, bis Remus dieses schließlich brach.
"Also gut. Ihr wollt eine Erklärung und ich gebe sie euch!"
Drei Augenpaare waren auf Remus gerichtet. Remus Blick jedoch glitt zu Alcyone und als er sah, daß sie nickte, fuhr er fort.
"Al und ich, wir sind ganz sicher kein Liebespaar, auch wenn ich euch gestehen muß, daß ich sie liebe."
James und Sirius blickten sich kurz gegenseitig an, als ob sie meinten, im Gesicht des anderen den Sinn von Remus Aussage zu finden. Natürlich hatte keiner von Beiden auch nur den Schimmer einer Ahnung, was Remus sagen wollte und blickten schließlich wieder zu ihm. Es waren drängende Blicke und Remus fand, daß er Klartext reden sollte, und nicht um den heißen Brei herum. Doch bevor er weiter sprach schaute er sich im Gryffindor Gemeinschaftsraum, um sicher zu gehen, daß niemand, den es nichts anging, zuhörte. Es saß niemand auch nur annähernd nah genug bei den vier, daß er etwas mitbekommen sollte. Es sein denn, daß James oder Sirius gleich irgendeine laute, offenkundige Reaktion von sich geben würde. Er beschloß, diesbezüglich auf Nummer sicher zu gehen.
"Ihr müßt mir versprechen, keine lauten Äußerungen zu machen. Das geht niemand etwas an. Verstanden?"
Ein Nicken von zwei Personen kamen zur Bestätigung.
Peter atmete tief durch und blickte noch mal kurz zu Alcyone. Sie schien ganz ruhig zu sein. Er bewunderte sie deswegen. Sie wußte auch nicht, wie es war, seinen besten Freunden, denen er geschworen hatte, immer alles zu sagen, trotzdem etwas zu verheimlichen. Er hatte keine Ahnung, wie sie diesmal reagieren würden. Er hoffte, gut.
"Also", begann er, so ruhig und langsam wie er konnte. Doch dann beschloß er, es einfach zu sagen, was er auch tat. "Al ist meine Schwester!"
James und Sirius fielen die Kinnlade herunter.
Remus begann den Beiden die ganze Geschichte zu erzählen. "Al ist meine einzige Schwester und sie sollte natürlich auch eine Chance auf eine gute Ausbildung bekommen. Unsere Eltern sprachen mit Dumbeldore darüber, als es auch um mich ging, damals. Dumbeldore war einverstanden und meinte, es wäre besser für sie, wenn sie nicht unter ihrem richtigen Namen hier wäre. Wegen dem, was sich bin, versteht ihr?"
James und Sirius, immer noch total überrascht, brachten ein Nicken zustande.
"Hide ist der Mädchenname unserer Mutter", erklärte Alcyone, die ihrem Bruder nur helfen wollte.
"Ist Alcyone auch ein Deckname?" fragte James, der als erster wieder zu seiner Stimme gefunden hatte.
Alcyone schüttelte den Kopf. "Dumbeldore fand es unsinnig, wenn ich einen komplett anderen Namen annehmen würde. Er war sich sicher, daß keiner auf die Idee kommen würde, Nachforschungen über mich anzustellen."
"Malfoy vielleicht" sagte James.
"Der ist doch viel zu blöd dazu!" meinte Sirius.
"Das Ganze dient nur zu Als Schutz", erklärte Remus weiter. "Wenn jemals jemand herausfinden sollte, daß ich ein Werwolf bin, wißt ihr ja was passiert. Viele Eltern würden wollen, daß ich von der Schule gehe, sie könnten ja schlecht ihre Kinder mit einem Werwolf zusammen zur Schule gehen lassen. Das würde dann vermutlich weitergehen. Einige würden sicher behaupten, Al sei auch ein Werwolf, weil sie meine Schwester ist und dann müßte sie auch gehen, obwohl sie natürlich keiner ist. Versteht ihr. Wenn ich also jemals wegen meiner Krankheit von der Schule fliegen sollte, kann sie wenigstens hier bleiben. Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn meinetwegen ihr Leben versaut wird. Ihr müßt verstehen, ich habe zu Al ein verdammt gutes Verhältnis. Sie war als ich kleiner war, so ziemlich das einzige Kind, das mit mir gespielt hat!"
Remus mußte kurz an seine frühe Kindheit denken, nachdem er gebissen wurde. Die Lupins zogen an einen sicheren, abgeschiedenen Ort, so daß Remus dort in Sicherheit war, und sein Geheimnis nicht wie ein Lauffeuer verbreitet wurde. Seine Schwester war damals wirklich die einzige Person, die er hatte - seine Eltern ausgenommen.
"Das erklärt natürlich alles", sagte James.
"Kein Wunder, daß Du Dir so viele Sorgen um sie machst und ständig mit ihr zusammensitzt, wenn es Gelegenheit dazu gibt". Sirius grinste plötzlich. "Da brauchst Du Dich aber nicht wundern, wenn irgendwann mal solche Mutmaßungen wie von Malfoy vorhin, auch von anderen aufgestellt werden".
Daraufhin mußten alle vier plötzlich lachen.
"Irgendwie habe ich mir auch schon oft gedacht, daß sie Dir irgendwie ähnlich sieht", sagte James, nachdem sich alle wieder gefangen hatten.
"Findest Du wirklich? Ich finde, sie ist viel schöner als er" meinte Sirius, worauf alle lachten, bis auf Alcyone, die leicht errötet und verlegen zur Seite schaute.
Remus hatte es bemerkt, grinste und dachte bei sich ‚Typisch Sirius'.
Dann wurde er wieder ernst.
"Ihr müßt mir versprechen, daß keinem zu erzählen. Peter werde ich es bei einer günstigen Gelegenheit erzählen. Aber außer euch drei darf es unter keinen Umständen jemand anderes erfahren. Habt ihr mich verstanden.
Sirius und James nickten synchron.
Remus war erleichtert. Seine Freunde hatten ihm keine Sekunde lang irgendwelche Vorwürfe gemacht. Peter erfuhr es später am Abend noch und auch er machte Remus keinerlei Vorwürfe. Vom nächsten Tag an wurde es nie wieder erwähnt. Alcyone wurde eine sehr gute Freundin von allen vier. Sie war jedoch nie an einem Streich der vier beteiligt. Sie bekam zwar oft genug mit, wenn die vier Jungs etwas planten, verlor jedoch nie ein Wort darüber. Sie konnte immer zu ihnen gehen, wenn sie Probleme in einem Unterrichtsfach hatte. Außer Kräuterkunde, in dem sie wirklich die Beste war (fast sogar besser wie James, Sirius und Remus) war sie eher durchschnittlich. Sie waren wirklich eine große Familie die fünf, wenngleich es den anderen kaum auffiel, da Alcyone sich im wesentlichen eben doch von ihnen unterschied und es allgemein bekannt war, daß alle Gryffindor sich gegenseitig halfen und die vier Freuden bei allen anderen beliebt waren - und von den Slytherin gehaßt.
Alcyone half ihnen sogar dabei, sich für den Animagus Zauber vorzubereiten, wenngleich sie es auch strikt ablehnte, daran teilzunehmen.
"Nein Remus" sagte sie entschieden, als er sie fragte, ob sie mitmachen wollte. Er hatte zufällig davon erfahren, daß sie dies vorhatten .Er wollte natürlich nicht, daß sie wußten, daß er es weis, weil er wußte, daß sie angst hatten, sie könnten bei dem schwierigen Zauber scheitern aber, wenn seine Schwester es auch machen wollte, dann würde er mit ihnen reden.
"Erstens ist das eine Sache zwischen euch vier. Ich möchte mich nicht weiter in eure Männerfreundschaft rein drängen, als ich es ohnehin schon tue".
"Du drängst Dich da sicher nicht rein", sagte Remus sanft. "Du weist, daß sie dich mögen und so oft sind wir ja auch nicht zusammen. Ist Dir schon aufgefallen, daß es Tage gibt, an denen wir uns gar nicht sehen?"
"Natürlich Remus. Das ist auch gut so. E ist ja nicht so, daß sie mich nicht gefragt hätten. Gestern hat James mich gefragt, ob ich mit machen will und ich habe ihm auch schon gesagt, daß ich es nicht will. Im Übrigen solltest Du es gar nicht wissen!"
James winkte ab. "Ich weis. Du sagst ihnen aber nichts, ja?"
"Natürlich nicht. Nun weiter im Thema. Was ich sagen wollte: Du sollst Deinen Spaß mit Deinen Freunden haben. Ihr vier seit wie füreinander geschaffen. Wenn hier immer Geschichten über eure Streiche gegen die Slytherins erzählt werden, kommt das am besten raus. Es ist, als würde nicht von vier Personen die Rede sein, sondern von einer. Das seit ihr. Eine Person. Da gehöre ich nicht dazu".
"Das hört sich ja fast so an, als denkst Du, Du gehörst nicht zu uns!"
Alcyone lächelte ihren Bruder an. "Das habe ich noch kein einziges Mal gedacht. Und du überraschst mich sehr, Remus. Ich dachte Du kennst mich?"
"Das tue ich auch!" verteidigte er sich.
"Na dann solltest Du wissen, daß ich nie etwas illegales tun werde. Deine Freunde wollen doch illegale Animagi werden, das habe ich doch richtig verstanden?"
Remus nickte.
"Wenn ich jemals Animagi sein sollte, dann lasse ich mich registrieren!"
"Oh Al", sagte Remus mit einem Grinsen. "In dem Du ihnen schon dabei geholfen hast, hast Du was illegales getan!"
Alcyone machte ein böses Gesicht. "Das ist gemein. Du drehst mir ja das Wort im Mund herum".
Jetzt fing Remus richtig an zu lachen.
"Außerdem ist das gar nicht der einschneidende Punkt mein Lieber".
"So, welcher dann?" Remus lachte immer noch.
"Wie ich schon sagte: Es gibt da etwas zwischen euch vier, zu dem ich einfach nicht gehöre".
Remus wollte sie gerade unterbrechen, aber sie war schneller wie er. "Laß mich ausreden. Und ich will auch gar nicht dazugehören. Ich weis, daß Du meinst, Du mußt mich beschützen, aber ich bin langsam alt genug, zu wissen, was ich tue und ich hab auch noch andere Freunde. Natürlich betrachte ich auch James, Sirius und Peter als gute Freunde, aber in erster Linie sind es Deine und wie ich schon vorher sagte, ihr seit eine Einheit. Diese Einheit darf nie zerstört werden. Wir sollten unsere Freundschaft so lassen, wie sie ist".
Remus begriff, was seine Schwester meinte. Er und die anderen hatten eine Verbindung, die einmalig war. Alcyone wußte, wie kostbar die war, und das es eine Gefährdung wäre, wenn sie sich dort hinein drängen würde oder (wie er es gerade fast getan hätte), hinein gedrängt
Er lächelte sie an. "Al, Du bist einfach klasse!"
Sie grinste verschmitzt. "Ich weis. Ich weis".
"Auch wenn Du jetzt bei der Sache nicht mitmachen willst, werde ich Dir dennoch sagen, wenn es geklappt hat!"
"Das hoffe ich doch sehr!"
Nach dieser Aussage von Alcyone verlor Remus nie wieder ein Wort darüber, solange, bis es seinen drei Freunden in ihrem fünften Jahr endlich gelungen war, Animagi zu werden. Remus erzählte es seiner Schwester, die sich sehr für ihn, aber auch für die anderen freute. Sie schwor, sie ein Wort darüber zu verlieren und wollte auch gar nicht wissen, welche Gestalt sie annahmen. Auf die Frage von Remus, warum nicht, meinte Alcyone nur: "Aus Sicherheitsgründen, man weis ja nie". Danach wurde nie wieder darüber gesprochen.
"James war heute wieder ausgesprochen gut!"
Remus und Sirius hatten etwas bei James Quidditchtraining zugesehen. Nach zwei Stunden waren sie es allerdings leid und machten sich auf den Weg zurück ins Schloß um an der Hausaufgabe in Kräuterkunde weiterarbeiten.
"Wir könnten doch Al fragen, ob sie sie uns macht", schlug Sirius vor. "Dann wäre sie bestimmt perfekt".
Remus schaute seinen Freund ernst an, aber als dieser zu lachen anfing, mußte er dies unweigerlich auch tun.
Seine Schwester, im dritten Jahr, war eine echte Koryphäe auf dem Gebiet der Kräuterkunde. Nicht selten ließen sie sich von ihr ihre Hausaufgaben durchlesen oder holten sich Ratschläge, während sie ihr dafür bei anderen Fächern halfen.
"Wir müssen uns übrigens noch etwas für sie ausdenken, sie hat doch Montag Geburtstag".
"Stimmt", sagte Sirius. "Wird sie auch schon 14 Jahre alt. Obwohl, eigentlich benimmt sie sich ja schon wie eine Erwachsene".
Remus mußte seinem Freund Recht geben. Seine Schwester war mit ihren fast vierzehn Jahren relativ reif für ihr Alter. Das hatte er schon oft bemerkt, nicht zuletzt an dem Gespräch, daß er mit ihr wegen dem Animagus Zauber hatte.
Hast Du denn schon irgendeine Idee?" fragte Sirius.
Remus schüttelte den Kopf. "Ich weis nicht. Wir könnten Sie ja eine Woche ins Gewächshaus einsperren oder so ähnlich."
Sirius fing an zu lachen, doch Remus machte plötzlich eine Handbewegung, daß er still sein sollte.
"Was ist?" fragte Sirius.
"Ich höre Stimmen, Du nicht?"
Es herrschte kurz Stille, dann bestätigte Sirius "Ja, kommt von da drüben aus dem Gebüsch. Laß uns nachsehen".
Remus folgte wie Sirius den Stimmen, die bei jedem Schritt lauter wurden.
Langsam wurden sie immer deutlich und Remus war sich bald sicher, daß eine Snape gehörte. Er wußte, daß es vorher zwei verschieden waren, aber im Moment hörte es sich eher nahc einem unverständlichen Monolog an. Und der schien definitiv von Snape auszugehen.
Remus blieb plötzlich stehen, und Sirius tat es ihm gleich. Inzwischen hatte sich die andere Stimme wieder gemeldet und sie schienen jetzt ziemlich nah dran zu sein.
"Hast Du gehört was ich gehört habe?" fragte Sirius leise.
Remus nickte. Diese Stimme war unverkennbar. Es war Alcyone. Sie war hier irgendwo mit Snape. Was hatte das zu bedeuten? Was hatte seine Schwester mit Severus Snape am Hut? Diesen Fragen wollte er unbedingt nachgehen. Er nickte Sirius zu, der offensichtlich verstand, was Remus vorhatte.
Die Beiden schlichen sich hinter einen Busch, von dem sie glaubten, daß sie unbeobachtet Alcyone und Snape belauschen konnten. Sie hatten noch mehr Glück. Der Busch lag so günstig, daß sie einen einwandfreien Blick auf die Personen hatten, denen die Stimmen gehörten - und es waren tatsächlich und unverkennbar Alcyone und Severus. Remus konnte Beide ganz genau von der Seite betrachten und sie saßen in einem günstigen Winkel auf dem Boden, so daß er auch ihre Gesichter betrachten konnte.
Remus und Sirius machten sich ganz klein und lauschten gespannt den Worten.
"Ich muß zugeben, daß Du soeben meine Meinung über Dich total dementiert hast", sagte Alcyone zu Snape.
Dieser blickte sie (soweit Remus das erkennen konnte) lachend an. Aber es war kein falsches Lachen, wie sie es von ihm gewohnt waren, wenn er mal lachte, sondern ein ganz natürliches, ehrliches Lachen. Es verlieh Snape, der sonst so finster dreinblickte einen ganz anderen Ausdruck. Zum ersten Mal seit er Snape kannte, fand Remus, daß Snape wie ein netter Mensch aussah. Das beruhigte ihn aber keineswegs. Er begann sich Sorgen zu machen und es verstärkte sein Bedürfnis, dieses Gespräch genau zu belauschen, noch mehr.
"In wie fern?" hörte er Snape fragen.
"Nun ja, es wird ja allgemein viel über Dich geredet. Du weist schon, Severus Snape, der Junge der mehr Flüche drauf hat als jeder andere und die ganzen anderen bösen Dinge. Das ist bei uns in Gryffindor, und soviel ich weis auch in Ravenclaw und Huffelpuff eine weitverbreitete Meinung, die einem praktisch gleich aufgedrängt wird. Ständig wird einem gesagt >Halte Dich bloß von diesen Slytherin fern. Besonders von Malfoy und Snape. Die schaden Dir nur in jeder Hinsicht<."
Snape lachte wieder. "Malfoy ist ja auch ein Idiot. Aber sag ihm das nicht".
Remus blickte Sirius fragend an. Doch der schien genau so wenig zu verstehen, was da vor sich ging. Sie hatten ja auch nur Teile des Gespräches mitbekommen. Aber warum seine Schwester hier mit Snape saß und sich anscheinend prächtig unterhielt, konnte er absolut nicht verstehen.
"Keine Angst, ich rede sicher nicht mit Malfoy. Ich gehe ihm aus dem Weg. Den Rat habe ich befolgt."
"Kluges Mädchen!" sagte Snape in einem Ton, der überhaupt nicht zu Snape zu passen schien. Eigentlich hätte er etwas wie Ironie oder Gleichgültigkeit in seiner Stimme erwartet, aber es klang schlicht und einfach ernst und erleichtert. Was zur Hölle ging hier vor sich?
"Verstehst Du das?" flüsterte Sirius ihm zu. Remus drehte sich kurz zu seinem Freund, der wahrscheinlich den gleichen fragenden Ausdruck auf seinem Gesicht hatte, wie er selbst.
Remus schüttelte als Antwort den Kopf, wandte sich aber sofort wieder dem anderen Gespräch zu. Er wollte unter keinen Umständen etwas verpassen.
"Und was hat jetzt letztendlich Deine aufgedrängte Meinung über mich geändert?"
Alcyone grinste ihn an. "Hm, vielleicht weil ich jetzt den wahren Severus Snape kenne und der entspricht meiner Meinung ganz und gar nicht dem Klischee-Snape."
"Wie ist denn der wahre Severus Snape?"
Alcyone faßte sich mit ihrer linken Hand ans Kinn und musterte Severus ganz genau. Remus betrachtete sie ganz genau und konnte erkennen, wie sie angestrengt nachdachte.
"Nett, freundlich,", zählte sie kategorisch auf, "Ich würde einfach mal sagen, harte Schale, weicher Kern".
Snape errötete. Das sah, wie Remus fand, sehr lustig aus, denn auf Snapes blassen Gesicht kam die Röte ziemlich intensiv heraus und seine Wangen sahen aus, als wären sie mit dunkelroter Farbe angemalt wurden.
Das sind ja ganz neue Seiten an Snape, dachte sich Remus und grinste leicht. Snape hatte wohl zum ersten Mal in seinem Leben von einem Mädchen ein Kompliment bekommen.
Ein kurzer Blick zu Sirius zeigte Remus, das sein Freund wohl das gleiche denken mußte, denn auch er grinste vor sich hin.
Remus allerdings wurde gleich wieder ernst. Etwas an der Tatsache, daß Alcyone so mit Snape redete gefiel ihm gar nicht. Er mochte ja in seinem inneren so sein, wie seine Schwester ihn gerade beschrieben hatte, aber Remus konnte sich damit nicht abfinden. Ihm kam der Gedanke, daß Snape vielleicht eine Ahnung hätte und über Alcyone versuchte etwas herauszubekommen. Es war bekannt, daß Snape gerne herumschnüffelte, vor allem wenn es um Remus und seine Freunde ging. Ihm durfte dabei nicht entgangen sein, daß Alcyone ziemlich oft, im Gegensatz zu anderen Schülern, mit ihnen zusammen war. War dies tatsächlich eine gerissene Strategie von Snape um an gewünschte Informationen zu kommen? Wenn ja, war seine Schwester auf dem besten Weg in seine Falle zu tappen.
Remus ertappte sich bei dem Gedanken, sofort zu Alcyone und Snape zu gehen und seine Schwester von ihm wegzubringen.
Natürlich tat er das nicht, denn sein Verstand schaltete sich schnell wieder ein und der sagte ihm, daß es sowohl wie Alcyone als auch für seine Freund und vor allem für ihn üble Folgen haben könnte. So könnte Snape wirklich etwas herausbekommen oder letztendlich ganz falsche Mutmaßungen anstellen und Morgen würde dann jeder entweder wissen, daß Alcyone Hide seine Schwester war oder jeder würde glauben, sie seinen ein Liebespaar.
Das wollte Remus auf keinen Fall riskieren. Er blieb also weiterhin in seinem Versteck und hoffte, daß Alcyone vorsichtig und intelligent genug war, um nicht darauf hereinzufallen.
Er war so tief in seine Gedanken versunken gewesen, denn er hatte offensichtlich ein Teil der Unterhaltung verpaßt. Er blickte erneut kurz zu Sirius, dessen stierer Blick nach vorne keine Deutung zuließ.
Remus blickte schnell wieder zu Alcyone und Snape, in der Hoffnung, nicht viel verpaßt zu haben.
"Oh nein", hörte er Snape sagen. "So etwas würde ich nie in Gegenwart eines Mädchens laut aussprechen, auch wenn die Gerüchte umgehen, daß ich vor nichts Halt mache".
Remus ärgerte sich innerlich, daß er etwas verpaßt und nun den Zusammenhang verloren hatte. Er hätte liebend gerne Sirius gefragt, was passiert wart, aber das hätte zur Folge, daß Beide etwas verpassen würde. Das wollte er natürlich auch nicht riskieren. So hörte er in der Hoffnung, Klarheit zu erhalten, weiter zu.
"Ich kann vieles vertragen, glaub mir!"
Severus schüttelte den Kopf. Jetzt wo Du so eine hohe Meinung von mir hast, will ich sie nicht durch eine einzige Aussage wieder zunichte machen."
"Das ist nett gemeint, aber ich gebe nicht so schnell auf. Du hast mich jetzt verdammt neugierig gemacht. Und ich bestehe auf eine Antwort. Also, was hast Du so schlimmes in den letzten Weihnachtsferien angestellt, daß Du nicht laut aussprechen willst?"
Remus atmete erleichtert auf. Er hatte also nichts wichtiges verpaßt. Es ging also nur um die letzten Weihnachtsferien.
"Wie gesagt, das spreche ich nicht laut aus".
Alcyone machte ein enttäuschtet Gesicht.
"Allerdings", sagte Snape schnell, "könnte ich es Dir auch zuflüstern. Das wäre ja nicht laut!"
Alcyone lächelte. "Das stimmt".
Snape beugte sich zu ihr rüber und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Remus konnte nichts verstehen, aber einiges anhand Alcyones Gesichtsausdruck deuten. Erst schaute sie überrascht aus, dann lies sie ihre Augen rollen und schließlich brach sie in lautes Gelächter aus.
"Das nennst Du schlimm?" fragte sie ihn, während sie immer noch lachte.
"Kommt wohl auf den Blickwinkel drauf an. Meine Eltern redeten den Rest der Ferien kaum noch ein Wort mit mir. Und mein Vater hat gedroht, mir es irgendwann mit gleicher Münze heimzuzahlen."
Alcyone fing sich langsam wieder. "Ich denke, ich muß meiner Liste von vorhin noch etwa hinzufügen: Du hast eindeutig Sinn für Humor."
Remus hätte zu gerne gewußt, was Snape den angestellt hatte, daß es bei seiner Schwester so eine Reaktion hervorrufen konnte. Dieser Wunsch wurde ihm natürlich nicht erfüllt und ihm blieb nichts anderes übrig als sich in seiner Phantasie ein paar Möglichkeiten auszudenken, was er aber jetzt unterließ, um dem Gespräch uneingeschränkt folgen zu können.
Severus schaute Alcyone inzwischen völlig überrascht an.
"Du siehst aus, als hätte ich gerade etwas ganz unglaubliches gesagt."
"In der Tat. Zu mir hat noch niemand gesagt, daß ich Sinn für Humor hätte." Severus schaute plötzlich etwas traurig aus, einen Blick, den Remus ebenfalls noch nie an ihm gesehen hatte.
Alcyone schenkte ihm ein sanftes Lächeln. "Mir kommt es fast so vor, als hätte noch nie jemand überhaupt etwas nettes über Dich gesagt."
Severus Blick wurde noch trauriger, als er zur Betätigung stumm nickte und ausweichend auf den Boden blickte.
Alcyone nahm daraufhin seine rechte Hand in die ihren und drückte sie sanft. Das glaubte Remus zumindest zu erkenne.
Snape sah plötzlich wieder auf und schien direkt in Alcyones Augen zu blicken.
Remus glaubte, nein er wußte, daß auch Alcyone in Snapes Augen blickte. Wenn es eine List von Snape war, wie er vermutete, dann war es eine verdammt gute. So wie es schien hatte er ihr vollstes Vertrauen gewonnen.
"Danke", sagte Snape (es klang verdammt echt) zu Alcyone. Er beugte sich ein Stück zu ihr rüber und drückte ihr einen leichten Kuß auf die Wange, worauf Alcyone gleich errötete. Allerdings hatte es bei ihr einen etwas dezenteren Effekt.
Remus fiel die Kinnlade herunter und plötzlich hörte Sirius leise vor sich hin schimpfen.
"Was bildet der sich eigentlich ein?"
Remus drehte sich zu seinem Freund und machte ihm mit einer Geste klar, daß er still sein soll.
Sirius interessierte das offensichtlich überhaupt nicht. Er hatte seine Position inzwischen etwas verändert und streckte seine rechte Hand in Richtung Snape.
"Ich geh da jetzt raus und mache dem Ganzen ein Ende".
Remus packte Sirius vorsichtig an den Schultern und schüttelte den Kopf. "Nein", sagte der bestimmt. "Das machst Du nicht".
"Aber siehst Du denn nicht, was Snape mit Al macht?"
Sirius fuchtelte unkontrolliert mit seinem Arm in der Gegend herum.
"Doch", sagte Remus langsam und sorgfältig, "aber es wäre falsch, wenn wir jetzt dazwischen gehen. Verstehst Du?"
"Nein", sagte Sirius. "Das versteh ich nicht. Verdammt Remus. Wir können Al nicht bei diesem blöden Slytherin lassen".
"Nicht so laut. Sie könnten uns hörte", sagte Remus leise, aber fordernd. Dann fuhr er etwa ruhiger und entspannter fort. "Ich sehe das ja auch nicht mit Freuden und muß gestehen, daß ich auch mit dem Gedanken gespielt habe, dazwischen zu gehen, aber mein Verstand hat mir davon abgeraten".
"Aber Remus!" Sirius versuchte es erneut. Doch Remus lies ihm keine Chance.
"Hör zu. Es hat keinen Sinn das hier zu diskutieren. Wir gehen jetzt besser in den Gemeinschaftsraum, suchen uns eine ruhige, abgeschiedene Ecke und dann können wir uns in Ruhe unterhalten".
Bevor Sirius protestieren konnte, hatte ihn Remus am Arm gepackt und versuchte ihn wegzuziehen. Sirius gab sich aber noch nicht geschlagen, und wehrte sich. Das hatte zur Folge, daß sie Geräusche machten und das, was Remus zu vermeiden versuchte, eintrat.
"Hast Du da auch gehört?" Snapes Stimme klang jetzt etwas nach ihm, wie Remus ihn kannte.
Na toll, dachte er und warf Sirius einen alles sagenden Blick zu. Dieser zuckte nur mit den Schultern und begann zu rennen. Remus tat es ihm gleich und rannte in der Hoffnung, nicht entdeckt zu werden, los.
Das letzte was er hören konnte, war seine Schwester, die sagte "Nein, da war nichts."
Nachdem sie fast den Eingang des Schlosses erreicht hatten blieben sie stehen.
"Das wird er noch büßen, dieser dreckige Slytherin", schimpfte Sirius.
"Zügle Dich etwas", sagte Remus.
"Warum? Verflucht. Der schmeißt sich ja geradezu an sie ran. Wer weis, was er für Absichten hat? Das arme Mädchen. Fällt voll drauf rein. Der ist gerissener als ich dachte."
Anscheinend hat er die gleichen Gedanken wie ich, vermutete Remus. Allerdings war da etwas in Sirius Stimme, daß noch auf etwas anderes schließen lies.
Remus wußte, daß sein Freund bei den Hexen sehr beliebt war. So ziemlich jede Schülerin in Hogwarts konnte seinem Charme widerstehen. Dennoch gab es Ausnahmen. Alcyone war eine davon. Bei ihr hatte Sirius Charme keine Chance und vielleicht machte sie gerade das für ihn zu einer Herausforderung. Außerdem war es doch allgemein bekannt, daß immer das, was unerreichbar scheint, das Begehrenswerteste war. So schien es Remus Meinung nach Sirius mit Alcyone zu gehen.
"Ich gehe jetzt wieder zurück und hol sie aus den Fängen dieses Idioten!"
Remus konnte Sirius gerade noch am Arm packen, bevor dieser sein Vorhaben in die Tat umsetzen konnte. So hatte er Sirius noch nie erlebt.
"Remus, was soll das? Laß mich sofort los!"
"Nein" sagte Remus scharf.
"Remus, Du willst Sie wohl nicht bei diesem Idioten lassen. Wenn er ihr irgendwas antut, dann schwöre ich Dir, bringe ich ihn um!" Sirius war sehr aufgebracht und schaffte es fast, sich von Remus starkem Griff zu lösen.
"Hör mir gut zu, Sirius", sagte Remus sanft, aber bestimmt. "Wir können da nicht dazwischen gehen, verstehst Du? Das würde sowohl für uns, als auch für Al überhaupt nichts bringen!"
"Sollen wir etwa tatenlos dastehen?" Sirius klang immer noch sehr wütend.
Remus schüttelte den Kopf. Wie sollte er Sirius nur von seinem Vorhaben abbringen. Er schien so sehr darauf erpicht zu sein, Snape fertigzumachen, daß sein Verstand nicht mehr rational arbeitete.
"Sirius, wir können im Moment absolut nichts machen". Er machte eine Pause, schaute kurz in die Richtung, aus der sie angerannt kamen und wandte sich dann mit einem ernsten Gesicht an Sirius. Dann erzählte er ihm, was er sich vorher gedacht hatte, als sie hinter dem Gebüsch saßen. Er betonte dabei ausdrücklich die Tatsache, was passieren könnte, wenn einer von ihnen dazwischen ging.
Als er fertig war, schien Sirius endlich vernünftig geworden zu sein.
Remus lockerte zuerst seinen Griff, um zu sehen, ob Sirius nicht immer noch sein Vorhaben in die Tat umsetzen wollte. Als er aber nicht die geringsten Anstalten machte, um sich zu bewegen, lies Remus schließlich seinen Arm los.
"Was sollen wir jetzt machen? Einfach so tun, als hätten wir das Ganze nicht mitbekommen?"
Remus schüttelte den Kopf. "Nein, ich werde mit Al darüber reden. Sie hat das Recht dazu!"
"Gute. Dann warne sie bitte aber vor Snape!"
"Ich werde ihr ganz sachlich erklären, was ich davon halte. Das ist alles, was ich tun werde", sagte Remus. "Alleine!" fügte er noch mit Nachdruck hinzu.
"Nun ja, ich hoffe, die kommt dann zur Vernunft!" meinte Sirius.
"Das liegt nicht in meiner Hand. Und jetzt laß uns rein gehen. Wir müssen noch unsere Hausaufgaben fertig machen."
Remus wartete erst gar nicht mehr auf eine Reaktion von Sirius, sondern lief schnurstracks die Treppe hinauf, um dann durch das große Portal im Schloß zu verschwinden.
Nachdem er und Sirius es endlich geschafft hatten, ihre Hausaufgaben für den nächsten Tag zu erledigen, meinte Sirius, daß es Zeit war, zum Abendessen zu gehen. James war inzwischen auch aufgetaucht, völlig fertig vom Training, und versuchte Peter vergeblich zu erklären, wie er eine Brille in ein Fernglas verwandeln konnte. Sie übten an James Ersatzbrille und das einzige, was Peter zustande brachte war, daß James Brille ihre Bügel verlor und jetzt aussah, als wären zwei Monokel zusammengebunden worden.
"Na kommt ihr mit?" fragte Sirius.
Peter lies es sich nicht zweimal sagen. James brachte seine Brille wieder in Ordnung und war auch einverstanden.
Remus allerdings hatte keinen Hunger. Seit sie im Gryffindor Gemeinschaftsraum angekommen waren, kreisten seine Gedanken darum, wie er mit seiner Schwester reden sollte. Es hatte zu einem Kloß in seinem Hals geführt, der ihm jeglichen Appetit auf irgendwas verdorben hatte. Seine Schwester war bisher auch nicht aufgetaucht und das hatte auch ihm auch noch keine Gelegenheit verschafft, mit ihr zu reden.
"Schmuggelt ihr mir was raus. Ich kann jetzt nicht essen."
Sirius blickte ihn verständnisvoll an. "Ich werd's versuchen. Etwas was man auch kalt essen kann, vermute ich?"
Remus nickte. "Wenn ihr Al seht, schickt sie zu mir, ja?"
"Klar", antworteten alle aus einem Mund. Sirius hatte James und Peter schon brühwarm erzählt, was vorgefallen war. Im Gegensatz zu Sirius nahm James es völlig ruhig und gelassen aus und pflichtete Remus bei, er solle einfach in Ruhe mit seiner Schwester darüber reden und ihr ja keine Szene zu machen.
"Bis später dann", sagte Sirius.
Remus nickte und ließ sich in einen der Sessel vor dem Kamin nieder. In seinen Gedanken suchte er schon nach den richtigen Worten, die er an Alcyone richten würde, was sich aber als gar nicht so einfach herausstellte.
Remus konnte nicht sagen, wie lange er nachgedacht und ins Feuer gestarrt hatte, als das bekannte Geräusch des Portraits erklang und jemand den Gemeinschaftsraum betrat.
Remus blickte zur Seite und sah Alcyone.
"Sirius sagt, Du willst mich dringend sprechen?" Sie klang nicht gerade freundlich wie sonst.
Remus schluckte. Hatte Sirius vielleicht schon irgend etwas gesagt? Wundern würde es ihn nicht.
"Ähm, setz Dich bitte." sagte Remus so gelassen er konnte.
Sie tat wie ihr geheißen und setzte sich auf den Sessel neben ihn.
Remus hatte seinen ein wenig gedreht, so daß er sie direkt ansehen konnte.
"Also, was ist so wichtig, daß ich mitten beim Essen hierauf geschickt werde?"
Ah, das ist es also, dachte Remus und schalt innerlich Sirius. Er mußte wohl einfach zu ihr hingegangen sein und sie sofort zu ihm geschickt haben, ohne daß sie fertig essen konnte. Kein Wunder, daß sie etwas gereizt war. Er wäre es auch an ihrer Stelle. Er hätte gerne zu ihr gesagt, sie könne ruhig wieder zum Essen gehen, es sei nicht ganz so wichtig, lies es aber, weil er wußte, daß es völlig behämmert klingen würde.
Remus räusperte sich. "Es geht um heute Mittag".
Alcyone blickend ihn fragend an. "Heute Mittag? Da haben wir uns doch gar nicht gesehen!"
Remus, der lieber etwas um den heißen Brei geredet hätte, wußte, vom letzten Mal her, daß es nichts brachte und beschloß, es ihr einfach direkt und deutlich zu sagen.
"In gewisser Weise schon. Sirius und ich sind gerade vom Quidditchtraining zum Schloß unterwegs gewesen, als wir Stimmen gehört haben. Neugierig, wie wir Beide nun mal sind - vor allem Sirius - sind wir den Stimmen bis zu ihrem Ursprungsort gefolgt. Und da haben wir na ja Dich und Snape gesehen und dann konnten wir nicht anders."
"Ihr habt uns beobachtet?" Seine Schwester klang sehr aufgebracht.
"Nicht mit Absicht. Wir sind zufällig vorbeigekommen". Remus versuchte sich zu rechtfertigen.
"Versuch Dich jetzt nicht raus zu reden."
"Al bitte, hör mir zu. Severus"
"Fang jetzt nicht an, mir zu sagen ich soll mich von ihm fernhalten!" fiel ihm Alcyone ins Wort. Ihre Stimme klang wütend.
"Das will ich doch gar nicht". Sagte Remus entschuldigend.
"Was willst Du dann? Ich habe nichts ungezogenes getan!"
"Ich weis."
"Ach stimmt. Du hast es ja mit eigenen Augen gesehen. Hab ich glatt vergessen. Tut mir leid." Die Ironie in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
"Hör zu Al", sagte Remus vorsichtig. "ich weis, daß das nicht in Ordnung war, aber es hat auch etwas gutes!"
"Ach ja? Was denn? Da bin ich aber mal neugierig!"
Remus mußte jetzt höllisch aufpassen. Das Gespräch ging in eine Richtung, die er nicht erwartet hätte. Seine Schwester hatte ihn fast in die Position rein gedrängt, in der sie sich eigentlich befinden sollte.
"Ich will Dir ja nicht verbieten, daß Du Dich von Severus fern halten sollst, aber es gibt gewisse Dinge, die Du über ihn wissen solltest."
Al lächelte ihn gekünstelt an. "Remus, ich kenne alle Geschichten über ihn und wenn Du uns genau beobachtet hast, daß dürfte Dir wohl aufgefallen sein, daß sie bei weitem nicht stimmen! Ich weis ja nicht wie lange ihr uns beobachtet habt, aber Severus hat sogar angeboten mir in Zaubertränke zu helfen. Du weist, daß ich darin überhaupt nicht gut bin. Das ist doch äußerst nett für jemanden, über den nur Schlechtes verbreitet wird, oder? "
"Ich kenne ihn schon viel länger als Du, Al." Sagte Remus trocken. "Nur weil er nett zu Dir war, heißt das noch lange nicht, daß er allgemein nett ist."
"Wenn Du das so sagst, laß mich mal überlegen".
Es entstand eine kurze Pause, die Remus nutzte, um sich zu überlegen, wie er denn weiter vorgehen sollte. Es war nicht einfach. Er wollte ihr doch nur sachlich sagen, daß sie vorsichtig sein sollte und jetzt führten sie schon fast eine Grundsatzdiskussion über Severus Snape. Wenn er das wüßte.
"Nein, ich kann mich nicht erinnern, daß jemals etwas böses getan hat, im Gegensatz zu Malfoy. Mag ja sein, daß Severus ein Einzelgänger ist und auf manche komisch wirkt, aber er ist nicht so, wie ihr alle denkt!"
Remus mußte sich eingestehen, daß es ihm langsam echt Sorgen bereite, was Alcyone über Snape dachte. Wenn er wirklich vor hatte, über sie an Informationen zu kommen, dann hatte er bisher schon ziemlich gute Arbeit geleistet. Ihr Vertrauen hatte er anscheinend voll gewonnen. Die Taktik, die Remus im Moment verfolgte, schien in einer Sackgasse zu sein und die befürchtete Grundsatzdiskussion über Snape war auch in vollem Gange. So hatte es jedenfalls kein Sinn weiterzumachen. Er mußte versuchen, daß Gespräch wieder auf das Eigentliche zu lenken.
"Das hat so keinen Sinn", sagte er wahrheitsgetreu. "Ich möchte mich hier nicht mit Dir über Snapes Art unterhalten. Ich wollte eigentlich nur, daß Du vorsichtig bist."
"Warum? Habe ich denn ein Grund dazu?"
"Allerdings". Jetzt klang Remus Stimme wieder etwas härter. Er hatte es fast geschafft, seine eigentliche Position wieder einzunehmen. "Snape ist ziemlich neugierig. Neugieriger wie Sirius. Das muß sogar Dir aufgefallen sein."
"Ja, da muß ich Dir zustimmen".
Na also, dachte sich Remus, es geht doch.
"Neugierde ist ja im Grunde auch nichts negatives, Al. Doch bei Severus ist sie sehr ausgeprägt und er schnüffelt doch allem und jedem hinterher. Unter anderem auch uns. Du weist, daß er uns nicht gerade als Freunde betrachtet".
Alcyone mußte Remus erneut zustimmen.
Es schien jetzt immer besser zu verlaufen. Remus hatte jetzt gute Chancen, daß zu erreichen, was er wollte.
"Auf was ich hinauswill." Jetzt war genau dies richtige Zeitpunkt, seine kühle und sachliche Bitte an seine Schwester zu richten. Er beschloß, ihr nicht zu erzählen, was sowohl er als auch Sirius vermuteten, denn das würde wieder zur Grundsatzdiskussion über Snape führen. Das wollte er unter keinen Umständen.
"Ich möchte nur, daß Du vorsichtig bist, mit dem was Du zu Severus sagst. Verstehst Du? Was, wenn er herausbekommt was ich bin, oder eines unserer anderen Geheimnisse? Wer garantiert Dir dann, daß er nicht schnellsten zu seinem Hauslehrer rennt? Du weist, was das zu bedeuten hat?"
Seine Schwester schaute ihn mit einem Blick an, den er nicht zu deuten vermochte.
"Remus, es ist ja nett, daß Du Dir Sorgen um mich, als auch um Dich und um Deine Freunde machst. Ich verstehe das. Aber glaub mir, ich bin alt und reif genug um zu wissen, was ich mache. Und Du kannst mir glauben, daß ich weder schon etwas zu Severus gesagt habe oder auch je sagen werde. Mir ist der Ernst dieser Sache bewußt. Du kannst mir vertrauen."
"Ich weis, daß ich Dir vollkommen vertrauen kann, daran habe ich auch nie gezweifelt. Ich mache mir eben Sorgen um Dich und möchte, daß Du nicht verletzt wirst und vorsichtig im Umgang mit Anderen bist. Versteh mich bitte nicht falsch, aber Du bist sehr gutgläubig im Umgang mit Anderen."
"Ich weis;" sagte Alcyone. "Das habe ich von Mum, sie glaubt auch immer nur an das Gute in jedem Menschen."
Remus lächelte sie an. "Ja und genau deswegen wollte ich mit Dir dieses Gespräch führen. Manche Leute nützen die Gutgläubigkeit anderer aus und Du weist ja, daß Slytherins allgemein dafür bekannt sind, daß sie List und Tücke verbinden. Nein, unterbrich mich jetzt nicht. Es kann durchaus auch Ausnahmen geben. Ich will nur, daß Du immer daran denkst. Es sind nicht alle Menschen gut. Sei einfach vorsichtig bei Snape."
Remus war sich sicher, daß er das erreicht hatte, was er vor hatte. Seine Schwester wußte jetzt, wie er über Snape dachte. Er hatte ihn kein einziges Mal als etwas beschimpft, wie Sirius es immer tat. Er war froh, daß Sirius nicht da war, er hätte Alcyone mit seinen schlimmen Schimpfwörtern vermutlich augenblicklich in Snapes Arme getrieben.
Remus mochte Snape aufgrund der Aussagen seiner Schwester nicht mehr, aber auch nicht weniger. Er konnte ihn nicht leiden, aber das beruhte auf Gegenseitigkeit.
Wer weis, vielleicht war Snape in Wahrheit wirklich ein netter Kerl, so wie Alcyone es beteuerte. Er konnte es nicht sagen. Er würde seiner Schwester auch nicht verbieten, sich mit ihm zu treffen. Das einzige, was er tun konnte, war zu hoffen, das Snape ihr nie weh tun würde und sie einfach so nett behandelte, wie er es heute Mittag getan hatte.
"Ich glaube nicht, daß Severus meine Gutgläubigkeit ausnützt." sagte Alcyone schließlich. Remus konnte ihrer Stimme entnehmen, daß sie es wirklich glaubte.
"Ich hoffe es. Ich hoffe es sehr. Denn wenn er das tut, dann wird er nichts mehr zu lachen haben." Remus erlaubte sich ein theatralisches Grinsen. "Ich kenne da nämlich jemanden, der würde ihn sofort in einen Flubberwurm verwandeln."
Jetzt mußte auch Alcyone lachen. "Ich glaube, ich weis wen Du da meinst. Gut, wenn Severus Snape je mein Vertrauen ausnützt, werde ich Sirius höchstpersönlich die Erlaubnis dazu erteilen."
"Dann sind wir uns also einig?" fragte Remus in der Hoffnung, das jetzt alles klar sein würde.
Seine Schwester nickte. "Ja, Remus. Ich werde Deinen Rat beherzigen."
Remus nickte erfreut und schaute Alcyone dann mit gespielter Ernsthaftigkeit an. "Denk aber nicht, daß wir ihm jetzt keine Streiche mehr spielen. Er ist weiterhin ein Slytherin."
Alcyone fing an zu lachen. "Was glaubst Du würde passieren, wenn ihr es nicht mehr tätet? Dann würde Severus sicher mißtrauisch werden und Deine Vermutungen könnten sich dann auch vielleicht bestätigen."
Remus begann auch zu lachen und er war noch nie zuvor glücklicher gewesen, so eine Schwester wie Alcyone zu haben.
Ihr Gespräch mußte wohl sehr lange gedauert haben, denn kurz nachdem sie es beendet hatten, kamen James, Sirius und Peter in den Gemeinschaftsraum, ihre Taschen voller Essen. Das freute auch Alcyone, die, obwohl sie im Gegensatz zu Remus etwas gegessen hatten auch noch hungrig war.
Sie setzten sich gemeinsam an einen Tisch und Remus flüsterte Sirius zu, daß alles gut gegangen wäre und daß er sich bezüglich Snape und Alcyone keine Sorgen zu machen brauche. Sirius lächelte ihn zufrieden an und nachdem sie komplett alle mitgebrachten Speisen vertilgt hatten, machten sich alle fünf auf den Weg in die Schlafräume, um diesen ereignisvollen Tag hinter sich zu lassen.
Die nächsten Wochen verflogen rasch.
Alles nahm seinen gewohnten Gang, nur daß Remus seine Schwester immer weniger zu Gesicht bekam. Sie traf sich immer häufiger mit Snape, bald täglich.
Kurz vor den Ferien ging das Gerücht um, Alcyone Hide und Severus Snape wären ein Paar. Barbara Lummley, eine Siebtklässerlerin behaupette steif und fest, die Beiden erwischt zu haben, wie sie sich geküßt hätten. Natürlich glaubte es ihr keiner, bis ein paar Tage später James seinen Freunden anvertraute, er hätte Snape und Alcyone in der Nähe des verbotenen Waldes gesehen und sie hätten sich ohne Zweifel geküßt.
Remus überraschte das nicht im geringsten. Jedes Mal, wenn er Zeit hatte, sich mit seiner Schwester alleine zu unterhalten, hatte sie ihm immer mit leuchtenden Augen berichtet, wie bemüht Severus wäre, ich das ganze Zeug mit den Zaubertränken beizubringen und das wäre mit ihr bei Gott nicht einfach.
Remus hegte zwar immer noch seine Zweifel, was Snape anging, aber in der Art, wie Alcyone von ihm berichtete, schloß er darauf, daß er sie wirklich gern hatte. Er mochte in seinen Augen wohl immer ein Slytherin Junge sein, der mit Vorsicht zu genießen war, aber er freute sich sowohl für seine Schwerster und - das mußte er sich eingestehen - auf irgendeine verquere Art auch für Snape.
Sirius hingegen reagierte mit Empörung darauf. Ganze zehn Minuten beschimpfte er Snape mit immer noch gemeineren Ausdrücken, immer lauter werdend, so daß bald einige Gryffindors in ihre Richtung blickten.
Doch das war noch nicht alles. Sirius entwickelte einen regelrechten Haß auf Snape. Bisher hatte er ihn wirklich nur nicht ausstehen könne, aber nun war es deutlich Haß geworden. Remus tat sein Freund leid, denn offensichtlich war das was er für Alcyone empfand doch nicht nur die Tatsache, daß er sie wollte, weil sie ihn nicht wollte, sondern daß er wirklich in sie verliebt war. Er hätte Sirius gerne geholfen und hätte seine Schwester auch lieber an dessen Seite gesehen, aber Liebe war nicht zu erzwingen, selbst mit keinem Zauber der Welt. So mußte er hilflos mit ansehen wie Sirius' Haß immer größer wurde und Snape einen Feind bekam, von der keine Ahnung hatte, und der, wenn er nur den kleinsten Fehler machen würde,
seinen ganzen Haß über ihn auch an ihm auslassen würde, selbst wenn er danach auch nichts mehr zu lachen hätte und von der Schule fliegen würde.
Alle drei, Alcyone, Sirius und Snape bewegten sich auf dünnen Boden und weder Alcyone noch Snape wußte von Sirius täglich steigendem Haß Snape gegenüber, was Remus ihr mit Absicht erst gar nicht erzählte. Sie hegte auch nie den leisesten Verdacht, da Sirius ein gekonnter Schauspieler war und sich von seinen Gefühlen nichts anmerken lies.
Auch unter den vier Freunden selbst, war dies kein Hindernis. Sie hatten noch immer den selben Spaß wie früher und tätigten ihre bisherigen geheimen Aktivitäten weiter. Die Sache mit Alcyone und Snape kam nie zur Sprache, auch wenn jeder seinen Teil darüber dachte. Der einzige, der mit Alcyone ab und zu darüber sprach, war nur Remus selbst. Er erzählte den Inhalt nie seinen Freunden weiter, weil er erstens seiner Schwester versprochen hatte, es für sich zu behalten und zweitens es auch gar keinen von ihnen interessierte. Vielleicht Sirius, aber es würde nichts bringen, es ihm zu erzählen, weil er seinen Haß dadurch sicher nicht zügeln würde. So blieb es einfach eine Tatsache, daß Remus Schwester die Freundin von Severus Snape, einem Idioten aus Slytherin war, den keiner leiden konnten (und außerdem schien er nur zu Alcyone nett zu sein; ihnen gegenüber war er immer noch der fiese Snape, wie sie ihn kannten) und dem sie auch weiterhin Streiche spielten, die aber keiner so genoß wie Sirius.
Gegen Ende des Schuljahres geschah es auch mit James. Er verliebte sich. Seine Auserwählte war ein Mädchen aus ihrem Jahrgang namens Lily. Sie war sehr hübsch. Ihre langen roten Haare und hellgrünen Augen waren es, die ihn so verzaubert hatten. Er konnte nicht erklären, warum sie ihm noch nie zuvor aufgefallen war.
James himmelte sie zunächst nur von der Ferne her an. Sirius, der schon einmal mit ihr ausgewesen war, erteile James jeden Tag Ratschläge, wie er sie für sich gewinnen könnte, aber James sagte ihm jedes Mal, daß er es auf seinen eigene Art tun wolle. Er brachte jedoch nie den Mut auf und als sie alle in die wohlverdienten Sommerferien gingen, hatte er sich keinen Schritt näher als bisher an Lila herangewagt.
Die Ferien verbrachten die vier Freunde zuerst getrennt. Jeder fuhr nach Hause zu seiner Familie. Sie hatten aber vor, sich spätestens in der Mitte der Ferien zu treffen, und sie gemeinsam zu verbringen.
Remus mußte gleich in den ersten Tagen der Ferien erleben, daß die Sache zwischen seiner Schwester und Severus Snape anfing ernst zu werden.
Im Gegensatz zu den letzten Sommerferien, als Alcyone immer voller Lebensfreude war und mit jeden Spaß mitmachte, saß sie den ganzen Tag nur im Haus herum, las entweder oder lernte (was Remus arg verwunderte). Sie lachte kaum und hatte immer eine etwas bedrückte Stimmung. Immer solange, bis Alcyone ein Brief bekam. Ein Brief von Severus Snape. Die Beiden schrieben sich ziemlich oft, wie Remus bemerkte. Das ganze war etwas kompliziert. Sie hatte sich bei dem nicht weit entfernten Postamt ein Brieffach auf ihren Namen einrichten lassen, zu dem sie täglich ging (immerhin ging sie wenigstens einmal am Tag aus dem Haus) und von wo aus sie auch ihre Briefe an Snape verschickte. Das ganze diente nur dazu, daß Snape keinen Verdacht hegte und auch nicht herausbekommen sollte, wo sie wohnte. Remus sagte sie, sie hatte Snape erzählt, ihre Mutter hätte eine Eulenallergie, weswegen sie dieses Postfach hätte. Das war echt gerissen von Alcyone und bewies, wie ernst sie es mit ihm meinte und wieviel ihr tatsächlich an ihrem Bruder lag. Remus bewunderte sie insgeheim dafür.
Wenn sie dann mit einem Brief nahc Hause kam, verschwand Alcyone dann immer mit einem Glanz auf ihrem Gesicht und einem Lächeln auf den Lippen in ihrem Zimmer und kam erst Stunden später wieder heraus. Ihre gute Stimmung hielt dann noch den ganzen Tag an und am nächsten Morgen war sie wieder, als wäre nichts gewesen. Seine Schwester vermißte Snape. Sie hatte es ihm zwar nie deutlich gesagt, aber er wußte es. Einmal, als sie in ihrem Zimmer waren, weil sie ihn etwas fragen wollte über Zaubertränke (ihr neues Lieblingsfach, gleich nach Kräuterkunde), hatte er auf ihrem Nachtisch ein Bild von Snape entdeckt, der ihn zuerst böse anschaute und dann Alcyone ins Bild holte, der er einen Arm um die Schulter legte, während Alcyone ihrem Bruder freundlich zuwinkte.
Das erste Mal hatte er es aber bemerkt, als seine Schwester den ersten Brief von Snape bekommen hatte. Sie kam freudestrahlend herein und konnte es gar nicht abwarten, ihn zu lesen. Sie hatte sich auf das Sofa fallen lassen und ohne zu zögern den Brief gelesen Remus saß damals gelangweilt auf einem der beiden Sessel. Plötzlich war Alcyone aufgesprungen. Ihr Gesicht war gar nicht mehr so freudig wie noch vor einigen Sekunden gewesen, er hatte sogar geglaubt, eine Träne gesehen zu haben. Er hatte sie gefragt, was los sei, aber sie war nur an ihm vorbeigegangen, ohne ein Wort zu sagen und in ihrem Zimmer verschwunden.
Remus wollte ihr sofort nachgehen, als er gesehen hatte, daß sie den Brief vergessen hatte.
Normalerweise tat er so etwas nicht, aber er glaubte, daß Snape es endlich geschafft hatte, seine Schwester zu verletzen. Er hatte den Brief genommen und gelesen. Wohl war ihm nicht dabei, aber er fand, das es notwendig war. Er war froh gewesen, daß das, was er wissen wollte, schon im ersten Absatz stand.
Liebe Al,
es tut mir schrecklich leid, aber leider muß ich Dir mitteilen,
daß Du mich in diesen Ferien nicht besuchen kannst. Meine
Eltern sind immer noch wütend wegen der Sache von den
Weihnachtsferien, du weist schon. Er hat mir verboten, auch
nur irgend jemand einzuladen. Es tut mir wahnsinnig leid und
ich werde Dich einfach schrecklich vermissen.
An dieser Stelle hatte Remus aufgehört zu lesen. Er wußte alles, was er wissen mußte.
Er hatte den Brief wieder hingelegt, wie er gelegen war und so getan, als wüßte er von gar nichts. Natürlich hatte es ihn brennend interessiert, was Snape getan hat, aber er würde es wohl nie erfahren. Das war ja auch nur eine Nebensache. Snape hatte nicht, wie Remus befürchtet hatte, seiner Schwester weh getan. Zugegeben, in gewisser Weise schon, aber das war mehr ein unglücklicher Zufall, der (so weit Remus wußte) vor der Bekanntschaft mit Alcyone seinen Ursprung hatte.
Alcyones Reaktion auf diesen Brief, hatte Remus jedoch gezeigt, daß es Alcyone mit Snape wirklich ernst war und daß sie ihn vermißte.
Dies war auch der einzige Brief geblieben (solange Remus zu Hause gewesen war) der bei seiner Schwester keine glückliche Reaktion hervorgerufen hatte.
Das neue Schuljahr - das letzte für Remus und seine Freunde - brachte das schlimmste aller Ereignisse mit sich.
Zunächste verlief es einfach prima für fast alle von ihnen.
James hatte sich getraut und Lily angesprochen. In den Ferien hatten es ihm alle geraten, daß er einfach mutig sein solle und sie um eine Verabredung bitten.
James, der noch nie mit einem Mädchen verabredet gewesen war, war sehr nervös, als Lily am ersten Abend im Gryffindor Gemeinschaftsraum saß und er von seinen Freunden praktisch zu ihr hingeschoben wurde.
Sie standen abseits und schauten zu, wie James verlegen Lily ansprach.
Er hatte Glück.
Lily war ebenfalls in ihn verliebt und keine Woche nachdem das Schuljahr angefangen hatte, waren die Beiden fest zusammen. Ein ideales Paar, wie Sirius, Peter, Remus und sogar Alcyone fanden, die Lily gut kannte, obwohl sie älter war, wie sie.
Alcyone schien einfach nur noch zu strahlen, seit sie ihren Severus Snape wieder hatte. Dies allerdings gefiel Sirius überhaupt nicht und Remus hoffte, daß sein Haß nicht irgendwann einmal überhand über ihn gewinnen sollte - und genau das passierte.
Das große Unglück trat in der Nacht vom sechsten auf den siebten Dezember 1976 ein.
Remus war länger als sonst auf der Krankenstation geblieben. Au einem ihm unbekannten Grund war er erschöpfter als sonst und was ihn noch mehr verwunderte, überall auf seinem Körper waren so viele Verletzungen, wie nie zuvor. Verletzungen. Die Schwester hatte gesagt, es sein besser, wenn er sich vollständig ausruhe, bevor er wieder zu seinen Freunden ginge.
Remus tat wie ihm geheißen und blieb bis zum späten Nachmittag in seinem Bett liegen. Nicht, daß es ihm unangenehm war, es tat ihm sehr gut, aber da gab es etwas, was ihn nachdenklich machte. Keine seiner Freunde hatte bisher nach ihm geschaut. Weder James noch Sirius oder Peter, die ihn bisher immer von der Krankenstation abgeholt hatten, ließen sich einfach nicht blicken. Das seine Schwester nicht kam, wunderte ihn nicht weiter. Sie hatte ihn noch nie nach seinen monatlichen Verwandlungen besucht, aber nur um mögliche Vermutungen zu vermeiden.
Als er gehen durfte, war es bereits dunkel und keiner hatte sich auch den ganzen Tag über nicht blicken lassen.
Remus, der keinen Hunger verspürte, machte sich sofort auf den Weg zum Gemeinschaftsraum. Er war sehr müde und daß, obwohl er den ganzen Tag gelegen und geschlafen hatte. Nein, das stimmte nicht ganz. Die meiste Zeit war er in einem Wachschlaf gelegen, der keineswegs entspannend war.
Remus kletterte durch das Portraitloch und bevor er seine Freunde entdeckte, konnte er die bedrückte Stimmung spüren. Sie hing in dem Raum, wie Nebel und er hatte das Gefühl, daß es ziemlich dicker Nebel sein mußte.
Sein Blick glitt sofort durch den Raum, der völlig leer zu sein schien bis auf vier Personen:
Alcyone saß in einer Ecke und starrte ins Nichts. Ihr Blick war auf erschreckende Art wütend und traurig zugleich.
Sirius saß in der anderen Ecke und stierte auf den Boden. Seinen Gesichtsausdruck konnte er somit nicht erkennen.
Dazwischen, auf ungefähr der Hälfte, saßen Peter und James. Peter spielte nervös mit seinem Umhang und James hatte einen Gesichtsausdruck, als wüßte er nicht, was er im nächsten Moment tun sollte. Er war der einzige, der etwas tat, als Remus eintrat. Er blickt ihn an. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich dabei nicht.
"Was ist denn hier los?" fragte Remus schließlich, nachdem keiner etwas zu ihm sagte.
Keiner reagierte darauf. Es schien fast so, als ob außer James niemand registriert hätte, daß er, Remus, in den Raum gekommen war. Jedoch schien James auch nicht darauf erpicht zu sein, ihm zu sagen, was los war.
"He ist vielleicht jemand gestorben?"
Diese Frage sollte eigentlich mehr ein Witz sein, aber sie zeigte Reaktion. Nur leider war diese Reaktion alles andere als das, was er erwartet hätte. Das einzige, was Remus wollte, war eine einfach Erklärung, was los war. Was er bekam, war eine Szene und zwar eine von der übelsten Sorte, wie sich herausstellte.
Die Reaktion auf diese Frage kam von seiner Schwester. Sie blickte ihm direkt in die Augen und Remus konnte darin pure Wut, Verzweiflung und absolute Trauer erkennen. Es war das schrecklichste, was Remus je in den Augen seiner Schwester gesehen hatte.
"Beinahe" sagte sie. Für das, was er in ihren Augen sah, klang dies relativ ruhig. Es war so, als würde sie unter allen Umständen versuchen, ruhig zu bleiben, was ihr aber nicht gelang. Das nächste, was Remus von ihr hörte, schrie sie.
"Frag ihn!" Sie stand von ihrem Sessel auf und zeigte auf Sirius, dessen Blick immer noch auf den Boden gerichtet war. "Frag ihn, was er getan hat?"
Sirius reagierte nicht.
"Dieser Feigling" schrie sie weiter. Ihr Gesicht war inzwischen vollkommen rot geworden.
"Jetzt nichts mehr sagen können".
Sie lief ein paar Schritte auf Remus zu. "Soll ich Dir sagen, was er getan hat?" Ihre Stimme klang jetzt etwas ruhiger. Dafür hatten sich aber Tränen um ihre Augen gebildet, die langsam ihre Wange herunter liefen. Er wußte, daß ihre Frage eine rhetorische war, denn sie sprach mit zitternder Stimme ohne eine Reaktion von Remus zu erwarten weiter. Sie schaffte es jedoch nicht, ihm zu sagen, was wirklich passiert war. Sie bekam nur ein paar Worte über die Lippen, die Remus nicht weiterhalfen. "Er hat etwas ganz furchtbares getan!"
Daraufhin hielt sie sich die Hände ins Gesicht, als wollte sie nicht, daß er ihre Tränen sah und rannte davon. Ihr Schluchzen war nicht zu überhören.
Remus, der immer noch nicht wußte, was denn nun los war, schaute Sirius direkt an. Dieser blickte aber immer noch auf den Boden, so als hätte er das eben gar nicht mitbekommen.
"Sirius" sprach er ihn direkt an. "Was meinte sie damit?"
Jetzt blickte Sirius endlich nach oben. Er schaffte es aber nicht, Remus direkt anzusehen.
"Sirius", sagte er ernst. "Was ist passiert?"
Sirius schaffte es jetzt endlich und schaute ihn direkt an.
Remus erschrak, als ihn den Blick seines Freundes traf. Er war wütend, bestürzt und da war etwas, was Remus ganz und gar nicht gefiel. Es sah fast so aus, als könnte er in Sirius Blick etwas erkennen, daß wie Triumph aussah.
"Ich Ich kann n nicht", stotterte Sirius. "Es t tut mir l leid."
Sirius stand auf und lief langsam an Remus vorbei. Als er direkt neben Remus war, schenkte er ihm ein Blick, der mehr als tausend Worte sprach.
Remus bekam dabei das Gefühl, daß Sirius wirklich etwas schlimmes getan hatte. Etwas, daß er sich in gewisser Weise selbst nicht verzeihen konnte.
Jetzt waren nur noch er, Peter und James da.
Remus blickte erwartungsvoll zu James.
"Setz Dich, ich werde Dir alles erzählen." James Stimme klang im Verhältnis zu dem, was eben passiert war, relativ klar und ruhig.
Sirius zog sich einen Stuhl her und setzte sich James gegenüber.
"Sirius hätte Snape fast umgebracht", sagte James sachlich.
Remus klappte der Mund auf. Er war fassungslos. Hatte er eben richtig gehört?
Remus hatte erhebliche Schwierigkeiten dabei, James die Frage zu stellen, die ihm sofort in den Sinn kam.
"Hat Snape, hat Snape Alcyone etwas angetan?" brachte er schleppend und nicht ohne angst auf eine Antwort, heraus. Hatte er letztendlich doch Recht gehabt, was Snape betraf? Er hatte sich ständig gefragt, ob ein Slytherin, der nie nett zu einem war und der immer mit bösem, verbittertem Blick durch die Gänge lief und keine wirklichen Freunde hatte, jemand wie seine Schwester mögen könnte. Offensichtlich nicht!
Er hielt die Luft an.
Ein Stein fiel ihm vom Herz, als er James nach einer nie verstreichenden Sekunde den Kopf schütteln sah. "Nein, soviel ich weis nicht".
Remus atmete erleichtert aus und schickte innerlich ein Dankeschön an Gott, daß Snape Alcyone nichts böses getan hatte.
Trotz der Erleichterung wußte er immer noch nicht, was jetzt passiert war. Er hatte viele Fragen an James, die er nicht alle auf einmal stellen konnte und so kam nur ein "Wie und warum?" aus seinem Mund.
"Gestern Nacht", sagte James und begann Remus die komplette Geschichte zu erzählen.
"Ich saß gerade hier, mit Peter. Sirius und ich haben schon den ganzen Nachmittag damit verbracht, den Aufsatz für Geschichte der Zauberei zu schreiben. Nach dem Abendessen, Du warst schon weg, bin ich mit Peter hierauf gegangen, um ihm bei seinem zu helfen. Sirius war ja mit Dir gegangen. Er hatte Dich ja zur Krankenstation begleitet.
Ich saß also hier mit Peter an seinem Aufsatz. Irgendwann kam Alcyone rein, grüßte uns freundlich wie immer und verschwand dann in Richtung Mädchenschlafsaal.
Irgendwann, ich weis nicht wieviel Uhr es war, kam Sirius herein. Er hatte verdammt gute Laune und lächelte triumphierend. Ich fragte ihn was los sei. Er sagte, Snape hätte endlich bekommen, was er verdient hätte. Daraufhin bat ich ihn, daß genauer zu erläutern. Er setzte sich zu uns hin und flüsterte mir zu, Snape hätte ihm und Remus wieder mal nachgeschnüffelt und nachdem er aus der Krankenstation gekommen wäre hätte er ihn gefragt, was mit Dir los sei. Sirius sagte, er hätte Snape gesagt, daß dies einen dreckigen Slytherin nichts anginge, worauf Snape ihn furchtbar angeschrien hätte, es solle sich gefälligst nicht so aufspielen und ihm mit giftiger Stimme erklärt hätte, ihm wäre schon aufgefallen, daß Remus immer einmal im Monat fehlen würde. Er wüßte, daß da etwas faul wäre. Und er hätte gerade gesehen, wie Remus mit der Schwester zu peitschenden Weide gegangen wäre.
Sirius erzählte weiter, er hätte ihm daraufhin gesagt, wenn er schon so verdammt neugierig wäre, solle er doch selber nachsehen und hätte ihm erklärt, wie man die Weide ruhig stellt. Snape wäre daraufhin sofort rausgerannt.
Ich habe Sirius daraufhin angeschrien, ob er denn wisse, was er gerade getan hätte?
Sirius murmelte etwas vor sich hin, wie Snape hätte es nicht anders verdient.
Ich habe aber nicht gezögert, sondern gleich gehandelt. Hab die Feder weggeworfen und bin nach draußen gerannt, auf dem schnellsten Weg zur Weide.
Irgendwie gelang es mir sofort, sie ruhig zu stellen und schnell in die Höhle zu klettern.
Ich rannte und dann sah ich es: Du, als Werwolf und Snape, langsam rückwärts gehend.
Mir blieb nichts anderes übrig, als meinen Zauberstab zu nehmen und Dich zu verletzen. Nur so konnten Snape und ich vor Dir davon rennen, ohne das Du uns eingeholt hättest.
Als wir wieder aus dem Loch raus kamen, konnte ich in Snapes Gesicht, Schrecken und Wut zugleich erkennen. Ich wußte, daß er vor hatte, es sofort zu melden. Glücklicherweise kam ihm Dumbeldore zuvor. Sirius hatte seinen Fehler offensichtlich eingesehen und ihn geholt. Wir mußten alle drei zu ihm. Er bat Snape, es niemand zu sagen und gab uns nicht mal eine Strafe. Er fand, Sirius sei schon gestraft genug. Also konnten wir alle drei ohne Strafe und Punktabzug gehen. Snape sollte allerdings noch bei ihm bleiben. Wahrscheinlich wollte Dumbeldore ihm nur noch deutlich machen, nichts zu sagen."
Remus hatte gespannt zugehört und nun wußte er auch, woher er die Verletzungen hatte. Außerdem war vor seinem geistigen Auge immer ein vernebeltes Bild aufgetaucht, von zwei Gestalten im Dunkeln. Das mußten wohl Snape und James gewesen sein.
James erzählte weiter.
"Heute Mittag, nach dem Unterricht gingen wir drei in den Gemeinschaftsraum. Wir saßen da und arbeiteten schon eine Weile an unseren Hausaufgaben und blickten wohl etwas bedrückt rein, als Alcyone rein kam. Sie sah, daß etwas mit uns nicht stimmte. Sie setzte sich zu uns hin und fragte, was los sei. Sirius, der offensichtlich das Geschehene noch nicht verarbeitet hatte und womöglich unter Schock stand, erzählte Al tatsächlich, was geschehen war.
"Du meinst, Du hast ihn praktisch in den Tod geschickt?' hatte sie ihn ruhig gefragt.
Sirius hatte daraufhin genickt. Dann ist sie ausgerastet. Sie hat Sirius angeschrien, ob es sich eigentlich bewußt war, das Severus hätte verletzt werden können. Ich konnte erkennen, wie in dem Moment auch der letzte Gryffindor den Gemeinschaftsraum verlassen hatte. Sie hatten wohl alle gespürt, daß hier ein heftiger Streit im Gange war. Sirius, der sich das nicht gefallen lies, schrei zurück, in dem er Snape als einen irren Slytherin beschimpfte. Daraufhin haben die Beiden sich angeschrien, wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte. Das letzte was Alcyone zu Sirius sagte, war, daß sie nie wieder ein Wort mit ihm reden würde. Daraufhin setzte sie sich in die eine Ecke des Gemeinschaftsraums und Sirius in die andere. So saßen wir alle da, bis Du kamst. Keiner hat mit dem anderen geredet."
Remus war erschüttert. Es war schwer zu glauben, daß das, was James ihm gerade erzählt hatte, wirklich passiert war. Aber James würde ihn nie anlügen und er wußte, daß das, was eben mit Sirius und Alcyone geschehen war, das endgültige Resultat von dessen war, was James ihm gerade erzählt hatte.
Alcyone war ziemlich sauer auf Sirius. Er hatte es deutlich gespürt, als sie an ihm vorbeigegangen war und er wußte, daß sie ihm nicht so schnell vergeben würde.
Was Sirius betraf. Offensichtlich hatte sein Haß gegenüber Snape letztendlich Oberhand gewonnen und er hatte gar nicht anders gekonnt, als so zu handeln, wie er es getan hatte. Sein Verstand mußte vollkommen ausgesetzt haben. Aus diesem Grund tat ihm Sirius auch leid.
Das aller schlimmste an der Sache war allerdings, daß sich ihre Freundschaft in Gefahr befand. Sie hing an einem sehr dünnen Faden, der drohte, jeden Tag abzureisen. Es geschah aber nicht, weil (wie Alcyone es ausgedrückt hatte) ihre Freundschaft etwas besonderes war. Sie schafften es alle, diesen Vorfall aus ihrem Gedächtnis zu streichen und waren bereits nach Weihnachten wieder voll im Gange mit ihren Streichen.
Alcyone hatte ihre Drohungen wahr gemacht und sprach mit Sirius kein Wort mehr. Mit Peter und James sprach sie noch, wenngleich auch nicht so wie früher. Sie grüßte sie noch freundlich, aber von einer Freundschaft konnte nicht mehr die Rede sein. Einzig und allein Remus gegenüber verhielt sie sich wie früher. Er vermutete, daß es vor allem daran lag, daß er ihr Bruder war und sie einiges durchgemacht hatten, was sie auf ewig verbinden würde.
Und es passierte etwas, mit dem Remus nicht gerechnet hätte. Alcyone machte mit Severus Schluß, und das, nachdem sie ihn so sehr verteidigt hatte.
Remus hatte von ihr den Grund nie erfahren. Sie hatte zu ihm nur gesagt, daß er mit allem Recht gehabt hätte.
Snape wurde ein den letzten Wochen des Schuljahres noch unausstehlicher, was er eh schon war und sein Haß gegenüber Gryffindor (besonders Remus, James, Sirius und Peter gegenüber) hatte seinen absoluten Höhepunkt erreicht, und keiner, einschließlich Remus, wunderte es keineswegs, als Snape schließlich zu der dunkeln Seite wechselte.
ENDE TEIL 1
In Teil 2 werden folgende Fragen geklärt werden, wie die, wie Alcyone Snape kennengelernt hat und warum Alcyone sich von Snape getrennt hat.
Und natürlich die wichtigste Frage: Was hat Snape damals in den Weihnachtsferien angestellt!