Hermines Auftrag

 

 

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Autorin: Meike



Hermines Auftrag




Hermine Granger saß in ihrem Zimmer und blätterte in einem Photoalbum. Sie entdeckte Harry und Ron auf einem Photo, auf einem anderen Gilderoy Lockhart, den Ärmsten, und Rons Eltern auf dem Abschlussball. Und auch Hermine selbst war auf einem Photo, mit Direktor Dumbledore, der ihr gerade das Abschlusszeugnis überreichte - Hermine war Jahrgangsbeste gewesen! Wie lange das nun alles her schien, obwohl es erst knappe drei Wochen waren. Und wie stolz Hermine gewesen war, nicht nur auf ihre Noten, sondern auf alles, was sie zusammen mit Ron und Harry geschafft hatte, besonders der Sieg gegen Voldemort ließ ihr Herz noch immer schneller schlagen.
Hermine vermisste die Schule bereits, würde es nach ihr gehen, würde die Schule viel länger dauern. Seufzend stand sie auf und ging zu ihrem Kleiderschrank. Sie war am Abend auf eine Muggel-Geburtstagsfeier eingeladen, ihre Muggel-Freundin und Nachbarin Mary wurde 18. Hermine war lange nicht mehr unter so vielen Muggeln auf einmal gewesen.

Plötzlich hörte sie etwas gegen ihre Fensterscheibe klopfen. Sie drehte sich um und zuckte im nächsten Moment erschrocken zusammen. Eine große, silbern schimmernde Eule flatterte vor ihrem Fenster auf und ab. Hermine kannte diese Eule nicht, dennoch öffnete sie rasch das Fenster und der große Vogel landete erschöpft auf ihrem Bett. Hermine entdeckte den Brief am Fuß der Eule. "Vielen Dank", sagte sie und streichelte der Eule über ihr weiches Gefieder. Bevor sie den Brief öffnete gab sie der Eule noch etwas Futter. Gebannt flogen ihre Augen schließlich über die Handschrift, die ihr sofort bekannt vorkam:

Liebe Miss Granger,
ich möchte Ihnen noch einmal für Ihre hervorragenden Abschlussnoten gratulieren. Sie haben sich Ihre Ferien wirklich mehr als verdient, dennoch muss ich Sie stören. Ich würde das natürlich nicht tun, wenn es sich nicht um einen Notfall handeln würde.
Ich bitte Sie daher sehr um Ihre Hilfe, Sie sind die Einzige, die uns eingefallen ist. Wenn Sie Ihre Zeit nun entbehren könnten, dann senden Sie mir bitte umgehend eine Nachricht zurück. Ich würde Sie dann heute Nacht abholen.
Mit freundlichen Grüßen, Professor McGonagall


Hermine schaute zu der Eule auf ihrem Bett. Was sollte das für ein Notfall sein? Und noch heute Nacht? Ob man sie wirklich so dringend brauchte? Hermine kannte Professor McGonagall gut, sie neigte normalerweise nicht zu Übertreibungen. Was blieb Hermine also anderes übrig? Sie nahm sich ein Blatt Papier und schrieb:

Liebe Professor McGonagall,
Ich bin gerne bereit Ihnen zu helfen. Sie können mich heute Nacht abholen.
Mit freundlichen Grüßen, Hermine Granger.


Sie steckte den Zettel in einen Briefumschlag und band ihn der Eule um den Fuß.
Hermines Eltern waren gar nicht begeistert von Hermines Plänen, besonders da sie nicht wussten, um was es sich bei der Sache handelte. Hermine versicherte ihnen, dass sie helfen musste und dass es mit Sicherheit nichts gefährliches sein würde. Professor McGonagall würde schon dafür sorgen, dass ihr nichts passierte (da war sich Hermine wirklich sicher). Ihre Eltern willigten besorgt ein und Hermine konnte endlich ihre Tasche packen gehen, vorsichtshalber packte sie Gepäck für ein paar Tage ein. Und dann wollte sie noch zu Marys Party, zwei Stunden würde sie noch Zeit haben, sie hatte es Mary versprochen.

Auf der Party dann konnte Hermine an nichts anderes denken, als an das, was ihr bevorstand. Es konnte so vieles sein. Sie wurde immer nervöser deswegen. Ob Ron und Harry auch benachrichtigt worden waren? Sie waren im Moment bei Rons Bruder in Rumänien und machten dort ein Praktikum im Drachen-Zähmen. Ohne die beiden fühlte Hermine sich oft ein wenig hilflos.
Ob es gefährlich werden würde, wie ihre Eltern befürchteten? Voldemort war vollkommen entmachtet worden, mit anderen Worten: er war tot, zumindest ging man davon aus, aber es gab auch andere Ungeheuer als nur Voldemort - Hermine hatte in sieben Schuljahren mehr als genug davon kennen gelernt.

"Möchtest du vielleicht tanzen?" Ein Junge stand plötzlich vor ihr und lächelte sie ein wenig unsicher an. Hermine war irritiert, zu sehr hing sie noch ihren Gedanken nach. Außerdem kannte sie diesen Typen ja nicht mal.
"Ist schon okay, du musst ja nicht..." Enttäuscht wollte sich der Junge umdrehen und gehen.
Da sprang Hermine auf. "Nein! Ich will ja!" Warum nicht? Sie hatte ja noch ein wenig Zeit und Hermine tanzte eigentlich sehr gern, sie hatte nur so selten Gelegenheit dazu bekommen. Und ihr Tanzpartner tanzte wirklich gut, sein Name war Jason und Hermine redete mit ihm über lauter Muggel-Kram und fühlte sich ziemlich geschmeichelt, dass er sie ein wenig anzuhimmeln schien.

"Hermine! Da bist du! Vor der Tür steht eine Frau, die dich unbedingt sprechen will." Mary hatte die tanzende Hermine festgehalten. Da fiel es Hermine wieder ein. "Oh man! Ja. Ich weiß...ich...ich geh zu ihr." Hermine war das alles unglaublich unangenehm, sie sah flüchtig auf ihre Uhr - halb zwölf. Wie hatte sie die Zeit so vergessen können? "Es tut mir leid, ich muss dann auch los", presste sie eilig hervor und versuchte den irritierten Gesichtsausdruck ihrer Freundin nicht zu beachten. Sie eilte zur Tür. Dort stand Professor McGonagall und sah Hermine mit ihrem strengen Blick an. "Entschuldigen Sie...ich..." In diesem Moment erschien ein Lächeln auf dem Gesicht der Lehrerin. "Schon gut, Miss Granger. Ich war auch mal in Ihrem Alter. Ihre Eltern haben mir gesagt, dass Sie hier sind. - Jetzt müssen wir uns aber wirklich beeilen."
Hermine war das alles immer noch ziemlich peinlich. Und dann kam auch noch all die Nervosität wieder. Möglichst gelassen versuchte sie sich von ihren Eltern zu verabschieden, allerdings fiel ihr das recht schwer. Dann holte sie noch ihre Tasche und schon ging es los.

"Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie so kurzfristig Zeit haben, Miss Granger." Professor McGonagall schaute Hermine ernst an, als sie vor dem Haus in der Dunkelheit standen.
"Was ist das für ein Notfall?", wollte Hermine wissen.
"Das erkläre ich Ihnen später. Wir müssen jetzt los."
Die beiden Hexen apparierten, was Hermine inzwischen oft gemacht hatte und ziemlich gut beherrschte, aber noch nie hatte es so lange gedauert. Hermine hatte das Gefühl in ein tiefes Loch gezogen zu werden und beinahe hätte sie keine Luft mehr bekommen, da fiel sie unsanft und von einem heftigen Schwindel erfasst auf den Boden.
"Oh, haben Sie sich verletzt, Miss Granger?"
"Nein." Immer noch ein wenig schwankend stand Hermine auf. Sie stand neben Professor McGonagall auf einem Weg, der zu einem alten, dunklen Haus führte. Hinter ihnen lag ein kleiner Wald. Die dunklen, undurchsichtigen Fensterscheiben in dem Haus vor ihnen wirkten besorgniserregend. Und das schwarzgekachelte Dach wirkte so schwer, als würde es das ganze Haus unter seinem Gewicht zusammendrücken.
Hermine umklammerte ihre Tasche, sie wollte nicht, dass Professor McGonagall ihr Zittern bemerkte.
"Es ist jetzt früher Morgen. Wir haben ein Zeitloch durchflogen. Na ja... Miss Granger, Sie sind hier, weil es Angriffe auf einige Zauberer und Hexen gab. Wahrscheinlich hat ein Anhänger Voldemorts damit zu tun. Ein recht bedrohlicher und sich schnell verbreitender Krankheitsfluch hat sich in der Zauberwelt verbreitet. Wenn die Krankheit nicht schnell genug geheilt werden kann, kann sie zu schrecklichen geistigen Schäden führen und schließlich bis zum Tode. Wir sind dem Übeltäter bereits dicht auf den Fersen..." Professor McGonagall machte eine Pause. Hermine begann immer heftiger zu frieren. "Das Problem ist, dass wir nun möglichst schnell ein Gegenmittel gegen diese Krankheit brauchen."

Hermine versuchte jedes Wort genau in sich aufzunehmen, auch wenn sie noch immer nicht verstand, was sie eigentlich mit der Sache zu tun hatte. "Professor Snape kann dieses Gegenmittel normalerweise herstellen, allerdings wurde er, als er sich vor wenigen Tagen in der Muggelwelt aufhielt, von einer Muggel-Grippe angesteckt. Die muss er auskurieren, denn es gibt keinen Zauber gegen sie." Professor McGonagall machte eine erneute Pause und sah zu dem düsteren Haus herüber. Hermine spürte ihren Herzschlag in all ihren Gliedern. "Es ist nun aber so: Hat man eine Muggel-Grippe, wie Professor Snape, dann darf man keine Zaubertränke herstellen. Sonst würde das verheerende Folgen haben. - Und deshalb brauchen wir Sie, Miss Granger. Sie waren bislang eine der besten Schülerinnen der Zaubertränke, das hat Professor Snape selbst gesagt." Hermines Herz machte einen Sprung. Professor McGonagall kam näher an sie heran. "Außerdem wissen wir, dass Sie mehr als einmal recht komplizierte Tränke gebraut haben."
Professor McGonagall grinste und Hermine spürte, wie ihr Gesicht rot wurde. Sie versuchte es zu übergehen. "Das heißt also, ich soll diesen Zaubertrank nun herstellen?", fragte Hermine hastig.
"Ganz genau. Professor Snape wird Sie dabei natürlich in jeder Hinsicht unterstützen. Er wird Ihnen sagen, was Sie tun sollen." Professor McGonagall lächelte zufrieden.

Hermine guckte zu dem Haus mit den dunklen Scheiben. Ihr wurde langsam einiges klar. "Mh...wenn ich jetzt alles richtig verstehe, dann wohnt Professor Snape dort und ich soll da rein, um mit ihm zu arbeiten."
"Ja. Professor Snape erwartet uns bereits. Kommen Sie." Professor McGonagall ging los. Hermine folgte ihr. Sie konnte es nicht fassen, mit wirklich allem hatte sie gerechnet, aber damit! Ausgerechnet Snape! War Hermine doch froh gewesen ihn nach der Schule ein für alle mal los zu sein, denn er hatte Harry, Ron und sie (und viele andere Schüler) bis zum Ende tyrannisiert, er konnte es nie sein lassen.
Hermine stöhnte leise, hoffentlich dauerte die Herstellung des Gegenmittels nicht allzu lange. Hermine war ein wenig durcheinander, wie sollte sie Snape gegenübertreten? Sie hasste ihn und er sie.

Dann stand Hermine vor der schweren, großen Haustür. Professor McGonagall betätigte den Türklopfer, der einer Schlange nachgebildet war. Von innen hallte der Ton dröhnend wieder - das passte zu Snape, fand Hermine und verdrehte die Augen. Alles wirkte vernachlässigt und düster, Hermine würde es wundern, wenn Snape andere Etagen des Hauses außer dem Keller bewohnen würde.
In diesem Moment öffnete sich die Tür, ein langes, in den Ohren schmerzendes Knarren ertönte. Professor Snape stand vor ihnen. Hermine musste ihr Lachen mühsam unterdrücken. Snape trug einen grauen, knöchellangen Bademantel, seine sonst so blassen Wangen waren vom Fieber gerötet. Auch seine Nase war rot und unter den Augen hatte er dunkle Ränder, so als hätte er lange nicht mehr geschlafen. Um den Hals trug er einen dicken Schal, der uralt und selbstgestrickt aussah. Er sah wirklich krank aus, aber Hermine hätte sich zu sehr anstrengen müssen ihn deswegen zu bedauern!
"Guten Morgen, Severus. Sie sehen nicht gut aus. Aber Miss Granger ist zum Glück bereit uns zu helfen." Professor McGonagall fasste Hermine an die Schulter und schob sie ein Stück nach vorne, näher zu Snape, dieser wandelnden Bazille!
Er schaute auf Hermine herab und bemühte sich wohl so bedrohlich zu wirken, wie Hermine es gewohnt war, aber sein kränkliches Aussehen verwehrte ihm die Fähigkeit seinem Blick die gewöhnliche Schärfe zu verleihen, seine Augen waren glasig und nicht mehr bohrend und stechend. "Oh...ja. Guten Morgen. Kommen Sie herein." Snapes Stimme war heiser, er sprach leiser als sonst, so als schien ihm seine Heiserkeit ein wenig peinlich zu sein.
Hermine und Professor McGonagall traten an Snape vorbei in das Haus. Sie kamen in eine kleine Vorhalle, Hermine war überrascht wie sauber es aussah. Allerdings war der Raum dennoch kahl und uneinladend. An einer Wand hing ein langer, schmaler Spiegel und in einer Ecke stand ein Kleiderständer. Sogar die Wände waren ausschließlich in dunklen Tönen gehalten.
Hermine überkam das Gefühl, dass Snape keine Heizung hatte, zumindest hatte er sie nicht an, denn ihr wurde plötzlich noch kälter, als es ihr draußen schon gewesen war. "Sie können Ihre Tasche hier abstellen, Miss Granger!"
Hermine ließ ihre Tasche sofort brav auf den Boden sinken, dann wurde ihr bewusst, dass Professor Snape nicht mehr ihr Lehrer war und er kein Recht hatte ihr in so einem Ton Befehle zu erteilen. Hermine wollte dem kranken Mann gerade einen bösen Blick zuwerfen, da hatte Snape sich auch schon zu Professor McGonagall gewandt. "Wollen Sie noch einen Tee trinken, bevor Sie gehen?"
"Machen Sie sich keine Mühen, Severus. Ich muss auch direkt wieder los. Wir sollten keine Zeit verlieren." Professor McGonagall guckte Snape ernst an.
"Nein, sicher nicht", erwiderte dieser kopfschüttelnd und Hermine sah, dass seine langen schwarzen Haare noch mehr an seinem Kopf klebten als sonst.
"Vielleicht können Sie Miss Granger einen anbieten. Und dann sollten Sie anfangen ihr alles zu erklären."
Hermine fühlte sich nicht wirklich angesprochen, sie sah immer noch zu Snape und sonnte sich in dem Gefühl, ihn einmal schwach sehen zu dürfen. Sicher, das war nicht gerade nett von ihr, aber Snape war auch nie nett zu ihr gewesen.
"Wir werden alles so schnell wie möglich erledigen." Snape sah nun wieder zu Hermine. "Ich hoffe Sie haben sich alles gemerkt, was Sie in der Schule so perfekt auswendig gelernt hatten, und Sie können es auch tatsächlich anwenden."
Da war er, dieser bösartige Unterton in Snapes Stimme. Hermine wäre beinahe explodiert, doch dann spürte sie Professor McGonagalls Hand auf ihrer Schulter. "Ich bin sicher, Miss Granger ist eine ausgezeichnete Schülerin, Severus, nach wie vor. - Und jetzt muss ich wirklich gehen." Professor McGonagall löste ihre Hand von Hermines Schulter.
Hermine überkam ein ungutes Gefühl. Sie sah Professor McGonagall hilflos an. Diese lächelte aufmunternd. "Ich werde mich zwischendurch bei Ihnen melden, Miss Granger, damit Sie Bescheid wissen über alles. Sie sind uns eine große Hilfe, das kann ich nur immer wieder betonen." Dann beugte sie sich plötzlich ganz nah an Hermines Ohr. "Nehmen Sie ihn nicht immer so ernst. Sie kennen ihn doch inzwischen, nicht wahr?"
Hermine war sehr überrascht über Professor McGonagalls geflüsterte Worte, so hatte sie ja noch nie über einen ihrer Kollegen gesprochen.
Snape sah die beiden Hexen durchdringend an, na ja, so durchdringend wie er es konnte, mit seinen dunkel umschatteten Augen, die gerade auch noch angefangen hatten zu tränen. Ein heftiges Niesen ließ Hermine im nächsten Moment zusammenzucken. Professor McGonagall reichte Professor Snape ein Taschentuch. "Stecken Sie nur Miss Granger nicht auch noch an!"
Professor Snape nahm das Taschentuch ungeduldig entgegen und putzte sich die triefende Nase. "Sie wird natürlich einen Trank zur Vorsorge bekommen, Minerva!" Mit diesen Worten entfernte Snape sich wenige Schritte von den Hexen.
Professor McGonagall grinste neckisch. Hermine war sich nicht sicher, ob Snape nur genervt war, oder ob ihm auch das Fieber ein wenig zu Kopfe gestiegen war. Er hatte ihnen den Rücken zugekehrt und putzte sich noch immer die Nase.
"So, nun muss ich aber wirklich. Es gibt viel zu tun, auch für Sie, Miss Granger. Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen, aber ich bin mir sicher, dass Sie das hinkriegen. So wie Sie alles immer hinbekommen haben."
Hermine erwiderte Professor McGonagall ein immer noch etwas unsicheres Grinsen, aber nickte tapfer. Sie musste das jetzt irgendwie schaffen, sie empfand es als ihre Pflicht, außerdem hatte sie Verantwortung zu tragen. Das konnte sie, sie war eine verdammt gute Hexe. Davon konnte auch ein Severus Snape sie nicht abbringen!

Als Professor McGonagall gegangen war, standen sich Hermine und Professor Snape schweigend gegenüber. Snapes Zustand schien sich zusehends zu verschlechtern, Hermine fragte sich, ob das Fieber wegen ihr stieg oder vielmehr wegen der Flüsterei von Professor McGonagall. Bekanntlich konnte Snapes es nicht ausstehen, wenn man ihm etwas vorenthielt, und vielleicht stieg das Fieber jetzt aus lauter Ärger darüber, na ja, zumindest wurde sein Gesicht immer noch ein wenig roter.
"Wollen Sie Ihr Zimmer sehen? Oder den Tee zuerst? - Am besten der Tee - Sie müssen noch was einnehmen, gegen diese Grippe!" Snape lief los, durch eine Tür, die in einen helleren Raum zu führen schien. Hermine folgte ihm schnell und nahm sich zum wiederholten Male vor, dass sie sich nicht von ihm herumkommandieren lassen würde! Doch als sie eintrat war sie erst einmal geblendet - es gab Fenster in diesem Raum und durch diese schien, es war kaum zu glauben, die helle, freundliche Morgensonne.
Hermine war überrascht. Der Raum, in dem sie sich jetzt befand, hatte nicht nur Fenster, er war auch sonst recht normal eingerichtet. Es war eine Küche, keine sehr große, aber eine sehr gepflegte. Hermine überlegte, ob Snape so viel an Ordnung liegen konnte, oder ob es nur an seinem ihn so beherrschenden Perfektionismus lag, dass alles so sauber und aufgeräumt war. Vielleicht benutzte er die Küche auch nicht, Weasleys Küche dagegen, die immer benutzt wurde, war ein regelrechtes Chaos, überall lag etwas herum, bei Snape lag nichts herum, alles schien in den Schränken verstaut zu sein.

"Miss Granger, wenn Sie fertig sind meine Küche mit Ihrem prüfenden Blick zu durchleuchten, dann möchte ich Sie doch sehr bitten dieses Glas auszutrinken."
Jetzt erst wurde Hermine wieder klar, dass Snape natürlich bei ihr war. Er stand neben dem kleinen Küchentisch, auf dem Hermine einen Tagespropheten, einen Teller, eine Tasse und ein Glas entdeckte. In dem Glas befand sich eine braun-gelbe, dickbreiige Flüssigkeit. "Das ist wegen der Grippe, ja?", fragte Hermine stirnrunzelnd.
"Nein. Das ist ein Gifttrank und ich will Sie in eine Falle locken. Was denken Sie denn?"
Gerade wollte Hermine etwas erwidern, da entfuhr Snape ein erneutes heftiges Niesen. Und dann bekam er einen regelrechten Niesanfall, ein "Hatschi" folgte dem nächsten. "Ach, verdammt!", fluchte Snape, als er sich endlich wieder gefangen hatte. Seine Augen waren gerötet und tränten so sehr, dass es aussah, als würde er weinen.
"Gesundheit", bemerkte Hermine leise.
"Ja ja - - trinken Sie!", fuhr Snape sie an und ging aus der Küche. Hermine hörte, wie er sich in der Vorhalle lautstark die Nase putzte und danach noch zu husten begann. Irgendwie hätte das alles ja sehr komisch sein können, Hermine hätte sich nie einen kranken Severus Snape vorstellen können, noch dazu hätte sie nie geglaubt, jemals bei Snape zu Hause zu sein, und diese Küche... Hermine wollte plötzlich gar nicht mehr weg, sie fand es aufregend Snape so hilflos zu erleben, er brauchte sie, das erfüllte Hermine mächtig mit Stolz - außerdem würde sie die Chance haben herauszubekommen, was für ein Privatleben ihr ehemaliger Lehrer hatte, falls er überhaupt eins hatte. Und sicher würde nicht jeder Raum so leer und anonym sein, wie diese Küche. Da nieste Snape erneut, Hermine glaubte es wäre besser, wenn er sich hinlegen würde, aber dann streifte sie diesen besorgten Gedanken von sich - Snape sollte ruhig ein bisschen leiden, das tat ihm vielleicht mal ganz gut. Entschlossen, mit großen Schlucken, trank Hermine den ekeligen Trank aus dem Glas. Vor lauter Abscheu bekam sie Gänsehaut, aber sie wusste, dass sie das vor Snapes Viren schützen würde.
"Professor Snape, wir können....oh, Professor, geht es Ihnen gut?" Hermine war aus der Küche geeilt, um zu Snape in die Vorhalle zu gehen. Doch sie geriet ins Stammeln, als sie Snape auf der untersten Stufe der Treppe, die nach oben führte, sitzen sah. Er rieb seine Stirn mit der Hand und sah ziemlich fertig aus.
Snape schaute hoch, seine Augen waren wässrig. "Mir geht es gut, wenn dieser Trank fertig ist. Und nennen Sie mich nicht Professor, wir sind hier nicht mehr in Hogwarts!" Mit diesen Worten stand Snape auf, zu ruckartig, wie es schien, denn er geriet ins Schwanken.
"Professor!", rief Hermine erschrocken und versuchte den großen Mann noch zu stützen - es half nichts, Hermine hatte nicht genug Kraft, Snape sackte neben ihr zusammen. "Professor! Was machen Sie denn?" Hermine guckte entsetzt zu ihm herunter. Er lag auf dem Rücken und sein Blick wirkte verklärt. Hermine kannte das, sie hatte selbst schon oft genug Fieber gehabt. Sie beugte sich zu ihm hinunter. All ihre sadistischen Gedanken waren verschwunden, Snape fieberte, er würde sich noch eine Lungenentzündung einfangen, wenn er so weitermachte. Er musste sich ausruhen.
Hermine scheute zurück, aber dann wagte sie es ganz vorsichtig ihre Hand auf Snapes Stirn zu legen. Sie war glühend heiß. "Professor Snape, hallo?" Hermine tätschelte ihm leicht auf die Wange.
"Was machen Sie denn mit mir, Miss Granger? Der Trank, wir können nicht länger..."
"Jetzt hören Sie aber auf! Sie müssen sich ausruhen, wenigstens ein paar Stunden. Sie sind krank!" Hermine hörte sich genau so streng an, wie Professor McGonagall. Sie fasste Snape am Arm und versuchte ihn ein wenig hochzuziehen. "Sie müssen aufstehen. Na, kommen Sie schon!" Beschwerlich gelang es ihr Snape wieder auf die Beine zu stellen. "Wo ist Ihr Schlafzimmer?"
"Oben." Snape deutete die Treppe hoch. Hermine schob und drückte Snape die Stufen hoch. Sie öffnete eine der drei Türen, die oben waren. Sie wusste nicht, ob das Snapes Schlafzimmer war, aber immerhin stand ein Bett dort. Hermine ließ den Kranken in jenes Bett fallen. Doch schon im nächsten Moment richtete er sich wieder auf und machte Anstalten aufzustehen. "Das geht nicht. Ich kann mich jetzt nicht hinlegen, Miss Granger..." Seine Stimme war nur noch ein mattes Krächzen.
"Sie müssen sich aber ausruhen! Sie haben heftiges Muggelfieber, Professor, damit ist nicht zu spaßen, glauben Sie mir! - Nur ein, zwei Stunden, und Sie werden sehen, es wird Ihnen besser gehen! In Ihrem Zustand können Sie ja doch nicht arbeiten." Hermine drückte Snape in die Kissen, dann hob sie seine Beine auf das Bett.
Snape wehrte sich nicht mehr, aber dennoch machte das die Sache nicht wesentlich einfacher. Hermine musste die Bettdecke unter Snape wegziehen, das war eine Höllen-Arbeit. Als sie es endlich geschafft hatte, deckte sie ihn sorgfältig zu. Snape murmelte irgendetwas, Hermine verstand kein Wort. Da lag er nun, ihr Professor, im Fieber - irgendetwas musste Hermine doch tun können. Der Zaubertrank musste fertig werden, schnell - und das ging nur, wenn Snape gesund war. Sie wusste ja noch nicht mal, um was für einen Zaubertrank es sich handelte. Erschöpft ließ sie sich auf die Bettkante neben Snape sinken. Wenn nur ihre Mum bei ihr wäre, sie kannte so viele Hausmittel gegen eine Grippe, wie war das noch? Mussten die Wadenwickel kalt oder warm sein, Tee mit Honig oder Zitrone? Bettruhe, ja, das war auf jeden Fall gut. Hermine guckte zu Snape, er schien eingeschlafen zu sein - hörte er denn nie auf, ihr das Leben schwer zu machen?


"Ähm, Entschuldigung Miss...."
Hermine schrak auf. Eine Stimme, im Zimmer! Sie schaute zu Tür. Da entdeckte sie einen kleinen Hauself, der schüchtern seine großen Ohren angelegt hatte und Hermine vorsichtig ansah. "Oh! Oh....sie....hallo."
Hermine überkam erneut Wut. Snape hielt sich also auch einen Hauself - na dann, sollte er doch krank im Bett liegen! Hermine verachtete die Zauberer, die sich Hauselfen hielten, sie behandelten sie schlecht. Sie stand auf und ging auf den Elf zu. Dieser wich ehrfürchtig vor ihr zurück. "Sie brauchen keine Angst vor mir zu haben. Ich werde Ihnen nichts tun. - Ich bin übrigens Hermine Granger. Wie heißen Sie?"
Das kleine Wesen lächelte Hermine dankbar an. "Oh, Sie sind Miss Granger, Miss. Es ist mir eine wirklich große Ehre Sie kennen zu lernen. Mein Meister hat Sie ja schon erwartet. Sie waren eine ausgezeichnete Schülerin, das hab ich gehört. Oh, ich habe ja so vieles von Ihnen gehört." Der kleine Elf griff nach Hermines Hand und küsste sie mehrmals.
Hermine zog ihre Hand, die bereits ganz nass wurde, zurück. "Ist ja schon gut. Das ist sehr nett von Ihnen. Wirklich nett. - Aber Sie haben mir immer noch nicht gesagt, wie Sie heißen." Hermine lächelte etwas gequält. Hauselfen waren manchmal sehr anstrengend.
"Oh, entschuldigen Sie, Miss Granger, natürlich, Verzeihung - ich bin Gwony, Miss. Eigentlich heiße ich Elvila, aber so wollte ich nicht mehr heißen, nein, nein - dieser Name macht mich traurig. Oh ja...oh oh, tut mir leid, wenn ich so viel rede. Sie sind hier Gast."
Gwony (Hermine war nicht sicher, ob Gwony ein Mädchen oder ein Junge war) strahlte Hermine von unten aus an. "Ok - Gwony...." Hermine dachte einen Moment nach, dieses kleine Wesen hatte sie ein wenig irritiert.
"Oh, Miss...oh, sehen Sie, mein guter Meister ist krank.... Er muss doch wieder gesund werden, Miss Granger, damit er helfen kann." Gwony huschte an Hermine vorbei und kletterte zu Snape aufs Bett. Sie (Hermine legte für sich fest Gwony als "Sie" zu betrachten) zupfte aufgeregt an der Bettdecke und versuchte Snape zu wecken.
"Nein, Gwony! Sie müssen ihn schlafen lassen!" Hermine eilte zu ihr und hob sie vom Bett herunter.
"Aber er muss den Zaubertrank machen. Sonst geschieht etwas schreckliches mit all den Kranken, Miss Granger." Gwony guckte Hermine ängstlich an. Plötzlich verwandelte sich ihr Blick jedoch und ein breites Lachen erschien in ihrem schrumpeligen Gesichtchen. "Aber Miss, Sie können den Trank machen, nicht wahr? Ja, natürlich, Sie können das! Sie werden alle retten!"
Hermine brach es beinahe das Herz, dass sie die Hoffnungen der Kleinen zerstören musste. Sie kniete sich hin, so dass sie auf Augenhöhe mit dem kleinen Wesen war. "Gwony - ich kann diesen Trank nicht alleine herstellen. Ich wünschte ich könnte es, aber ich weiß nicht mal, welcher Trank gemacht werden muss." Hermine sah Gwony traurig an. Doch Gwony schien gar nicht traurig darüber zu sein. "Und wenn Sie es wüssten, Miss Granger, könnten Sie den Trank dann machen?" Ihre Augen wurden ganz groß.
"Na ja, ich weiß nicht, vielleicht, es kommt darauf an...." Doch Gwony begann auf und ab zu hüpfen. "Ich weiß, um welchen Trank es sich handelt - oh ja, mein guter Meister hat viel darüber gesprochen."
Hermine ekelte es ein wenig an, dass Gwony immer "mein guter Meister" sagte, aber das spielte wohl im Moment keine Rolle. "Und - wie heißt der Trank?"
Gwony richtete sich auf, sie schien stolz zu sein so etwas wichtiges verkünden zu können. "Es ist der Aranemos-Trank", erklärte sie deutlich und strahlte über das ganze Gesicht.
Snape rührte sich in diesem Moment. Er hatte die Augen ein wenig geöffnet. "Miss Granger... Sie....der Aranemos-Trank... Sie müssen warten, bis ich gesund bin..." Seine Stimme war kaum zu hören.
"Ich weiß ja doch nicht, wie man ihn herstellt. Ich habe noch nie etwas von diesem Trank gehört." Sie schaute zu Snape, doch dieser hatte die Augen schon wieder geschlossen. "Gwony, hören Sie, ich kenne diesen Trank nicht!"
"Aber Miss, mein Meister hat unzählige Bücher im Labor, mit Rezepten für alle Tränke."
"Zeigen Sie mir diese Bücher, sofort!"

Hermine folgte Gwony. Sie kamen in die Vorhalle. "Es ist kalt da unten, Miss Granger. Sie sollten sich mehr anziehen."
Hermine nahm eine dunkle Jacke vom Kleiderständer, sie war ihr viel zu groß, aber wenigstens war sie warm. Als sie einen kurzen Blick in den Spiegel geworfen hatte, wollte sie sich wieder zu Gwony wenden, doch sie war nicht mehr da. "Gwony!?" Sie antwortete nicht. Hermine ging in die Küche. Da war sie auch nicht. Sie eilte wieder raus und dann durch eine andere Tür, die aus der Vorhalle führte. Sie fand sich in einem Wohnzimmer wieder. Um sie herum standen schwere Ledermöbel, an der Wand war ein großes Bücherregal, Hermine war versucht sich all die Bücher anzusehen, aber da war noch eine weitere Tür, eine, die wieder aus dem Wohnzimmer hinausführte, ins Freie, und die war geöffnet. Hermine lief hindurch.

Aus dem düsteren Wohnzimmer hinaus kam sie in einen bunten Garten mit unendlich vielen Pflanzen und Blüten. Es roch herrlich hier, Hermine hatte manche der Blumen nie zuvor gesehen. "Gwony!?", rief sie erneut und wandelte ein paar Schritte durch den dicht bewachsenen Garten. So wie es aussah ließ Snape hier alles wachsen, mit Sicherheit konnte er hier vieles für seine Zaubertränke ernten. Dann entdeckte Hermine ein Gewächshaus, auch dort stand die Tür auf. "Gwony?" Sie ging vorsichtig hinein, wer wusste, was für Pflanzen sich noch bei Snape verbargen?
Im Gewächshaus war es noch viel voller und noch viel bunter, manche Pflanzen bewegten sich oder gaben leise Töne von sich, als würden sie sich unterhalten.
"Miss Granger...oh oh....ich hätte Ihnen Bescheid sagen sollen." Dann stand ein dicker Stoffsack vor Hermine, allerdings hatte er Gwonys Stimme. "Ich wollte mir auch was warmes anziehen. Aber jetzt bin ich fertig. Wir können gehen."
Hermine konnte Gwony kaum noch erkennen, sie trug jede Menge Kleidungsstücke übereinander, die meisten waren schwarz. "Sagen Sie mal, warum haben Sie alle diese Kleider?"
"Na, die sind von meinem gütigen Meister. Ist er nicht gütig?"
Hermine stutzte. "Snape hat sie Ihnen geschenkt?!"
Gwony nickte eifrig. "Oh ja. Er ist so unendlich gut zu mir", schwärmte sie.
"Aber dann sind Sie frei - das wissen Sie doch, oder? Wenn der Herr einem Hauselfen Kleidung schenkt, dann..."
"Oh ja ja! Ich weiß", unterbrach Gwony Hermine. "Wer sagt denn auch, dass ich nicht frei bin?"
"Was? Aber...ich dachte, Sie arbeiten für Professor Snape."
"Das tue ich auch. Ich bekomme sogar Lohn dafür, ich musste es annehmen, sonst hätte ich nicht für ihn arbeiten dürfen. Sie müssen wissen, Miss Granger, mein Meister wollte mich gar nicht haben. Er hat so oft versucht mich wegzuschicken - aber was sollte ich denn tun? Ich bin eine Hauselfe. Also blieb ich hier, bei ihm. Er wäre doch sonst ganz allein..... Schließlich hat er erlaubt, dass ich für ihn arbeite, im Garten. Und er hat mir all diese wunderschönen Kleider geschenkt...." Gwony streichelte sich andächtig über die Kleidung, die sie trug.
Hermine konnte es kaum glauben, was sie da hörte. Snape bezahlte eine Hauselfe? "Aber, warum sind Sie dann überhaupt hier, wenn Snape keinen Hauselfen haben wollte?"
"Oh. Ich war ein Geschenk, müssen Sie wissen, von Mr. Lucius Malfoy."
"Oh", entfuhr es Hermine nur, Lucius Malfoys Bekanntschaft hatte sie leider auch schon gemacht. Sie hatte keine Ahnung, was zwischen ihm und Snape vorging, aber das war inzwischen egal. Lucius Malfoy war verschwunden, als Voldemort gestürzt worden war, niemand wusste, wo er sich aufhielt. Man suchte ihn, aber bislang erfolglos. Viel wichtiger war, dass Hermine Snape zu Unrecht verurteilt hatte. Er hielt sich keinen Hauself, er hatte Gwony sogar die Freiheit geschenkt. Hermine war einen Moment lang gerührt, aber dann fiel ihr ein, dass sie noch etwas wichtiges zu tun hatten. Sie forderte Gwony auf, sie ins Labor zu den Büchern zu führen.

Der Keller von Snapes Haus erinnerte tatsächlich ein wenig an die Kerker in Hogwarts, in denen Snape immer unterrichtet hatte. Alles war düster, an den Wänden hingen eine Menge Regale, die mit unzähligen Flaschen und anderen Gefäßen gefüllt waren und in der Mitte des großen Kellerraumes war ein regelrechtes Laboratorium aufgebaut - Hermine hatte das Gefühl hier alles finden zu können, was man jemals für einen Zaubertrank brauchen würde. Allerdings war es auch wirklich ziemlich kalt, so wie Gwony gesagt hatte.

"Da stehen die Bücher." Gwony deutete in einen Winkel des Zimmers und Hermine erblickte ein riesiges Regal, das komplett mit Büchern vollgestellt war. "Das Rezept für den Aranemos-Trank muss in einem der Bücher über Gegen- und Heiltränke sein." Zielstrebig ging Gwony auf das Regal zu.
"Woher weißt du das alles?", wollte Hermine wissen und folgte ihr.
Gwony grinste stolz. "Manchmal erlaubt mir mein gütiger Meister ihm zu assistieren, Miss Granger. Außerdem wissen wir Hauselfen auch eine ganze Menge, wir haben nur selten eine Chance, das zu zeigen."
Hermine fand diese Vorstellung irgendwie komisch - da assistierte dem berühmten Zaubertrankmeister eine kleine Hauselfe, wahrscheinlich hatte Snape sich erst nach langem dazu überreden lassen. Nun schaute Hermine dem kleinen, sonderbaren Wesen fasziniert zu, wie es zielstrebig zu einer Seite an dem Regal ging und auf einige Bücher deuteten, die weit unten standen. "Gegen- und Heiltränke, bitte sehr, Miss Ganger."
"Vielen Dank." Hermine bückte sich. Sie entdeckte ungefähr zwanzig verschiedene Bücher über Gegen- und Heiltränke. "Am besten ich suche den Trank jetzt heraus, Gwony. Sie könnten sich in der Zeit um Professor Snape kümmern, ja? Am besten Sie machen ihm Wadenwickel, damit das Fieber sinkt - mit kaltem Wasser. Und dann messen Sie ihm Fieber, wir sollten überprüfen, wie schnell es sinkt. Vielleicht könnten Sie ihm auch ein feuchtes Tuch auf die Stirn legen - aber wecken Sie ihn nicht! Ja, und passen Sie auf, dass er immer gut zugedeckt ist." Hermine war einiges wieder eingefallen, was sie von ihrer Mutter gelernt hatte. Sie hoffte das würde Snape helfen, ihr ging nämlich nicht aus dem Kopf, dass Snape gesagt hatte sie solle warten, bis er wieder gesund wäre. Warum sollte sie nicht alleine anfangen? Hatte Snape sie vielleicht warnen wollen? Aber wovor? Sie würde sich doch genau an die Anweisungen halten, was konnte da schief gehen? Hermine war ja nicht dumm! Vielleicht hielt Snape sie für dumm? Na ja, um über all das nachzudenken, war wirklich keine Zeit mehr, fand Hermine. Snape würde mindestens noch einen ganzen Tag verschlafen, und ob er dann wieder fit sein würde, war fraglich. Sie musste anfangen, es ging schließlich um Leben und Tod.

Im siebten Buch fand Hermine schließlich den Aranemos-Trank. Das Rezept war zum Glück nicht besonders lang und man schien auch nicht allzu viele Zutaten zu brauchen. Hermine suchte nach der Herstellungszeit, die stand meistens am Ende des Rezepts. Diesmal jedoch stand mit großen Buchstaben das Wort Warnung am Ende. Hermine schluckte. Alle Zauberkundigen, die sich an diesen Trank wagen, sollen gewarnt sein. Was so einfach scheint, birgt oft große Schwierigkeiten. Hermine starrte wir gebannt auf die Schrift, unter den beiden Sätzen erschienen jetzt weitere Buchstaben: Trau dir nicht zu viel zu, junge Hexe. Du weißt viel, aber kannst du alles wissen? Lass dir gesagt sein, dass Monster deine Seele besiedeln können, wenn du zu viel wagst, Monster, die du noch nie zuvor gesehen hast, Monster, die dein Verderben bedeuten können. Und was die Herstellungszeit angeht: Wenn du alles überstehst, wird sie zwei Wochen betragen, wenn du es nicht überstehst, wirst du in die Ewigkeit eingehen.
Als Hermine alles gelesen hatte, verschwand die Schrift wieder. Was hatte das zu bedeuten? Warum stand nirgends, wie man sich vor diesen angeblichen Gefahren oder diesen Monstern schützen sollte? War das nur ein Spiel? Hermine hatte schon gehört, dass die Herstellung mancher Zaubertränke sehr gefährlich sein konnte, aber sie hatte selbst noch nie Erfahrung damit gemacht. Und was sollte das heißen, sie wisse viel, aber könne sie auch alles wissen?

Hermine ging die Liste mit den Zutaten durch. Sie kannte alle, bis auf eine: Monsterklee. Hermine zuckte ein wenig zusammen bei diesem Wort. Sie musste Snape fragen. Sie ließ das Buch aufgeschlagen liegen und rannte die Stufen nach oben. "Gwony. Wie geht es Professor Snape?" Hermine stürzte außer Atem in das Zimmer, in dem Snape schlief.
"Oh oh, Miss Granger, gar nicht gut. Er redet wirres Zeug. Ich habe ihm die Waden umwickelt, da hat er nach mir geschlagen - aber ich bin ausgewichen." Gwony stand neben Snape, dieser schien wieder eingeschlafen zu sein.
Hermine trat näher an das Bett heran. Snapes Stirn glänzte feucht. "Haben Sie ihm Fieber gemessen?"
"41,8", erwiderte Gwony und sah Hermine bedrückt an, die sich nun niedergeschmettert auf die Bettkante sinken ließ. "Was ist mit Ihnen, Miss Granger? Können Sie den Trank nicht ohne ihn herstellen?"
Hermine wollte die kleine Hauselfe nicht ansehen, ihr besorgter Blick würde sie wahnsinnig machen. "Doch! Natürlich kann ich das auch ohne ihn. Es ist nur, ich dachte, ich seh mal, wie es ihm geht." Hermine stand auf, die Angst versagen zu können stieg in ihr hoch und schnürte ihr beinahe die Kehle zu. Aber wenn sie nichts tat, dann war das erst recht ein Versagen, Zauberer und Hexen würden sterben und Hermine hätte das nicht verhindert. "Ich geh jetzt wieder runter, Gwony. Sie können mir vielleicht später helfen. Jetzt sorgen Sie noch für den Professor. Wenn er aufwacht, dann muss er viel trinken. Und wechseln Sie ihm die Wadenwickel stündlich."
Hermine lief aus dem Zimmer, wieder nach unten. Sie stand in der leeren Vorhalle und fühlte sich furchtbar verlassen. An niemanden konnte sie sich wenden, wären doch nur Ron und Harry bei ihr gewesen, zusammen hätten sie das hingekriegt. Hermine spürte Tränen in ihren Augen - nein, sie musste das jetzt tun! Sie versuchte ruhig zu atmen, wenn sie vorsichtig war, dann würde es funktionieren. Sie kannte sechs von sieben Zutaten und wusste wie man mit ihnen umging. Es musste funktionieren! Sie war die Jahrgangsbeste in Hogwarts gewesen und Snape hatte angeblich selbst gesagt, dass sie die Beste in seinem Unterricht gewesen war. Sie gab sich einen Ruck, zwei Wochen Herstellungszeit - keine Frage, sie konnte nicht auf Snape warten!

Mit zitternden Händen (Hermine redete sich ein, dass das an der Kälte lag) nahm sie das Buch wieder auf. Zuerst sollte man Salbeiblätter stampfen, eine ganze Menge und diese dann vier Tage in eiskaltes Wasser einlegen. Hermine fand Salbei im Gewächshaus. Das Stampfen war anstrengend und dauerte fast eine Stunde.
Gwony kam zwischendurch herunter. "Das Fieber ist ein wenig gesunken, Miss Granger. Kann ich Ihnen vielleicht helfen?"
Hermine wischte sich den Schweiß von der Stirn, sie hatte sich die dicke Jacke inzwischen ausgezogen. "Ja. Ich brauche gleich Monsterklee. Sie müssen ihn mir zeigen."
"Monsterklee?!" Gwony riss die eh schon großen Augen noch weiter auf.
Hermine hielt inne und sah die Hauselfe durchdringend an. "Was wissen Sie über Monsterklee? Ich kenne dieses Gewächs nicht."
"Oh, Miss, ich weiß nicht viel. Aber es ist schwierig diese Pflanze zu bändigen. Sie haben nur Respekt vor meinem respekteinflößenden Meister. - Sie machen mir Angst, wenn ich ehrlich bin." Gwony hatte ganz feuchte Augen bekommen.
"Was tun sie denn genau?"
"Oh, sie wollen sich nicht ernten lassen. Sie wehren sich mit allen Mitteln dagegen. Und ihre Bisse sind wirklich schmerzhaft. Oh... ich wurde einmal gebissen, das war furchtbar, ich will gar nicht daran denken müssen, nein, nein... Ich bin nur an ihnen vorbei gelaufen und schon haben sie.... haben sie mich gebissen...!" Gwony brach in ein ohrenbetäubendes Gejaule aus.
Hermine fühlte sich nicht gerade wohl bei dem, was Gwony da berichtete. Aber wenigstens war ihr jetzt klar, was diese Warnung zu bedeuten hatte - der Monsterklee war widerspenstig. "Gwony, hören Sie auf! Ist ja gut. Sie müssen mir den Klee nur zeigen. Ich pflücke dann die Blätter, die ich brauche!", rief Hermine der Elfe entgegen.
Schlagartig stellte Gwony ihr Gejaule ein. "Sie sind sehr tapfer, Miss Granger."

Na ja, tapfer fühlte sich Hermine gar nicht mehr, als sie mit Gwony in den wild-verwachsenen Garten trat. Sie erkannte unzählige Gewächse wieder und die Sonne schien herrlich wärmend vom Himmel herab. Allerdings führte Gwony sie in eine dunkle Ecke des Gartens. Hermines Herz begann zu rasen.
"Wir sollten leise sein. Der Monsterklee ist äußerst wachsam." Gwony lief auf Zehenspitzen weiter in die düstere Ecke hinein. "Dahinten ist es", flüsterte Gwony plötzlich und ihr ganzer Körper erzitterte heftig.
Hermine sah in die Richtung, in die Gwony mit ihren kleinen Fingern deutete. Sie entdeckte ein grünlich-schimmerndes Gewächs, das eigentlich recht harmlos aussah. Es war vielleicht zwanzig Zentimeter hoch und unzählige grüne Blätter wuchsen an den ineinander verhakten Ranken. Es schien sie und Gwony noch nicht bemerkt zu haben.
"Es wird versuchen uns umzubringen", bemerkte Gwony, beinahe weinend und erleichterte Hermine die Sache damit ganz und gar nicht!
"Wie muss ich vorgehen?", fragte Hermine.
"Sie müssen ihnen Respekt einflößen. Dann geben sie Ihnen, was Sie brauchen."
Hermine stöhnte leise. Wie sollte sie diesem Klee Respekt einflößen? Konnte sie nicht lieber versuchen, die zwei Blätter, die sie brauchte abzuzupfen, ohne dass diese Pflanze etwas davon merkte? "Sie bleiben hier, Gwony. Ich gehe hin."
Gwony nickte und sah Hermine angsterfüllt an, die sich jetzt dem grünen Gewächs vorsichtig näherte. Sie war nur noch einen Schritt entfernt, da zuckte die Pflanze heftig zusammen. Hermine wusste, dass sie schnell sein musste. Sie machte einen Satz nach vorne und streckte ihre Hand zielstrebig in das Gewächs, um nach einem Blatt zu greifen. Da schrie Gwony auf und Hermine zog ihre Hand erschrocken zurück, dicht an ihren Körper. Das grüne, vor kurzem noch so harmlos wirkende Gewächs, hatte plötzlich ein Gesicht bekommen, vielmehr hatte es ganz viele kleine Gesichter bekommen, die jetzt an Stängeln hervorragten und wütend zu Hermine blickten. Besonders hervorstechend waren die Münder in den Gesichtern, sie waren weit geöffnet und ließen zwei Reihen kleiner, scharfer Zähnchen sehen.
"Miss Granger, passen Sie auf. Er wird versuchen Sie zu beißen!", rief Gwony aufgeregt und in diesem Moment versuchte auch schon einer der Münder nach Hermine zu schnappen.
Hermine sprang schockiert zurück. Ein leises, aber bedrohliches Knurren war zu vernehmen. "Das... das ist ja höllisch!" Hermine schüttelte den Kopf und versuchte sich wieder zu beruhigen. Irgendwie musste man diesen Monsterklee doch überlisten können.
"Passen Sie bitte gut auf", hörte Hermine Gwony wimmern.
Sie dachte angestrengt nach. "Hey, Monsterklee. Wie wärs, wenn du mir nur eins deiner Blätter geben würdest? Ich geb dir dann auch etwas, vielleicht leckeren Dünger?" Hermine grinste so freundlich sie konnte. Doch die grünen Gesichter guckten darauf noch grimmiger und knurrten Hermine nur noch lauter an. "Ich brauche deine Blätter wirklich, es geht um Leben und Tod - das sag ich nicht nur so. Bitte!"
Doch der Monsterklee schnappte darauf wieder nach Hermine, so sehr, dass sie noch einen Schritt zurückspringen musste, um nicht von den scharfen Zähnen erwischt zu werden. Langsam wurde sie wütend, wie sollte sie nur an diese Blätter kommen? Vielleicht mit einem Zauberspruch? Sie versuchte darauf den Klee zum Gefrieren zu bringen, aber das funktionierte nicht. Dann lief sie auf und ab. Sie spürte in diesem Moment, wie leer ihr Magen eigentlich war, aber zum Essen hatte sie im Moment wirklich keine Zeit. Warum hatten diese Pflanzen vor Professor Snape Respekt? Was hatte er mit ihnen gemacht?
Da hatte Hermine eine Idee - im Gewächshaus hatte sie eine Schere gesehen! Sie rannte los. Gwony wollte ihr folgen, aber Hermine war schneller wieder bei ihr, als Gwony überhaupt am Gewächshaus sein konnte. Jetzt trug sie Handschuhe und hielt eine großen Heckenschere in ihren Händen.
"Miss Granger, was haben Sie vor? Ich muss Sie warnen, machen Sie nichts unüberlegtes!"
"Er wird uns seine Blätter schon geben, warten Sie nur ab!" Drohend ging Hermine auf den Monsterklee zu. Sie hielt die Heckenschere in die Höhe. "So. Du hast die Wahl. Ich kann mir auch abschneiden, was ich brauche - mit Gewalt."
Jetzt knurrte das Gewächs so laut, dass es sogar Gwonys Wimmern übertönen konnte. Die Münder reckten sich gierig in Hermines Richtung. "Na warte!!", schrie Hermine auf und rammte die Schere mitten in die Pflanze hinein. So schnell sie konnte, schnitt sie eine der Ranken ab. Die fiel zu Boden, aber da packten zwei der Münder Hermines Heckenschere und rissen sie ihr aus den Händen. Hermine konnte gerade noch ihre Hände wegziehen und entging nur knapp einem heftigen Biss. Ihr Herz raste.
"Oh Miss Granger. Sie sind ja so tapfer! Sie haben es geschafft!" Gwony hüpfte aufgeregt um Hermine herum. Die bissigen Gesichter waren verschwunden und der Klee sah harmlos aus, wie nie zuvor. Hermine lachte, auch wenn der Schreck noch anhielt, aber sie hatte es geschafft. Ja! Sie hatte es geschafft, ohne gebissen zu werden. Jetzt stand dem heilenden Zaubertrank nichts mehr im Weg. Die Gefahr, vor der im Buch gewarnt worden war, war ja nun überstanden.

Die zwei Blätter des Klees mussten schnell verarbeitet werden. Hermine schnitt sie in winzige Stückchen und dann legte sie diese in eine Mischung aus Alkohol und Kirschblütenflüssigkeit, was zusammen einen angenehmen Duft erzeugte. Und dann musste sie warten. Die Flüssigkeit musste fünf Tage in die Monsterklee-Blätter einwirken, dann würde Hermine erst weitermachen können.
Sie machte sich mit Gwony zusammen etwas zu essen, Professor Snape hatte tatsächlich das ein oder andere in seiner Küche und Hermine bemühte, sich bei der Zubereitung so sauber wie nur möglich zu arbeiten. Schließlich beschloss sie sich ein bisschen hinzulegen, sie war hundemüde. Aber vorher wollte sie noch einmal nach dem Kranken sehen. Sie kochte einen Tee, gab etwas Honig hinzu und ging dann nach oben.
Snape sah immer noch schlecht aus. Hermine berührte ihn vorsichtig an der Schulter. "Professor Snape. Hallo?"
Snape schlug die geschwollenen Augen ein wenig auf. "Miss Granger..." Seine Stimme war kaum zu hören.
"Ich habe Ihnen einen Tee gemacht, mit Honig, den müssen Sie trinken."
Doch Snape reagierte gar nicht darauf. "Sie... Sie haben noch nicht angefangen, oder?"
"Nein, natürlich nicht", log Hermine schnell. Sie verstand nicht, warum Snape sich so anstellte. Es hatte doch alles so gut geklappt. Schließlich wartete Hermine noch, bis Professor Snape den Tee getrunken hatte, dann ging sie wieder nach unten und ließ ihn schlafen. Sie selbst legte sich ein bisschen auf die Couch ins Wohnzimmer. Schon bald fielen ihr die Augen zu.

Als sie wieder aufwachte, hatte sich ein eigenartiger Geruch im Haus ausgebreitet. Hermine fiel ein, dass der von den eingelegten Blättern kommen musste. Sie fühlte sich immer noch müde und ein wenig benommen. Draußen begann es bereits zu dämmern, Hermine musste Stunden geschlafen haben. Sie schlich herauf zu dem Schlafzimmer, in dem Snape lag. Ihre Beine fühlten sich schwer an, Hermine verstand nicht woher diese enorme Mattigkeit kam.
Gwony war gerade bei Snape. Sie saß auf der Bettkante und guckten "ihren Meister" aufmerksam an. "Oh Miss Granger, er ist gerade eingeschlafen. Eben noch hat er ein wenig gegessen, und sein Fieber ist gesunken!"
"Das ist gut. Sie sollten ihm aber trotzdem noch Wadenwickel machen, okay."
"Sie sehen sehr müde aus, Miss Granger..."
"Ja? Ich bin auch noch ein wenig müde. Das geht aber schon." Hermine atmete tief durch, sie hatte Bedenken, dass sie sich doch bei Snape angesteckt hatte. Aber konnte das sein, wo sie doch den Vorsorgetrank getrunken hatte? "Gwony. Ich werd noch mal ins Labor gehen. Sie brauchen mir im Moment nicht zu helfen, kümmern Sie sich um Snape."
Gwony nickte, doch sie sah Hermine besorgt an.
Hermine verschwand schnell aus dem Zimmer. Ihr Kopf begann zu brummen. Hermine machte sich auf den Weg in den Keller. Sie nahm schon jetzt den Geruch der eingelegten Monsterklee-Blätter wahr, er kam ihr intensiver vor als zuvor. Und es roch so unglaublich gut. Hermine wollte noch mal im Buch nachsehen, was sie als nächstes für den Aranemos-Trank tun müsste, sie hatte es nämlich schon wieder halb vergessen. Irgendwie fühlte sich ihr Kopf so leer an und ihre Glieder waren immer noch träge. Im Keller fiel ihr Blick sofort auf die Schüssel mit dem Monsterklee, ein hellroter Qualm stieg daraus empor.
Ob es wohl ein Parfüm mit diesem Geruch gab? Hermine würde es kaufen, noch nie hatte sie so etwas angenehmes gerochen. Sie musste sich regelrecht zwingen nicht zu der qualmenden Schale zu gehen, um ihre Nase in den roten Dunst zu stecken, sie war da unten, um noch einmal in das Rezept zu sehen. Das Buch lag auf dem Tisch, Hermine schlug es auf und blätterte nach der richtigen Seite. Plötzlich ertönte ein ohrenbetäubender Schrei. Hermine ließ das Buch erschocken fallen, denn genau daraus war dieser Schrei ihr entgegen gekommen.
Am Boden liegend öffnete das Buch die Seite mit dem Aranemos-Trank von alleine und eine grässliche Fratze starrte Hermine plötzlich daraus entgegen. Sie erkannte, dass es sich dabei um das Gesicht aus dem Monsterklee handelte, besonders die scharfen, bissigen Zähne hatte sie noch vor Augen. Dann ertönte das Knurren, was Hermine auch schon von dem Monsterklee kannte, nun war es nur um unendliches lauter. Hermine drückte sich die Hände auf ihre Ohren.
"Du hast einen Fehler gemacht, Hermine! Jetzt gibt es keine Rettung mehr!!!" schrie ihr der Mund mit den spitzen Zähnen entgegen und kam auf sie zugeschnellt. Hermine machte einen Satz zu Seite, sie musste Snape wecken. Doch als sie losrennen wollte, erkannte sie, dass der ganze Keller sich mit dem roten Rauch gefüllt hatte, Hermine konnte nicht mehr hindurchgucken. "Was?? Was für einen Fehler?!", rief Hermine in den roten Nebel hinein, doch sie bekam keine Antwort. Stattdessen spürte sie in diesem Moment etwas an ihrer Schulter. Sie drehte sich um, ihr Herz blieb beinahe stehen - auf ihrer Schulter lag eine große Hand, wohlgemerkt eine Hand mit langen, spitzen Fingern, und diese Hand gehörte zu einem Arm, der zu einem Wesen führte, das mindestens doppelt so groß war wie Hermine und mit Sicherheit war es alles andere als ein menschliches Wesen. Es sah aus wie ein riesiger, zu einem bösartigen Monster gewordenen Hauself, dort wo eigentlich seine Augen hätten sein müssen, waren nur noch Löcher - Hermine schrie auf. Ihr wurde klar, dass sie nie ohne Snape hätte anfangen dürfen, wie er gesagt hatte - aber jetzt, jetzt rannte sie einfach nur noch los, so schnell sie konnte, irgendwo hin. Sie musste zur Treppe kommen, doch der rote Nebel lichtete sich kein bisschen, Hermine hatte vielmehr das Gefühl er wurde immer dichter und undurchsichtiger. Bald konnte sie diesen roten Qualm regelrecht fühlen.
"Miss Granger", hörte Hermine ein Flüstern aus einer Richtung. Sie drehte sich um. "Gwony, bist du das?" Hermine zitterte heftig. Sie musste weiterlaufen. Sie versuchte etwas zu erkennen.
"Nein, ich bin nicht Gwony!", ertönte eine hohle Stimme aus der immer undurchsichtiger werdenden Nebelwand. Und im nächsten Moment erschien eine riesige Ameise vor Hermines Augen. Ihr Körper glänzte rot und Hermine war sich sofort darüber im klaren, dass dieses riesige Insekt ihr nicht mit guten Absichten auf den Fersen war.
"Hermine...", hörte sie wieder aus einer anderen Richtung. "Wir kriegen dich", flüsterte es einmal und dann plötzlich von überall her, immer wieder.
Hermine rannte weiter, plötzlich spürte sie, dass sie gegen etwas gestoßen war. Sie hörte Glas auf dem Boden zerspringen. Irgendetwas berührte sie am Knöchel, umfing ihn und dann spürte Hermine, wie ihr ganzes Bein von einem stechenden Schmerz besiedelt wurde. Sie riss ihren Fuß mit aller Gewalt los und rannte humpelnd weiter. "Professor!!! Gwony!? Hilfeee!!!!" Niemand reagierte. Hermine hatte so unglaublich große Angst - wo war nur die Treppe nach oben? Wo war überhaupt irgendetwas? Hermine hatte längst nicht mehr das Gefühl im Keller zu sein. Alles war plötzlich so fremd, nichts war zu erkennen.
"Lauf nur, lauf, kleine Granger. Du wirst uns nicht entkommen."
"Nein!! Lasst mich in Ruhe!!", rief Hermine und schon bahnten sich die ersten Tränen ihren Weg aus ihren Augen an ihren Wangen herunter. Welcher Zauberspruch könnte Hermine jetzt helfen? Wie sollte sie diesem Alptraum nur ein Ende bereiten. Sie rannte. Ihr fiel nichts ein. Da stieß sie erneut gegen etwas hartes. Das musste das Treppengeländer sein. Hermine tastete sich weiter daran entlang, dann spürte sie plötzlich, dass es nicht das Treppengeländer war, an dem sie sich entlang tastete - -
ihre Hand berührte einen Arm von sieben weiteren Armen. Hermine zuckte zurück, doch schon war sie von einem anderen Arm umschlungen, wie von einer Schlange. Vor ihren Augen verschwamm alles, sie konnte das Monster, das sie mit einem seiner vielen Arme gefangen hielt, nicht richtig erkennen. Vielleicht war es eine Spinne, oder doch eine Krake, aber zugleich schien es doch ein Wesen auf zwei Beinen zu sein.
Hermine versuchte sich strampelnd von dem Arm, der sie nun immer fester umschlang, zu befreien. "Hilfeee!!!", schrie sie erneut, doch sie spürte, dass sie nur noch schlecht Luft bekam. Ihr ihrem Kopf trommelte es laut. "Nein!!", rief sie immer wieder. Dann spürte sie, wie sich ein weiterer Arm um ihren Hals schlang. Er begann langsam einen immer stärker werdenden Druck auszuüben und Hermine konnte spüren, wie ihr Herz immer seltener zu schlagen begann.

Ruckartig richtete sich Snape im Bett auf. Seine Augen brannten und jeder einzelne seiner Knochen schmerzte. Er lag im Bett, an den Beinen spürte er etwas feuchtes. Irgendetwas stimmte nicht. In einer raschen Bewegung warf Snape die Bettdecke zurück und stand eiligst auf. Ein ungutes Gefühl beherrschte all seine Gedanken, er konnte es sich jedoch nicht erklären.
"Meister Snape!! Sie - oh, Gott sei dank, dass Sie wach sind - irgendetwas ist passiert! Sie müssen helfen!" Gwony hatte die Tür aufgestoßen und sah Snape mit weit aufgerissen Augen an.
"Oh nein!" Snape stürzte an Gwony vorbei die Treppen herunter.
"Oh oh oh!" Gwony folgte ihm jammernd und schluchzend. Auf dem Weg zum Keller stieß Snape auf einen wabernden roten Nebel. "Nein! Miss Granger!! Miss Granger?!! - NEBULA RETEX!", brüllte Snape und im nächsten Moment löste sich der dichte Nebel in Nichts auf. Snape hetzte weiter in die Kellerräume. "Miss Granger?" Seine Augenlider flackerten, er fühlte langsam Panik in sich aufsteigen. Wo war Hermine Granger? Dann entdeckte er sie, leblos lag sie auf dem kalten Boden, ihre Lippen waren blau verfärbt. Snape ließ sich zu ihr sinken und tastete nach ihrem Puls. "Miss Granger! Hey, aufwachen!!" Doch Hermine regierte nicht. Endlich fand Snape ihre Ader. "Gwony!! Sie lebt. Komm schnell hier her!!" Snapes Stimme dröhnte durchs ganze Haus.
Gwony kam herbeigerannt, immer noch weinend. "Ich weiß nicht, was passiert ist. Oh, Gwony weiß so wenig - da war dieser Rauch und..."
"Hör auf zu jammern! Dafür ist keine Zeit!", fuhr Snape sie an, worauf Gwony sofort verstummte. "ODOR MINIMÉ!" Snape berührte Hermines Nase mit seiner Fingerspitze. Dann stand er auf und suchte hektisch einige kleine Fläschchen zusammen. Diese stellte er alle nebeneinander auf den Tisch, neben die Schüssel mit den eingelegten Monsterklee-Blättern. "Gwony. Mache einen Trank aus den Zutaten, die ich dort hingestellt habe. Und dichte die Schüssel mit einem Deckel ab. Schnell!!" Snape bückte sich wieder zu Hermine und hob ihren leblosen Körper auf seinen Arm.
"Aber Meister...ich...ich..."
"Schnell Gwony!! Oder willst du, dass Miss Granger stirbt?? - Ich bringe sie ins Wohnzimmer, bring den Trank hoch, wenn du fertig bist." Und schon rannte Snape, mit Hermine in seinen Armen, nach oben. Gwony wollte gerade wieder zu weinen anfangen, da schluckte sie all ihre Tränen herunter und beeilte sich damit den von Snape in Auftrag gegebenen Zaubertrank herzustellen.

Snape hatte Hermine inzwischen auf die Couch im Wohnzimmer gelegt. Er holte eine Wolldecke und wickelte ihren unterkühlten Körper darin ein. Dann umfasste er mit beiden Händen ihre Schultern und sagte laut: "MANARE ROBUR!" Schon verfärbten sich Hermines Lippen wieder und wurden langsam wieder rot. Snapes Gesicht hingegen wurde blass. Er ließ Hermine wieder los und holte zwei weitere Decken, die er noch zusätzlich um ihren Körper wickelte. Dann berührte er vorsichtig ihre Stirn und sprach erneut: "MANARE ROBUR!" Snape zitterte, es schien so, als würde er es nicht lange aushalten seine Hand an Hermines Stirn zu halten.
"Meister, ich habe den Trank."
"Gib ihn her!"
Gwony reichte Snape ein kleines Glas, gefüllt mit einer grünlich-gelben Flüssigkeit.
"Miss Granger - Sie müssen das jetzt trinken." Snape fasste Hermine im Nacken und hob ihren Kopf behutsam an. Hermine lallte etwas, ihre Augen konnte sie kaum öffnen. "Trinken Sie!", befahl Snape und führte das Glas an Hermines Lippen. Hermine trank ein paar Schlucke, dann ließ Snape ihren Kopf wieder zurück auf die Kissen sinken und wickelte sie noch einmal in eine weitere Wolldecke ein. "Sie hat alleine angefangen! Wie lange ist das her, Gwony? Wie lange habe ich geschlafen?"
Gwony stand an den Türpfosten gequetscht und sah Snape nun wie ein ertapptes Kind an, das etwas getan hatte, das es nicht hätte tun dürfen. "Sie hat alleine angefangen. Sie wollte die Kranken retten, Sir. Sie hat gestern angefangen, direkt als sie angekommen war, Sir, gestern früh, Sir. Seitdem haben Sie geschlafen, und Sie hatten Fieber, ja, so schlimmes Fieber."
"Wie ist sie an den Monsterklee gekommen?", fragte Snape barsch und kam näher auf die kleine Hauselfe zu.
Gwony duckte sich und sah Snape nicht in die Augen. "Sie -sie hat eine Heckenschere genommen, Sir, das war nicht meine, nein, nicht Gwonys Idee - Gwony wollte doch nur helfen können, Sir. - - Wird Miss Granger wieder gesund?"
Snape warf einen kurzen Blick auf die schlafende Hermine. "Natürlich wird sie wieder gesund! Es war gerade noch rechtzeitig, würde ich sagen. Wenn sie aufwacht, wird sie was zu hören bekommen! Das war absolut unverantwortlich von ihr!"
"Seien sie nicht zu böse, bitte - Miss Granger wollte doch nur, sie wollte..."
"Schluss jetzt damit! Miss Granger muss sich ausruhen. Geh nach draußen, oder wenn du unbedingt arbeiten willst, dann räum den Keller auf. Pass aber auf die Schüssel mit dem Monsterklee auf!" Snape wandte sich von der sich jetzt verbeugenden Elfe ab und lief zurück zu Hermine.
"Ja, vielen Dank, ja...- - Aber, ehrwürdiger Meister, Sie, sie sind auch noch nicht gesund, Sie müssen sich noch ein wenig ausruhen."
"Gwony. Verschwinde, hab ich gesagt!", fuhr Snape sie an, ohne sie anzublicken.
Gwony lief darauf eiligst davon. Snape blickte auf Hermine herab und schüttelte den Kopf. Erst jetzt spürte er wieder seine Grippe, sein Kopf brummte, er sollte sich vielleicht besser setzen. Er band seinen Bademantel fester zu und ließ sich in den Sessel gleich neben der Couch sinken. Ihm war ziemlich kalt, warum musste diese Miss Granger auch so einen unüberlegten Mist machen? Warum war er krank geworden? Hätte er nur nicht so lange geschlafen! Wenn Miss Granger nun doch nicht mehr gesund werden würde, so wie er es Gwony versprochen hatte? Sie musste fast einen ganzen Tag dort unten gelegen haben, bewusstlos, nah dran zu sterben. Snape wusste, wie knapp es gewesen war, vielleicht zu knapp.
Der Trank, Snapes Zaubersprüche, er wusste nicht, ob sie das retten würde. Und er hasste dieses Gefühl, das jetzt immer heftiger in ihm aufstieg - Angst. Angst, dass er an allem Schuld sein würde, Angst, dass Hermine Granger sterben könnte. Snape rutschte unruhig auf dem Sessel hin und her. Da war noch ein Gefühl und er konnte es einfach nicht abschütteln. Es war Schmerz, und Snape kannte den Schmerz sehr gut, doch er hatte ihn lange nicht mehr wegen eines Menschen gefühlt. Hermine war noch so jung und sie war eigentlich ein sehr nettes Mädchen - nun stand Snape ruckartig auf. Ihm war zwar ein wenig schwindelig, aber er ging dennoch zum Bücherregal und fischte willkürlich einen Wälzer heraus. Eine Forschungsarbeit über die verschiedenen Verarbeitungsformen von Schnecken, Snape hatte es nur halb gelesen, er beschloss es weiter zu lesen, sonst konnte er ja doch nichts tun.
"Ver - verzeih - zeih - ich ...."
"Was willst du Gwony?!" Snape ließ das langweilige Buch auf seine Knie sinken. "Sie - Sie müssen trinken, gegen das Fieber. Und Sie sollten vielleicht auch was essen, Meister.... Gwony hat Brote geschmiert." Die kleine Hauselfe stand mit angelegten Ohren in der Tür. Sie hielt ein voll beladenes Tablett in den Händen.
"Oh Gwony - ich muss zu meiner Verwunderung feststellen, dass du auch tatsächlich mal eine gute Idee hattest. Stell es hier rüber." Snape deutete auf den Tisch.
Gwony kam auf Zehenspitzen näher. Sie schaute immer noch sehr beschämt. "Ich habe Ihnen Wasser gebracht und warmen Tee, mit Honig - hat Miss Granger gesagt, soll gut sein für die Grippe." Gwony stellte das Tablett auf dem Tisch ab. Dann wandte sie sich zu Hermine und streichelte ihr vorsichtig über den Kopf. "Miss Granger ist ein gutes Mädchen, Meister. Sie - sie wollte helfen, oh ja....helfen. Sie ist ein so gutes Mädchen."
"Gwony - du wiederholst dich! - Draußen wird es schon dunkel, willst du nicht schlafen gehen?" Snape nahm einen Schluck Tee.
"Nein, Gwony kann nicht schlafen, Meister, Sir, nein... Nicht solange Miss Granger noch so hier liegt."
"Ich habe dir doch gesagt, dass sie gesund wird! Gwony! Leg dich jetzt bitte schlafen!!" Snapes Stimme klang kühl.
Darauf baute Gwony sich plötzlich vor Snape auf und stemmte ihre kleinen Hände in die Hüften. "Sie können mir nichts befehlen! Ich bin eine freie Hauselfe!"
Snape ließ das vollkommen kalt, er kam Gwony ganz nah und sagte: "Aber du lebst in meinem Haus, vergiss das nicht!"
Darauf sank Gwony wieder in sich zusammen. "Das tut mir leid, ich wollte nicht....Sir, ich..."
"Geh einfach schlafen!!", unterbrach Snape sie barsch. Er war sehr erleichtert, als die Elfe daraufhin verschwand, lange hätte er seine Boshaftigkeit nicht mehr durchgehalten, er fühlte sich geschwächt und eigentlich konnte er Gwony ja verstehen. Und das mit den Broten und dem Tee, das war wirklich nett, aber Hauselfen waren ja bekanntlich immer nett.

Die schwarze Nacht brach bald darauf herein. Snape war müde, er konnte nicht mehr lesen. Hermine lag immer noch da, sie hatte sich nicht bewegt. Wieder kamen diese unbequemen Gefühle in Snape hoch. Dumbledore würde ihm nie verzeihen, dass er nicht gut genug auf Miss Granger aufgepasst hatte, er würde ihn wahrscheinlich feuern.
Snape atmete tief ein. Er bekam darauf einen heftigen Hustenanfall, den er auch mit aller Mühe nicht unterdrücken konnte.
"Nein! Aufhören!" Das war Hermines Stimme gewesen. Snape schluckte. Er stürzte zu Hermine, sein Husten hatte vor lauter Schreck nachgelassen.
"Nein!", rief Hermine erneut. Sie bewegte sich heftig, die Augen hatte sie allerdings noch geschlossen. Snape fasste sie an den Schultern und hielt sie fest. "Miss Granger, Sie müssen aufwachen!" Er begann sie zu schütteln. Im nächsten Moment schlug Hermine die Augen auf. Ihr Blick war angsterfüllt. Sie richtete sich ruckartig auf. Snape spürte, wie sie zitterte und dann geschah, was er befürchtet hatte. Hermines Augen füllten sich mit Tränen, die ihr schon kurz darauf an den Wangen hinunter liefen. Schluchzend warf sie sich an Snapes Brust. Im ersten Moment wollte er erschrocken zurückweichen, doch dann fühlte er dieses geschwächte und zitternde Bündel von einem Mädchen an seinem Körper, und er hatte das Gefühl dieser Moment würde ihn noch wirklich berühren, wenn er nichts dagegen unternahm. So legte er seine Arme tröstend um die schluchzende Hermine. Ihm wurde bewusst, wie lange es her war, dass er das letzte Mal einen Menschen in seinen Armen gehalten hatte - so lange, dass er sich kaum noch daran erinnern konnte. Beinahe fühlte er sich bedroht von seinen Gefühlen, aber er konnte nichts anderes tun, als Hermine festhalten. Sein Bademantel begann schon ganz feucht zu werden von Hermines Tränen. "Schon gut, es ist vorbei. Dir kann nichts mehr passieren", sprach Snape auf das Mädchen ein.
In diesem Moment schien Hermine sich ein wenig zu beruhigen. Sie löste sich aus Snapes Armen und sah ihn im nächsten Moment beinahe entsetzt an. Snape konnte ahnen, was sie jetzt fühlte. Wahrscheinlich waren die Monster schlimm für sie gewesen, aber dass sie dann auch noch in seinen Armen geweint hatte, das würde sie unverzeihlich finden. Snape wollte aufstehen, doch plötzlich lachte Hermine leise. Snape blieb sitzen und sah sie irritiert an. "Das ist ziemlich verrückt, was? - Und dabei können wir beide uns nicht mal leiden." Hermine sah Snape in die Augen, wahrscheinlich tat sie das zum ersten Mal in ihrem Leben. Sie war überrascht, dass diese Augen noch anders als nur kalt aussehen konnten. Aber lange konnte sie dieses andere nicht analysieren, da Snape ihrem Blick auswich. War dieser Mann etwa so etwas wie verletzlich? Hermine hatte es ja eigentlich immer geglaubt, aber sie hatte es sich doch nie vorstellen können.
"Sie lachen, Miss Granger?", fragte Snape nach einer Weile. Dann stand er ruckartig auf. "Ich weiß nicht, was es da zu lachen geben sollte! Ihnen ist hoffentlich klar, dass Sie unverantwortlich gehandelt haben!?" Snape stand nun vor ihr und sah sie streng an.
Hermine versuchte ihr Grinsen zu unterdrücken. Snape tat doch nur so, als sei er böse. Er überzeugte sie nicht mehr mit seinem lehrerhaften Gehabe.
Ohne auf eine Reaktion von ihr zu warten, sprach Snape weiter: "Sie hätten nie ohne mich anfangen dürfen! Das habe ich Ihnen doch gesagt! Finden Sie es etwa klug eine Warnung auszuschlagen? Eine doppelte Warnung, erst durch mich und dann noch durch das Buch? Sie halten sich für ein bisschen zu überlegen, ist Ihnen das klar?! Wie konnten Sie mit einer Pflanze arbeiten, die Sie nicht gut genug kannten? Eingelegter Monsterklee kann Sie ohne weiteres umbringen - hätte Gwony Sie nicht gefunden, dann könnten Ihre Eltern Sie jetzt beerdigen! Ich hatte nicht geglaubt, dass Sie, gerade Sie, die Musterschülerin, so etwas dummes tun könnten!! Ist Ihnen bewusst, wie dumm das war?!" Snape war auf und ab gegangen während seines Vortrags. Hermine wartete nur darauf, dass er "Fünfzig Punkte Abzug für Gryffindor" brüllen würde, aber das tat er natürlich nicht.
"Mir ist es sehr bewusst, Professor. Ich habe unüberlegt gehandelt - das tut mir leid."
"Ach, das tut Ihnen leid. Aber Ihnen ist schon klar, dass wir alle dabei hätten umkommen können, ja?! Hätte ich nicht diesen eingeschränkten Geruchssinn, durch diese, diese Grippe, dann hätte es auch mich erwischt. Und wenn Gwony nicht so dumm wäre, wohl auch sie!" Snape guckte Hermine funkelnd an. Er war wirklich wütend, aber er hatte wohl leider recht. Zum ersten Mal schimpfte Snape nicht wegen irgendeiner Lappalie mit Hermine.
"Ich kann nicht mehr tun, als mich wieder und wieder zu entschuldigen, Professor Snape. Und ich habe daraus gelernt, das können Sie mir wirklich glauben - so etwas würde ich nie wieder tun - es war dumm von mir, furchtbar dumm." Hermine fühlte sich wieder gestärkt, dennoch hatte sie ein wenig Sorge - was würde Snape jetzt tun? Sie nach Hause schicken, alles an Dumbledore weitergeben?
"Und das, wo Sie alle immer für so schlau halten..." Snape verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich würde sagen, den Rest des Trankes stellen Sie zur Strafe alleine her - wir werden sehen, ob Sie das hinkriegen. Und Sie werden Gwony helfen mein Labor wieder aufzuräumen. - Aber erst mal lassen Sie sich von Gwony etwas zu essen machen. Sie müssen sich stärken. - Und ich muss ein Bad nehmen. Danach werde ich Ihnen erklären, was es mit dem Monsterklee auf sich hat. - Ja, genau, und wundern Sie sich nicht, wenn Ihnen das Essen nicht besonders schmecken wird, aber ich musste Ihren Geruchssinn ausschalten, wegen den Dämpfen des Klees. Ich hoffe Sie werden kein größeres Unheil anrichten, während Sie alleine sind." Mit diesen Worten verließ Snape das Wohnzimmer.

Hermine konnte noch gar nicht fassen, was sie gehört hatte. Snape wollte ihr den Trank überlassen! Ihr ganz alleine! Und sie hatte schon geglaubt er würde sie wegschicken. Er vertraute ihr, Hermine hätte vor Freude jubeln können. Noch dazu fühlte sie sich wie neugeboren. Es kam ihr vor, als wäre sie endlich aus einem viel zu langen, schrecklichen Alptraum aufgewacht. Sie wand sich aus den vielen Decken, in die Snape oder Gwony sie gewickelt haben mussten (wahrscheinlich war es Snape gewesen, Gwony war doch viel zu klein dafür) und begann sie ordentlich zu zusammenzulegen.
"Miss...Granger...", hörte Hermine eine leise Stimme, die ihr sehr bekannt vorkam. "Gwony, kommen Sie her!"
Schon kam die kleine Hauselfe herbeigestürmt und schmiss sich weinend um Hermines Beine. "Oh, es ist so schön, dass Sie wieder gesund sind, Miss. So schön! Hätte ich nur besser auf Sie aufgepasst, Miss Granger. Oh, es ist so schön, dass es Ihnen gut geht!"
"Ja, finde ich auch, Gwony. Und Sie haben nichts falsch gemacht. Sie wussten ja nicht was passieren würde, denke ich. Oder?"
Hermine zog die Hauselfe sanft von ihren Beinen und setzte sie auf der Couch ab.
Gwony wischte sich ihre Tränen weg. "Oh nein, ich hatte keine Ahnung. Ich weiß so wenig, viel zu wenig. Oh, wenn Gwony nur mehr wüsste...." Wieder begann die Elfe zu schluchzen.
"Ist ja gut. Es ist ja alles gut gegangen. Immerhin haben Sie mir das Leben gerettet."
Daraufhin hörte Gwony schlagartig auf zu weinen. "Das hab ich nicht, Miss Granger. Mein heldenhafter Meister hat Ihnen das Leben gerettet."
"Aber Professor Snape hat gesagt, Sie hätten mich gefunden."
"Gefunden ja. Aber mein Meister, der Beste aller Meister, hat Sie gerettet. Er hat Ihnen sogar einen Teil seiner Lebenskraft übertragen, mit dem MANARE ROBUR-Zauber. Hätte er das nicht getan, oh oh.... ich weiß nicht, Sie sahen schlecht aus, Miss Granger, ich darf gar nicht daran denken..." Gwony sah aus, als müsse sie wieder zu weinen anfangen, aber diesmal schien sie sich zu beherrschen.
"Der MANARE ROBUR-Zauber? Aber damit opfert man einen Teil seiner eigenen Lebenszeit..." Hermine wurde ein wenig schwindelig.
"Nicht viel, Miss Granger, vielleicht ein paar Tage, wenn man ihn nicht allzu oft anwendet. Und es ist einer der wirksamsten Zauber, wenn man einen Menschen vor dem Tod bewahren will."
Jetzt wurde Hermine wirklich schwindelig. Sie ließ sich neben Gwony auf die Couch sinken. Dass es so ernst um sie gestanden hatte, hatte sie Snape nicht ganz glauben wollen, er wollte ihr nur eine Lehre erteilen, hatte sie gedacht. Und dann noch der MANARE ROBUR - warum hatte Snape das getan? War es wirklich so nötig gewesen? Warum fühlte sich Hermine dann nicht schlecht? Ob Snape nur aus reinem Verantwortungsgefühl so gehandelt hatte? Setzte man so leicht seine Lebensdauer aufs Spiel? Sie musste ihm wirklich dankbar sein - nein, sie war ihm dankbar. Eigentlich hätte sie das auch schon früher sein müssen, schließlich hatte Snape mehrfach dazu beigetragen, dass Harrys Leben gerettet werden konnte, aber er war immer so gemein gewesen, hatte er doch besonders sie mehr als einmal vor dem ganzen Kurs gedemütigt.
"Geht es Ihnen nicht gut, Miss Granger?", hörte sie Gwonys besorgte Stimme.
"Oh. Nein. Ja, ich mein, es geht mir gut. Ich hab jetzt einen Bärenhunger. Und für Professor Snape sollten wir einen Vitamindrink machen, er ist immer noch krank."

So machten sich Gwony und Hermine auf den Weg in die Küche, wo Hermine sich eine herbeigezauberte Tiefkühlpizza in den Ofen schob und Gwony verschiedenes Obst auspresste, wobei sie in der ganzen Küche Flecken verursachte. Schließlich schickte Hermine Gwony mit dem selbstgemixten Früchtetrank zu Snape. Hermine beschloss unterdessen in den Keller zu gehen, wovor sie ziemliche Angst hatte, aber sie wusste, dass sie die überwinden musste. So fasste sie all ihren Mut und nahm die Treppen nach unten, nicht ohne zuvor noch einmal ihren Geruchssinn zu überprüfen, den Snape ihr weggezaubert hatte. Sein Zauber wirkte noch immer. So ging Hermine in den Keller und sie fand alles vollkommen normal vor, bis auf die Unordnung, die sie wohl verursacht haben musste. Also machte Hermine sich ans Aufräumen. Es war, als sie damit anfing, schon beinahe Mitternacht, aber das störte sie nicht, sie war kein bisschen müde.

"Sie sollten jetzt langsam wirklich schlafen gehen. Es ist fast zwei."
Hermine schaute auf, sie hatte gerade einige Bücher zurück in das Regal gestellt, da waren ihre Augen an einem Buch hängen geblieben und sie hatte begonnen zu lesen. Snapes ungewöhnlich sanft klingender Tonfall erschreckte sie beinahe schon. Aber als sie ihn nun ansah, wurde ihr klar, dass er nicht sanft war, sondern immer noch ziemlich erkältet. Seine Wangen waren wieder fiebrig rot geworden und sein Blick wirkte ein wenig wässrig. Um den Hals hatte er wieder seinen dicken Schal gewickelt. "Sie sind noch auf? Warum haben Sie sich nicht hingelegt?"
Auf Snapes schmalen Lippen erschien ein flüchtiges Grinsen. "Denken Sie etwa, ich kann noch einmal ruhig schlafen, wenn Sie wach sind und in meinem Labor herumgeistern?"
Hermine guckte ihn etwas beleidigt an. "Ist ja schon gut. Habs verstanden." Sie stellte das Buch ins Regal und ging auf Snape zu.
"Sie haben mich übrigens ins Gästezimmer gebracht, Miss Granger. Mein Schlafzimmer ist das andere. Ich schlage daher vor, wir tauschen die Zimmer."
Hermine nickte nur und folgte Snape die Stufen nach oben. "Vor Ihnen liegt noch viel Arbeit", erklärte Snape, als sie oben angekommen waren. Doch im nächsten Moment musste er laut niesen. Er schnäuzte sich geräuschvoll die Nase.
"Gesundheit. - Sie haben mir übrigens noch nicht erklärt, was genau passiert ist. Gab es diese Monster, die mich angegriffen haben nun wirklich, oder habe ich sie mir nur eingebildet?"
"Was glauben sie?", erwiderte Snape und Hermine sah ihm an, dass er sich schlecht fühlte. "Ich glaube ich habe mir alles eingebildet. Die Dämpfe des Monsterklees wirken wie ein Rauschmittel, würde ich sagen. Daher auch die Warnungen. Sogar der Klee selbst sträubt sich, wenn man ihn pflücken will. Wahrscheinlich ist das schon die erste Warnung. - Und obwohl es sich bei den Monstern um bloße Halluzinationen handelt, ist der Körper so stark von der Wirkung beeinträchtig, dass das Herz aussetzen kann. Man kann während diesen Wahnvorstellungen Realität und Einbildung nicht mehr voneinander unterscheiden, darin verbirgt sich auch die große Gefahr."
Snape nickte. Hermine glaubte so etwas wie ein Lächeln in seinem Gesicht zu erkennen. "Sie haben ja doch ein bisschen Grips, Miss Granger."
Hermine grinste. Eigentlich sollte sie Snape jetzt eine gute Nacht wünschen und schlafen gehen, aber ihr fiel noch etwas ein: "Nennen Sie mich doch Hermine. Miss Granger klingt so steif - da muss ich immer an Hogwarts denken."
"Ich werde darüber nachdenken. Schlafen Sie jetzt, Sie brauchen viel Kraft."
"Ok. Dann, gute Nacht." Hermine ging in das Gästezimmer. Gwony hatte das Bett neu bezogen und Hermines Tasche aufs Zimmer gebracht. Hermine ließ sich auf das Bett fallen, zwei Tage waren vergangen und es war so vieles passiert. Sie hätte nie im Leben daran gedacht, es zwei Wochen mit Severus Snape auszuhalten, jetzt hatte er ihr sogar das Leben gerettet. Sie sollte sich eigentlich bei ihm bedanken, auch dafür, dass er ihr noch eine Chance gab. Doch sie brachte es ihm gegenüber nicht über die Lippen. Vielleicht bräuchte sie noch ein paar Tage Zeit - davon hatte sie ja noch genug. Und es würde gar nicht schlimm werden bei Snape, da war sich Hermine jetzt sicher. Snape war viel netter, als er immer tat - vielleicht, oder wahrscheinlich sogar. Allerdings würde sie ihren Eltern gerne schreiben, dass es ihr gut ging und sie sich nicht zu sorgen brauchten. Ob Snape ihr seine Eule leihen würde? Bestimmt. Hermine beschloss ihn am nächsten Tag danach zu fragen.

Am nächsten Morgen schien die Sonne wärmend in Hermines Gesicht. Sie fühlte sich so richtig ausgeschlafen. Es war allerdings auch schon nach zehn Uhr - Hermine sprang erschrocken aus dem Bett, als sie auf die Uhr geschaut hatte. Warum hatte sie niemand geweckt? Sie zog sich an und beeilte sich nach unten zu kommen. Gwony begegnete ihr. "Guten Morgen, Miss Granger. Haben Sie gut geschlafen?"
"Ja, aber viel zu lange. Wo ist Professor Snape? Ist er sauer?"
"Sauer? Nein, warum denn, Miss? Mein Meister ist ein gütiger Meister. Er ist im Wohnzimmer."
Hermine ließ Gwony stehen und lief ins Wohnzimmer. Dort angekommen war sie ziemlich überrascht. Der Wohnzimmertisch war voll mit den leckersten Dingen - Brötchen, Toast, Marmelade, Cornflakes - Hermine spürte jetzt, wie leer ihr Magen eigentlich war.
"Hermine - ausgeschlafen?" Snape saß an dem Schreibtisch, der in einer Ecke des Wohnzimmers stand. Er hatte seinen Bademantel wieder gegen normale Kleidung getauscht und trug eine schwarze Hose und dazu einen schwarzen Pullover.
"Ja, und ich weiß, dass es schon spät ist, aber..."
"Sie hatten Schlaf nötig. - Gwony hat ein opulentes Frühstück bereitet, wie Sie sehen. Bedienen Sie sich. Und wenn Sie damit fertig sind, dann können Sie die Pflanzen im Gewächshaus gießen und sich das ein oder andere Gewächs von Gwony zeigen lassen."
Snapes Nase schien immer noch verstopft zu sein. Hermine konnte es noch gar nicht ganz glauben, dass er sie bei ihrem Vornamen genannte hatte - ob er das jetzt immer tun würde? "Und was soll ich danach machen? An dem Aranemos-Trank kann ich ja noch nicht weitermachen."
"Dann können Sie tun, was Sie wollen, wenn Sie nur kein Unheil anrichten."
Er konnte es einfach nicht lassen, sie zu ärgern. Aber Hermine verstand das als Scherz. "Und was tun Sie?"
"Ich? Der Unterricht für das nächste Schuljahr muss vorbereitet werden. Ich werde im Labor einige Tränke ausprobieren und die Rezepte raussuchen", entgegnete Snape.
"Soll ich Ihnen nicht helfen?"
"Sie können sich an meinen Büchern bedienen, sich in den Garten legen oder mit Gwony fangen spielen, Hermine. Sie werden noch genug zu tun haben - übermorgen bereits."
Hermine nickte. Sie setzte sich auf die Couch und stellte sich ein schmackhaftes Frühstück aus den vielen Sachen zusammen. Zwischendurch fiel ihr Blick immer wieder zu Snape, der am Schreibtisch saß und irgendetwas schrieb. "Machen Sie da auch was für das nächste Schuljahr?", fragte sie nach einer Weile, als ihr erster Hunger gestillt war.
Snape erwiderte nur ein undeutliches Brummen. Hermine verstand, er wollte nicht gestört werden. Aber eine Frage musste sie unbedingt noch stellen. "Ähm.... entschuldigen Sie, ich lass Sie auch gleich in Ruhe. Aber könnte ich meinen Eltern einen Brief schicken? Ich wollte ihnen nur mitteilen, dass es mir gut geht. Sie machen sich sonst unnötige Sorgen. - Könnte, könnte ich mir vielleicht ihre Eule ausleihen?"
Snape sah Hermine an. Wieder erschien ein Grinsen auf seinen Lippen, aber diesmal empfand es Hermine als ein wenig hinterlistig. "Meine Eule ist in meinem Schlafzimmer. Sie dürfen Ihren Eltern natürlich etwas durch sie zukommen lassen." Hermine verstand nicht, warum Snape so gegrinst hatte und dann hatte er auch noch "Meine Eule" so seltsam betont - womit musste sie jetzt schon wieder rechnen?

Nachdem sie die Frühstücksutensilien in die Küche geräumt hatte, machte Hermine sich auf den Weg in Snapes Schlafzimmer. Neben dem großen, grau-schwarzen Bett (wen wunderte dieser Farbton noch in Snapes Haus?) entdeckte Hermine eine Stange für einen Vogel, allerdings saß keine Eule darauf. Hermine schloss die Tür und guckte sich in dem Zimmer um. Plötzlich ertönte ein schriller Piepton und etwas dunkles segelte über Hermine hinweg und landete auf der Vogelstange neben Snapes Bett. Das konnte doch nicht die Eule sein! Nein, das war ein Falke, sogar ein recht großes Exemplar.
Das Tier sah Hermine genau an. Beinahe war sein Blick genau so durchdringend wie der von Snape. Hermine machte einen Schritt auf ihn zu und streckte ihm ihre Hand entgegen. Darauf kreischte der Falke erneut auf und versuchte Hermines Hand mit seinem spitzen Schnabel zu erwischen.
"Hey! Was fällt dir ein?" Hermine trat wieder einen Schritt weiter weg. Nun starrte sie der Vogel lauernd an. Deswegen also hatte Snape so hinterlistig gegrinst - seine Eule war ein giftiger kleiner Falke, der niemanden an sich heranzulassen schien, außer Snape.
"Hey. Du bist ein sehr schönes Tier, wusstest du das? Sicher kannst du auch Nachrichten überbringen, oder? - Wie wärs, wenn du einen Brief für mich wegfliegen würdest? Professor Snape meinte, du würdest es tun." Hermine versuchte so einschmeichlerisch wie möglich zu klingen. Falken waren häufig sehr eingebildet. Doch diesem Tier fiel nichts besseres ein, als erneut nach Hermine zu hacken.
"Na gut." Hermine stemmte die Hände in die Hüften und atmete tief durch. Dann drehte sie sich abrupt um und verließ das Schlafzimmer, um wieder nach unten zu gehen. So schnell würde Snape sie nicht klein kriegen, schließlich war sie auch an den Monsterklee gekommen, dann war das nicht wirklich eine besondere Herausforderung.
Snape saß im Wohnzimmer noch immer über seinen Unterrichtsvorbereitungen. Er sah nur flüchtig zu seiner ehemaligen Schülerin, als sie eintrat.
"Ich werde mir eines Ihrer Bücher ausleihen, Sie sagten ja, das wäre in Ordnung." Schnurstracks lief Hermine zu dem riesigen Bücherregal.
"Nur zu. Nehmen Sie, was Sie wollen. - - Haben Sie denn Ihren Brief schon abgeschickt?" Snapes Stimme klang schneidig.
Hermine war kurz davor alles zu vergessen, um wieder böse auf ihn zu sein, aber dann fiel ihr ein, dass das wohl einfach Snapes Art sein musste - so ging er mit allen um. Wahrscheinlich wollte er sie nur herausfordern, testen wie lange sie alleine klar kommen würde. Na, er könnte lange darauf warten, dass Hermine ihn um Hilfe bat! "Ich schreibe gerade noch an meinem Brief", erwiderte sie gelassen und überflog die Titel auf den Bücherrücken.
"Dafür benötigen Sie ein Buch?" Nun wandte Snape sich zu ihr um und grinste siegesgewiss.
"Nein. Ich möchte allgemein etwas nachschlagen! - Bin ich Ihnen verpflichtet, den Grund zu nennen, warum ich mir ein Buch angucken möchte?"
Snapes Gewinnerlächeln verflog und er wandte sich wieder seiner Arbeit zu. "Natürlich nicht", brummte er nur und Hermine trug sich selbst einen Punkt mehr ein in ihre imaginäre Siegerliste. Dann hatte sie das entsprechende Buch auch schon gefunden - "Jagd- und Raubvögel". Sie nahm es sich heraus und flitzte dann wieder nach oben, in das Gästezimmer, in dem sie schlief. Schnell hatte sie gefunden, was sie brauchte - Falken ernährten sich überwiegend von größeren Insekten und Mäusen. Sie eilte wieder nach unten, wortlos an Snape vorbei und in den Garten. Gwony fand sie im Gewächshaus.
"Oh, Miss....hat Ihnen das Frühstück geschmeckt? Fühlen Sie sich gut?"
"Es war sehr gut, vielen Dank, Gwony. - Aber ich habe da noch eine Frage: Der Falke von Professor Snape..."
"Oh ja, Victor. Ein, ich sollte das nicht sagen, aber es ist ein unfreundlicher Falke, ein sehr unfreundlicher Falke!"
"Ja, das habe ich gemerkt. Aber ich würde gern, dass er einen Brief für mich überbringt..."
"Da haben Sie kaum eine Chance, Miss Granger. Victor fliegt nur auf Anweisung von meinem Meister."
"Ich habe auch den Monsterklee gekriegt! Und ich werde Snape nicht um Hilfe bitten!!"
Gwony sah die aufgebrachte Hermine mit großen Augen an. "Was wollen Sie tun, Miss Granger..?", fragte sie kleinlaut.
"Ich will ihm Futter anbieten. Vielleicht eine Maus - die frisst er doch bestimmt gerne, oder?" Hermine verschränkte die Arme.
"Ich...befürchte, dass auch das nicht helfen wird, Miss Granger...Victor lässt sich nicht so einfach überreden, müssen Sie wissen."
"Das will ich selbst sehen! Gwony - wollen Sie mir helfen? Dann besorgen Sie mir eine Maus, wenn möglich eine tote."
"Das kann ich machen, Miss Granger, natürlich, aber..."
"Kein aber! Gwony, ich werde jetzt den Brief schreiben. Ich hol die Maus gleich hier ab, okay?"
Gwony nickte, ihre Ohren hatte sie ehrfürchtig an den Kopf gelegt. "Sie sind sehr optimistisch, Miss."
Hermine atmete rief durch. "Hat man eine andere Wahl, wenn man mit Snape zusammen unter einem Dach lebt?"
Gwony kam näher auf sie zu. "Sie dürfen meinen Meister nicht verurteilen. Er ist ein guter Mensch."
"Ja, Gwony. Ich will ihn auch nicht verurteilen, aber dennoch ist er schwierig, finde ich. Das können Sie doch nicht leugnen!"
"Er ist zuviel allein. Er hat verlernt, wie man mit anderen umgeht." Gwony sah Hermine lange an.
"Aber Sie sind doch bei ihm."
"Ich rede von anderen Menschen. Seinesgleichen, verstehen Sie. Jemand wie Sie."
Hermine lachte. "Aber ich bleibe nur zwei Wochen, Gwony. Ich kann ihn nicht ändern. Außerdem kann er mich nicht ausstehen - das konnte er nie."
"Oh doch. Er mag Sie. So etwas merke ich."
"Ach Gwony. Hören Sie schon auf. Snape mag niemanden wirklich! - Wir sollten nicht weiter darüber reden. Ich will jetzt meinen Brief schreiben!", erwiderte Hermine entschlossen und verließ das Gewächshaus mit hastigen Schritten. Snape und sie mögen - warum sollte er sie mögen? Gwony wünschte sich das vielleicht.

Hermine lief durchs Wohnzimmer, Snape saß noch immer am Schreibtisch, in seine Unterlagen vertieft. Hermine ließ beim Vorübergehen ihre Augen an ihm vorübergleiten. Warum lebte er ganz alleine? Hatte er wirklich keine Freunde? Hermine machte sich langsam Sorgen - sie empfand beinahe so etwas wie Sympathie für ihren ehemaligen Lehrer, am besten sie verdränge dieses Gefühl schnellstmöglich.

Der Brief an ihre Eltern wurde nur kurz. Aber Hermine machte deutlich klar, dass es ihr gut ging und dass es ihr an nichts fehlte. Ihre Eltern warteten sicher schon auf eine Nachricht, hoffentlich würde dieser Vogel ihren Brief jetzt wegfliegen, sonst müsste Hermine sich noch ein Telefon herbeizaubern. Und wer konnte garantieren, dass es bei Snape funktionierte. Bekanntlich waren die Wohnorte der meisten Zauberer mit geheimnisvollen Schutzzaubern belegt, so dass ein Kontakt zur Muggelwelt nicht herstellbar sein würde - na ja, wie hatte Gwony gesagt, Hermine war optimistisch. Das wollte sie auch bleiben.
Sie lief wieder nach unten, durch das Wohnzimmer - Snape saß nicht mehr dort, sicher war er im Labor.
Gwony hatte eine Maus besorgt, Hermine fragte lieber nicht, woher sie die hatte, vielmehr wollte sie nicht wissen, wie sie sie umgebracht hatte - mit einem Zauber nahm Hermine an, denn die Maus sah ziemlich unversehrt aus. Etwas angewidert trug Hermine den toten Mäuseleib nach oben und ging damit in Snapes Schlafzimmer.
Da saß er, Victor, er sah Hermine aufmerksam an. Dann fiel sein Blick auf die tote Maus in ihrer Hand.
"Na - guck mal, was ich hier habe, Victor. Eine frische Maus. Die kannst du haben." Hermine hielt ihm die Maus vor den Schnabel. Der Falke schnappte danach. Hermine zog sie ruckartig von ihm weg. "Oh - du kannst sie nur haben, das sollte ich wohl besser erwähnen, wenn du einen Brief für mich wegbringst."
Darauf stieß der Vogel eine hohen, aggressiv klingenden Schrei aus. Hermine zeigte ihm erneut die Maus. "Du musst sie nicht selbst fangen! Du könntest sie einfach haben. Stell dich doch nicht so an!"
Der Falke spreizte seine Flügel ab. Hermine fand, dass er sie jetzt beinahe böse anguckte. "Du willst diese Maus also nicht?", fragte sie laut. Darauf wandte das Tier sich von Hermine ab und drehte ihr den Rücken zu.
"Dann nicht. Du blödes Vieh!! Du bist ja noch schlimmer als dein Herrchen! Freunde kannst du auch nicht haben, was??! Dann versaure doch hier - die Maus schmeiß ich weg!!" Und dann stürmte Hermine aus dem Zimmer. Die Tür ließ sie donnernd ins Schloss fallen. Sie war wirklich wütend!! Jetzt war der Brief fertig, und dieser verdammte Vogel - Victor hieß er auch noch - ja, er war wohl der Sieger, das gefiel Snape bestimmt! Wofür hatte diese arme Maus jetzt ihr Leben lassen müssen?? Hermine kochte vor Zorn - sie würde Snape nicht um Hilfe bitten, nein. Er hatte ihr schon das Leben gerettet - das war mehr als genug.

Hermine atmete tief durch. Sollte sie die Mäuseleiche wirklich wegschmeißen? Sie dachte über ihre Worte nach - ob sie nicht ungerecht gewesen waren? Vielleicht konnte Victor ja nichts dafür, dass er so stur war. Vielleicht hatte Snape ihn so erzogen - er war doch nur ein Vogel. Seufzend ging Hermine zurück in Snapes Schlafzimmer. Victor wandte sich zu ihr. "Na gut. Hier haste' die Maus. - Und es tut mir leid, ich wollte dich nicht so anschreien." Hermine legte die Maus in den silbernen Futternapf und wollte den Raum wieder verlassen. Da ertönte ein leises Piepen. Sie blieb stehen und guckte zu Victor. Sein Blick war nun weniger aggressiv.
"Du brauchst meinen Brief nicht wegzubringen, wenn du nicht willst. Es wäre nur schön, wenn meine Eltern wüssten, dass es mir gut geht. Sie machen sich Sorgen, weißt du... Ach, was rede ich da, ist doch egal...." Hermine wollte wieder gehen, da piepte der Falke erneut. Hermine war überrascht - warum war er jetzt auf einmal so sanft gestimmt? Sie ging näher zu ihm. "Was willst du mir denn sagen?" Hermine lächelte ihn an und hielt ihm vorsichtig ihre Hand entgegen. Victor beugte seinen Kopf näher zu ihrer Hand. Ganz vorsichtig berührte Hermine seinen kleinen Kopf nun. Wieder piepte der Vogel leise. Hermine streichelte ihm sanft über sein weiches Federkleid. "Das mache ich auch immer bei meiner Eule - sie mag das. Du auch, was? - - Streichelt Snape dich nicht?"
Der Vogel spreizte nur wieder seine Flügel ab, Hermine wusste nicht, was das bedeuten sollte, aber scheinbar schien Victor emotional etwas vernachlässigt zu sein. Plötzlich hob er ab und landete sanft auf Hermines Schulter. "Bringst du meinen Brief weg?", wollte Hermine wissen und der Falke bewegte seinen Kopf darauf auf und ab. "Super. Danke." Hermine ging mit Victor auf ihrem Arm in ihr Gästezimmer. Dort ließ der Vogel sich den Brief bedingungslos an seinen Fuß binden. Hermines Herz machte wilde Sprünge vor Freude. Erneut spürte sie einen ungeheuren Stolz in sich aufsteigen. "Ich lass dich im Garten fliegen", erklärte sie und plötzlich schien der Falke mit allem einverstanden.

Gwony konnte es gar nicht glauben, als sie Hermine in den Garten kommen sah. "Oh Miss Granger. Das ist ja... Sie sind so großartig. Victor lässt sonst niemanden, wirklich niemanden an sich heran....wie haben Sie das gemacht?"
"Ich weiß auch nicht", erwiderte Hermine und schon stieg der Falke in die Lüfte. Er drehte eine elegante Runde über ihren Köpfen, dann flog er davon. "Wahrscheinlich lag es an der Maus." Hermine zuckte mit den Schultern.
"Sie sind so klug, Miss Granger. Darf ich Ihnen sagen, dass ich Sie sehr bewundere?" Gwony sah zu Hermine auf.
Sie grinste. "Ist schon gut, Gwony. Das war wirklich nichts besonderes." Hermine spürte, dass sie errötete. "Jetzt sollten wir aber die Blumen gießen. Und Sie sollen mir noch ein paar Gewächse zeigen, hat Professor Snape gesagt. Sicher gibt es noch einiges ungewöhnliche für mich zu entdecken."

Snape stand in der Dunkelheit des Wohnzimmers verborgen. Er hatte die Sache mit seinem Falken beobachtet. Er hatte wirklich geglaubt, dass Hermine das nicht schaffen würde. Was hatte sie getan, damit Victor ihr diesen Gefallen tat? Ganz klar - sie musste verdammt clever sein. Snape gefiel das, auch wenn ihn zugleich ein leichtes Unbehagen überkam. Hermine war wirklich clever, er musste aufpassen, dass sie ihn nicht auch noch durchschaute. Schließlich lagen noch fast zwei gemeinsame Wochen vor ihnen. Am besten würde sein, wenn er der jungen Dame aus dem Weg ging, wo er nur konnte.

Hermine und Gwony waren schnell mit der Pflanzen-Pflege fertig. Gwony hatte Hermine sogar schon durch das ganze riesige Gewächshaus geführt. Schließlich hatten sie nichts mehr zu tun. Hermine gefiel das nicht. So zauberte sie ein Federball-Spiel herbei und brachte Gwony dieses Spiel mit viel Geduld bei. Schnell jedoch war Gwony so gut wie Hermine und ein recht anstrengendes Spiel nahm seinen Lauf. Gwony kreischte vor Vergnügen und auch Hermine machte das ganze wirklich Spaß. Die Sonne schien und Hermine fühlte sich unendlich frei und nach langer Zeit noch mal richtig unbesorgt.

So ging es einige Tage. Hermine hatte bald viel mit dem Aranemos-Trank zu tun, aber ganz so anstrengend wie sie befürchtet hatte, wurde es dann doch nicht. Die Vormittage verbrachte sie meistens im Labor, mittags aß sie mit Gwony und manchmal auch mit Snape, der sich dann stets bemühte über nichts anderes zu reden, als über den Aranemos-Trank. Auch sonst ging er Hermine meistens aus dem Weg, Hermine fand das seltsam, aber sie verstand sich so gut mit Gwony, dass sie es so hinnahm und ihre frei Zeit mit der kleinen Hauselfe verbrachte. Sie spielte häufig mit ihr im Garten, die Sonne schien und Victor transportierte bereitwillig alle Briefe zu Hermines Eltern. Snape wurde zusehends gesünder, manchmal nieste er noch lautstark, aber das Fieber war bald ganz verschwunden und Snape hatte seine alte Ich-meide-das-Tageslicht-Kerker-Blässe wiedergewonnen.

Doch gerade bevor Hermine bereit war eine Urlaubs-Stimmung aufkommen zu lassen, wurde die Idylle jäh unterbrochen. Eine Woche war vergangen und Hermine spielte mit Gwony im Garten Fußball. Der Himmel war wieder wolkenlos und Hermine konnte sich ihr Kichern oft nicht verkneifen, da Gwony so unglaubliche Verrenkungen und Sprünge machte, um den rollenden Ball noch zu erwischen. Snape war derweil im Labor und die Stimmen der Spielenden drangen durch das kleine Kellerfenster zu ihm herein. So sehr er sich auch anstrengte, er konnte sich einfach nicht konzentrieren. Das helle Lachen Hermines ließ ihn jedes mal aufs neue aufhorchen und innehalten. Zwar konnte er ihr aus dem Weg gehen, aber dennoch fühlte sich das Leben in seinem Haus plötzlich so anders an. Er konnte Hermines Anwesenheit regelrecht spüren, in jedem Winkel. Ihre helle, freundliche Stimme strömte durch alle Etagen. Manchmal lag Snape nachts in seinem Bett und machte sich bewusst, dass er nicht alleine war, dass noch jemand da war, direkt nebenan. Und dann wurde ihm bewusst, wie einsam er war, wie leer sein großes Haus sonst war. Und dieses Gefühl hasste er.
Er verstand es auch nicht richtig. Er hatte es doch vorgezogen alleine zu leben, fern von allen anderen Menschen. Gwony ging ihm ja schon auf die Nerven. Menschen machten das Leben nur komplizierter. Alleine hatte er sich immer wohl gefühlt, irgendwie sicher. Ja, Hermines Anwesenheit verunsicherte ihn und er konnte diese nicht einfach verdrängen, indem er vor ihr floh.

"Ahhhhh! Miss Granger!!! Passen Sie auf!!!!" Plötzlich drang Gwonys schrille Stimme durch den Spalt im Kellerfenster. Snape erkannte sofort die Panik in ihrer Stimme. Er ließ alles liegen und stürzte die Stufen nach oben.
Im Wohnzimmer kam Gwony ihm aufgeregt entgegen. "Meister - Alraunenwichtel!! Bestimmt zehn Stück!!! Sie waren plötzlich da!"
"Wir müssen sie einfangen - Schnell!" Snape glitt an Gwony vorbei und rannte in den Garten. "Hermine. Wir müssen die Biester umzingeln - auf keinen Fall dürfen sie zu den Alraunen ins Gewächshaus kommen! Los!"
Hermine hatte sofort verstanden. Sie war erstaunt, wie schnell Snape sein konnte. Aber das war auch wirklich nötig. Alraunenwichtel konnten ziemlich gefährlich werden. Sie waren kleine, huschende Wesen, viel kleiner und viel niedlicher als Hauselfen, aber extrem hinterlistig. Sie lauerten den reifenden Alraunen auf. Wenn die Alraunen dann etwa in ihrer Pubertät waren, kamen die Alraunenwichtel und versuchten die Alraunenwurzeln zu befreien, indem sie sie aus dem Erdreich zogen. Die pubertierenden Alraunen begannen gefährlich zu schreien, waren sie erst einmal befreit. Das allerschlimmste war jedoch, dass die Alraunenwichtel nahezu immun gegen alle Zaubersprüche waren, man musste sie also einzeln einfangen und in ein verschließbares Gefäß sperren. Nur so hatte man sie unter Kontrolle. Jetzt hatte Hermine etwa acht Stück in Snapes Garten entdeckt. Snape hatte das Gewächshaus geschlossen und Gwony kam mit einem Fangnetz aus dem Haus. Schon begann die Jagd.

Hermine fiel andauernd hin, die Wichtel waren geschickt und wendig. Sie spukten einen frech an, wenn man sie in den Händen hielt. Snape stopfte die Wichtel in einen abschließbaren, winzigen Käfig. Hermine fiel erneut auf den Boden, ein Wichtel beschmierte ihr Gesicht mit Erde und entwischte ihr wieder.
Einen anderen Wichtel, der ihr frech an den Haaren zog, konnte sie erwischen. Hermine spürte, dass die Wichtel-Biester keine Chance hatten, Gwony, Snape und sie waren ein gutes Team. Bald lief nur noch ein Wichtel im Garten auf und ab und quietschte laut. Gwony rannte mit seinem Netz hinter ihm her, bekam ihn aber einfach nicht zu fassen. Mit einer schnellen Bewegung stürzte Snape auf den Alraunenwichtel, er landete dabei unsanft in einem Beet und der kichernde, kleine Wicht entwischte ihm dann auch noch. Snape war von oben bis unten mit Erde beschmiert. Da sprang der Wichtel auch noch auf seinen Rücken und begann siegessicher auf und ab zu hüpfen. Hermine konnte sich nicht länger beherrschen. Sie begann laut los zu lachen. Das schien den Wichtel noch mehr anzuspornen, denn er begann immer wilder zu hüpfen. Er wurde leichtsinnig - da drehte Snape sich ruckartig um und hatte den Wichtel mit einer schnellen Bewegung gepackt. Er ließ ein jämmerliches Quietschen erklingen. Snape hielt ihn hoch und, Hermine konnte es gar nicht fassen, begann zu lachen. Ja, Snape lachte, zwar nicht schallend, aber dennoch hatte sich sein Gesicht deutlich verändert. Es hatte so etwas ähnliches wie eine freundlichen Ausdruck angenommen. Sogar Gwony wagte es laut zu lachen.
Hermine lief auf Snape zu und hielt ihm lachend ihre Hand hin. "Na, kommen Sie schon."
Snape nahm ihre Hand tatsächlich entgegen und ließ sich von ihr aufhelfen. "Das ist gar nicht komisch!", bemerkte er und versuchte Hermine tadelnd anzusehen. Doch in seinen sonst so düster blickenden Augen verbarg sich noch immer ein für ihn so ungewöhnliches Lächeln.
"Nein, natürlich nicht." Hermine schüttelte den Kopf, gab sich allerdings keine Mühe ernster zu werden.
Snape lief zu dem Käfig und sperrte den endgültig letzten Wichtel zu den anderen protestierenden Zwergen.
"Das ist großartig!" Gwony klatschte in die Hände. Snape richtete seinen Zauberstab auf den Käfig und im nächsten Moment löste sich der Käfig in Luft auf. "Das Problem wäre gelöst," bemerkte er dann und sah zu Hermine.
"Wir arbeiten gut zusammen, was?", meinte Hermine und grinste. Snape erwiderte nicht mehr als ein flüchtiges Grinsen. Kurz darauf begannen Gwony, Snape und Hermine die Verwüstungen im Garten, die die Alraunenwichtel verursacht hatten, zu beseitigen. Gwony quasselte die ganze Zeit, sie erinnerte sich an vergangene Wichtel-Attacken auf Snapes Garten und erwähnte mehrmals, wie gut es doch war, dass Miss Granger da war.
Snape und Hermine hingegen waren die ganze Zeit über sehr schweigsam. Beide hingen sie ihren Gedanken nach. Snape war es ein wenig peinlich, dass er so aus der Rolle gefallen war, er wusste nicht, was ihn dazu veranlasst hatte so kindisch zu reagieren. Und doch konnte er nicht leugnen, dass ihm das gemeinsame Lachen gefallen hatte.
Hermine dachte derweil darüber nach, warum Snape nicht öfter so nett sein konnte. Versteckte sich hinter seiner kalten Art vielleicht doch mehr als nur Boshaftigkeit und ein leicht ausgeprägter Sadismus? Hermine war sich eigentlich sicher, dass Snape kein schlechter Mensch sein konnte, er hatte sie gerettet und er hatte gelacht - richtig gelacht, das würde ihr nie jemand glauben! Ob es etwas schreckliches in seiner Vergangenheit gegeben hatte, das ihn so gefühllos werden ließ? Aber was sollte das sein? War es allein die Tatsache, dass er mal Todesser gewesen war? Konnte er sich seinen Fehler eventuell nicht verzeihen?
Als Snape schließlich wieder im Haus verschwand, wurde Hermine das Gefühl nicht los, dass er eigentlich gerne bei ihr und Gwony geblieben wäre, aber sie wagte es nicht, ihn dazu aufzufordern. Irgendwie war er ihr vollkommen fremd, jetzt vielleicht noch fremder oder rätselhafter als zuvor.

In den folgenden Tagen frühstückte Snape immer mit Hermine zusammen. Er fragte sie, wie es mit dem Aranemos-Trank klappte und hörte ihr stets aufmerksam zu, wenn sie berichtete. Sogar mit seinen zynischen Bemerkungen hielt er sich zurück. Hermine versuchte auch ihn ein wenig auszufragen, doch da sie nicht zu persönlich werden wollte, fragte sie lediglich nach seinen Unterrichtsvorbereitungen und tatsächlich erklärte er ihr ein wenig.
Hermine schwirrten so viele weitere Fragen durch den Kopf, z.B. wollte sie zu gerne wissen, warum Snape es vorzog alleine zu leben, oder wer seine Freunde waren, oder was mit seiner Familie war oder ob er etwas von Malfoy wusste, aber sie brachte nichts davon über die Lippen. Das einzige was sie schaffte, war sich das Professor vor Snape abzugewöhnen und es durch Mister zu ersetzen. Und manchmal redete sie von ihren Eltern, in der Hoffnung, dass das Snape veranlassen könnte über sich zu reden, aber das war nicht der Fall.

Der Aranemos-Trank war fast fertig, Snapes Grippe war fast beseitigt und Hermine würde bald wieder nach Hause können, da begann es eines Morgens zu regnen. Als Hermine nichts mehr zu tun hatte, begann sie sich mal wieder zu langweilen. Snape war im Labor verschwunden und Gwony hatte sich mit schlechter Laune im Gewächshaus verkrochen. Hermine saß im Wohnzimmer und überlegte, ob sie sich einen Fernseher herbeizaubern sollte. Aber dann beschloss sie irgendwas zu lesen - das war sowieso sinnvoller als fernsehen. Snape hatte ja genug Bücher. So stöberte sie einige Minuten in dem riesigen Bücherregal.
Schließlich zog sie ein Buch mit dem Titel Über die Fähigkeit sich selbst und andere Zauberwesen unsichtbar zu machen heraus. Da fiel ihr auf, dass hinter diesem Buch etwas versteckt worden war. Hermine sah sich um und griff schließlich nach dem Gegenstand, den sie entdeckt hatte. Es handelte sich um einen kleinen Stoffbeutel. Irgendetwas verbarg sich darin. Hermine war sich nicht sicher, ob sie da wirklich hineingucken durfte, aber ihre Neugier siegte schließlich. Sie griff in den Beutel hinein und zog die darin enthaltenen Dinge heraus: Steine. Hermine guckte irritiert auf die grauen Fundstücke, die nun in ihrer Hand lagen. Warum versteckte Snape gewöhnliche Steine? Doch plötzlich erschienen bunte Farben auf den Steinen. Und im nächsten Moment sah Hermine sogar Bilder. In jedem Stein ein anderes. Und sie bewegten sich.
Plötzlich entdeckte sie Harry in einem Stein, er flog auf seinem Besen, und da war auch Ron - Hermine legte ihre Stirn in Falten. Auf einem anderen Stein erschienen ihre Eltern, sie saßen im Wohnzimmer, ja, natürlich, zu Hause in ihrem Wohnzimmer. Hermine schaute wieder zu dem Stein mit Harry und Ron. Sie flogen wild durch die Luft, Hermine entdeckte nun, dass die beiden etwas jagten, ja, einen Drachen. Das konnte doch gar nicht wahr sein. Konnte sie etwa Harry, Ron und ihre Eltern sehen, bei dem was sie gerade in diesem Moment taten? Es musste so sein. - Aber warum lagen diese Steine in Snapes Bücherregal, und warum waren sie noch dazu versteckt? Hatte Snape die Steine etwa vor ihr versteckt? Spionierte Snape ihren Freunden hinterher und ihren Eltern?
Hermine spürte Wut in sich wachsen. Was dachte Snape sich dabei?! Sie stürmte aufgebracht in den Keller. "Mister Snape! Was hat das hier zu bedeuten?!"
"Erschrecken Sie mich doch nicht so! Was ist denn los?" Snape hantierte gerade mit einem Reagenzglas und einer Pipette. Er sah Hermine überrascht an.
Sie trat auf ihn zu und hielt ihm die Steine, auf denen immer noch Harry, Ron und Hermines Eltern zu sehen waren, unter die Nase.
"Wo haben Sie die her?", fragte Snape und legte die Pipette weg.
"Ich hab sie gefunden, als ich mir ein Buch aus dem Regal nehmen wollte! - Sie haben wohl geglaubt, da würde ich sie nicht entdecken, was?! Aber jetzt habe ich sie entdeckt! Und sie sind mir eine Erklärung schuldig!! Wie kommen Sie dazu, meinen Freunden und meinen Eltern nachzuspionieren?! Vertrauen Sie mir nicht?!!" Hermine war außer sich vor Wut. Und dass Snape nun auch noch zu grinsen begann, besänftigte sie nicht gerade!
"Hermine. Ich bitte Sie. Glauben Sie ich habe nichts besseres zu tun, als Harry Potter nachzuspionieren? Oder diesem Weasley....? Wirklich, so sehr langweile ich mich dann doch nicht." Snape schüttelte den Kopf.
"Was...was soll das heißen?!"
"Wenn Sie nur ein wenig nachgedacht hätten, und nicht sofort überreagiert hätten, Hermine, dann wäre Ihnen sicher eingefallen, worum es sich bei diesen Steinen handelt. Außerdem dürfte Ihnen klar sein, dass ich kein Interesse daran habe irgendwem nachzuspionieren."
"Ach nein.... und was sollen das dann für Steine sein? Und warum haben Sie sie versteckt?"
"Ich habe sie nicht versteckt. Ich habe sie lediglich dort hin gelegt. Wollte ich etwas verstecken, würde ich das doch wohl ein wenig geschickter anstellen. - Zählen Sie doch mal eins und eins zusammen. Wen sehen Sie denn in den Steinen? Wahrscheinlich die Menschen, die Ihnen etwas bedeuten, oder täusche ich mich?" Snape sah Hermine mit hochgezogenen Augenbrauen an.
Hermine sah erneut auf die Steine. Sie war kurz davor sich ziemlich blöd vorzukommen. "Nein, Sie täuschen sich nicht."
"Also. Es sind Denk-an-mich-Steine. Eine recht kindische Erfindung eines albernen Zauberers. Jeder, der die Steine in die Hand nimmt, wird die Menschen darin sehen, die ihm nahe stehen. So kann man den entsprechenden Menschen beobachten, bei dem was er gerade tut."
Nun kam sich Hermine verdammt blöd vor. "Ich...ich..", stammelte sie verlegen.
"Ich habe doch recht, wenn ich annehme, dass Sie in Ihrer so erfolgreich abgeschlossenen Schullaufbahn irgendwann einmal über diese Steine gelesen haben sollten." Snape klang streng - er hatte recht.
"Es tut mir leid. Ich wollte Sie nicht verdächtigen, das war ungerecht..."
"Ich bin schon des öfteren verdächtigt worden. - Aber es ist jetzt gut. Vergessen wir das einfach." Snapes Stimme klang nun wieder etwas versöhnlicher.
Hermine war erleichtert. "Es tut mir wirklich leid. - Aber dürfte ich die Steine noch ein wenig behalten? Es ist doch ganz schön sie alle zu sehen."
"Machen Sie damit, was Sie wollen." Snape wandte sich wieder seinem Reagenzglas zu.
Hermine wollte nach oben gehen, aber ihr fiel noch etwas ein. "Mister Snape - wenn Sie diese Steine so kindisch finden, wie Sie sagten, warum haben Sie sie dann?"
Snape sah Hermine einige Sekunden an. Es war beinahe so, als überraschte ihn diese Frage. "Ich...sie waren ein Geschenk." Seine Antwort klang etwas nervös, fand Hermine.
"Und warum ist es so kindisch, wenn man die Menschen sieht, die einem wichtig sind?"
"Ich hab jetzt wirklich keine Zeit mehr, Hermine. Lassen Sie mich bitte arbeiten, ja?"
Hermine musste nachgeben, Snapes Aussage war mehr ein Befehl als eine Bitte. Sie ging nachdenklich zurück ins Wohnzimmer und betrachtete die Steine lange. Wen sah Snape in ihnen, wenn er sie in der Hand hielt? Warum machte ihn das Thema scheinbar nervös? Hermine tat es so unendlich leid, dass sie ihm unterstellt hatte, er würde ihr nachspionieren. Jetzt hatten sie sich so gut verstanden, warum konnte Hermine ihm dennoch nicht vertrauen? Vielleicht, weil er ihr auch nicht vertraute? Sie beschloss sich offiziell bei Snape zu entschuldigen, und zwar mit einem leckeren Abendessen. Wo ihre Fähigkeiten als Köchin nicht ausreichten, würden ihr ihre zauberischen Fähigkeiten durchaus weiterhelfen.

Am nächsten Abend sollte es so weit sein. Hermine war am Morgen mit dem Aranenmos-Trank fertig geworden. Snape hatte Professor McGonagall benachrichtigt, sie könne den Trank am nächsten Morgen, zusammen mit Hermine, abholen. Dann würde der Trank erst richtig reif sein. Mittags erklärte Hermine Snape, dass sie für den Abend kochen würde. Snape hatte nichts dagegen einzuwenden. Am Nachmittag begann Hermine dann mit dem Kochen, Gwony hatte sich bereit erklärt ihr zu helfen. Es sollte eine Vorspeise, ein Hauptgericht und einen Nachtisch geben. Gwnoy deckte den Tisch im Wohnzimmer. Schließlich saßen Snape und Hermine sich gegenüber, Gwony hatte sie alleine lassen.
"Mister Snape. Ich wollte mich hiermit noch mal entschuldigen, wegen den Steinen. Und natürlich wegen dem Monsterklee. Es tut mir leid, dass ich Ihnen so viel Ärger gemacht habe. Aber ich bin Ihnen dankbar, dass Sie dennoch Geduld mit mir hatten."
"Was blieb mir denn anderes übrig? Der Trank ist enorm wichtig."
"Ja." Hermine nickte etwas enttäuscht.
"Außerdem haben Sie mir keine allzu großen Umstände bereitet. Schließlich haben Sie die Alraunen-Wichtel mit eingefangen und Sie haben mir geholfen diese schreckliche Muggel-Grippe wieder loszuwerden." Snape lächelte ein wenig.
"Ja", erwiderte Hermine nur und fühlte sich schon um einiges besser.
"Sie sind sicher froh, wieder nach Hause zu kommen, was?"
Hermine überlegte einen Moment. "Eigentlich ist es ganz nett bei Ihnen. -Gwony ist toll, finde ich. Und Ihr Garten ist phantastisch. Das ganze Haus und das Labor - ich glaub, ich hab ne' Menge gelernt."
"Das hoffe ich." Snape sah Hermine nur flüchtig in die Augen.
"Und natürlich bin ich Ihnen mehr als dankbar, dass-Sie-mir-das-Leben-gerettet-haben", Hermine blieben ihre Worte beinahe im Halse stecken.
"Wir wollen nicht so pathetisch werden. Das war meine Pflicht." Snape klang schon wieder ein wenig kühl.
"Ja, natürlich. Aber trotzdem - danke." Hermine sah ihren ehemaligen Lehrer an. Sie hatte so viel und doch eigentlich überhaupt nichts über ihn erfahren. Snape war für sie ein lebendes Geheimnis geblieben. Auch wenn sie gemerkt hatte, dass auch er Gefühle hatte, durchschauen ließ er sich deswegen noch lange nicht.

Das Essen war Hermine wirklich gut gelungen, das fand sogar Snape. Beim Nachtisch spürte Hermine, dass sie immer noch von so vielen Fragen gequält wurde. "Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber.... aber wen sehen Sie in den Denk-an-mich-Steinen, wenn Sie sie ansehen?" Hermines Herz raste.
Snape antwortete nicht sofort. "Ich sagte doch schon, dass ich diese Dinger albern finde. Ich habe sie ewig nicht mehr angesehen."
"Warum nicht? Gibt es denn niemanden, der Ihnen wichtig ist?" Hermine bekam keinen Bissen mehr herunter, doch auch Snape hatte aufgehört zu essen. "Hermine. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es besser ist allein zu sein. Andere Menschen bringen einen nur immer wieder in Schwierigkeiten. Die Schüler in Hogwarts reichen mir wirklich. Ich bin froh, wenn ich alleine sein kann."
"Das glaube ich Ihnen nicht. Freunde zu haben ist etwas wunderbares."
"Für Sie mag das der Fall sein. Bei mir ist es eben anders." Snapes Nasenflügel bebten.
"Wen würden Sie in den Steinen sehen, wenn Sie sie angucken würden?"
"Sie sind etwas neugierig, Hermine."
"Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass es niemanden in Ihrem Leben gibt, der Ihnen wichtig ist. Jeder Mensch braucht andere Menschen. Freunde sind da, wenn man sie braucht. Es kann doch nicht sein, dass Sie nie jemanden brauchen."
"Ich bin nicht wie Sie! Und auch nicht wie Potter oder Weasley! Ich habe keine so saubere Weste, wie Sie alle! Ich habe eine Vergangenheit, von der Sie nicht mal ansatzweise eine Ahnung haben! Und diese Vergangenheit bringt mich in die Situation, dass andere Menschen mir mein Leben nur erschweren würden!" Snape war richtig laut geworden.
"Erschweren, weil Sie Angst um sie hätten. Weil Sie glauben, Sie könnten sie verlieren, hab ich recht? Sie fürchten sich vor Voldemorts Rache. Sie verschließen sich und tun alles dafür unsympathisch zu sein!"
Snape stand ruckartig auf. "Was wissen Sie denn schon?! Als ob Sie auch nur annähernd eine Ahnung hätten, wie es ist einen Menschen zu verlieren! Sie glauben alles zu wissen, was? Auch wie es ist ein Todesser gewesen zu sein, ja??! Oh ja, das wissen Sie! - Was bilden Sie sich eigentlich ein?!! Mischen Sie sich gefälligst nicht in mein Leben ein!!", brüllte Snape und funkelte Hermine böse an.
"Ich frage mich, was Sie sich einbilden! Sie sind ein engstirniger, sturer und überheblicher Mann! Als hätte ich von nichts eine Ahnung, Sie glauben ich bin ein verwöhntes Püppchen, was?!" Auch Hermine war laut geworden.
"Ja! Das glaube ich allerdings!", bellte Snape und verließ Hermine mit großen Schritten.
Hermine schlug mit der Faust auf den Tisch. Sie war so unglaublich wütend. Wie hatte sie nur annehmen können, dass Snape ein netter Kerl war? Wie hatte sie sich so täuschen können? Er war ein blöder Kerl, ja, nichts weiter! Sollte er doch sehen, wie er mit seinem beschissenen Leben klar kam, wenn er meinte, das wäre alles richtig so! Bestimmt hatte er keine Freunde, weil ihn niemand mochte! War er doch selber schuld! Dieser....

Sogar als Hermine einige Zeit später im Bett lag, war sie noch wütend - zu wütend um einschlafen zu können. Sie war nun wirklich froh endlich nach Hause zu können. Dann müsste sie diesen arroganten Typen nie wieder sehen!

Am nächsten Morgen war Hermine vollkommen übermüdet. Doch ihre Wut war verschwunden, stattdessen plagte sie nun ihr Gewissen. Vielleicht war sie zu weit gegangen? Vielleicht hätte sie nicht so viel fragen dürfen. Aber Snape war auch zu weit gegangen. Er hätte sie nicht so anschreien dürfen. Er musste sich entschuldigen. Aber das würde er wahrscheinlich nie tun. Hermine fühlte sich elend.
Snape war nicht beim Frühstück. Und als es an der Tür klopfte, erschien er auch nicht. Gwony öffnete. Es war Professor McGonagall. Hermine ging zu ihr.
"Miss Granger. Guten Morgen. Wie ich höre, waren Sie erfolgreich."
"Ja." Hermine nickte müde.
"Geht es Ihnen nicht gut?"
"Es war anstrengend. Ich bin noch ein wenig müde."
In diesem Moment erschien Snape bei ihnen. Er sah Hermine nicht an. "Minerva. Guten Morgen. Hier ist der Trank." Er reichte Professor McGonagall die Flasche.
"Guten Morgen, Severus. Sie sehen wieder besser aus. Ich hoffe, es hat alles gut funktioniert."
"Ja. Jetzt hab ich aber noch zu tun. Die Schule fängt bald an. Minerva, Miss Granger - Wiedersehn." Und dann ließ Snape sie einfach stehen.
Hermine konnte nichts mehr tun, als ihre Sachen holen und zu verschwinden. Der Abschied von Gwony war recht traurig, besonders für Gwony. Hermine hätte auch beinahe geweint, aber sie schluckte ihre Tränen tapfer herunter! Sie würde nicht weinen, nein, nicht wegen Snape!!

Als sie wieder zu Hause war, versuchte sie alles Geschehene zu vergessen. Doch das gelang ihr nicht mal annähernd. Ständig dachte sie über den Streit mit Snape nach. Je mehr Zeit verging, desto mehr wurde Hermine bewusst, dass sie ungerecht gewesen war. Snape hatte das nicht verdient. Er hatte sich richtig um sie gekümmert und was hatte sie getan? Sie hatte ihm hinterherspioniert! Kein Wunder, dass er sie verachtete. Sie war eine neugierige kleine Göre! So kam sie sich zumindest vor. Nichts konnte sie so richtig aufheitern.


Wirklich nichts?
Nun war Hermine schon fast zwei Wochen wieder zu Hause. Das Wetter war so schlecht wie ihre Stimmung. Sie vermisste Harry und Ron. Sie beschäftigte sich in der letzten Zeit viel mit Aufräumen und Putzen. Ihr Zimmer war inzwischen vollkommen staub- und wahrscheinlich auch keimfrei. Trotzdem hatte sie mal wieder nichts besseres zu tun, als in ihrem Zimmer Staub zu saugen, als plötzlich eine Eule an ihrem Fenster auftauchte. Es war die von Professor McGonagall. Hermine ließ sie schnell rein. Sie faltete den Brief aufgeregt auseinander:

Liebe Miss Granger,
Sie haben wirklich hervorragende Arbeit geleistet! Alle erkrankten Zauberer und Hexen sind vollständig genesen und den Übeltäter haben wir gefasst. Sie können stolz auf sich sein! Allerdings gibt es noch einen weiteren Grund, weswegen ich schreibe. Professor Snape hat Sie sehr gelobt, er berichtete, dass Sie sehr überlegt und geschickt gearbeitet hätten. Somit haben wir uns gemeinsam entschlossen, Ihnen ein Praktikum in Hogwarts anzubieten. So etwas ist lange nicht mehr vorgekommen, aber wir alle stimmen darin überein, dass Sie über besonderes Talent verfügen. Vielleicht werden Sie ja selbst mal Lehrerin bei uns.
Ihr Praktikum würden Sie bei Professor Snape ableisten, dem Sie dann als Assistentin zur Verfügung stehen müssten. Außerdem hätten Sie die Möglichkeit außerhalb des Unterrichts mit den Schülern zu arbeiten, in Form eines Hausaufgaben- oder Nachhilfeunterrichts. Wenn Sie also Lust und Zeit haben sich Hogwarts ein weiteres Jahr zur Verfügung zu stellen, würden wir uns sehr freuen.
Das neue Schuljahr beginnt in einer Woche, zwei Tage vor Schuljahresbeginn sollten Sie in Hogwarts sein. Natürlich erhalten Sie für Ihre Leistungen bei uns eine angemessene Vergütung.
Antworten Sie mir bitte noch innerhalb der nächsten zwei Tage.
Mit freundlichen Grüßen, Professor McGonagall


Hermine starrte noch eine Weile auf den Brief. Sie konnte es nicht fassen - Snape hatte sie gelobt? Und so wie es klang, hatte er sich auch noch für diese Praktikumstelle eingesetzt. Sie sollte seine Assistentin werden? Plötzlich tauchte noch ein Vogel vor Hermines Fenster auf. Es war Victor - Snapes Falke! Hermine ließ ihn rein und begrüßte ihn freundlich. An seinem Fuß entdeckte Hermine ein kleines Päckchen. "Ist das von Snape?", fragte sie und Victor bewegte seinen Kopf darauf auf und ab. Dann widmete er sich ganz der Eule von Miss McGonagall. Hermine öffnete das Päckchen aufgeregt. Als sie sah, was drin war, spürte sie, dass sie richtig gerührt war. Es war der kleine Stoffbeutel mit den Denk-an-mich-Steinen. Hermine machte ihn auf und fand neben den Steinen noch einen Zettel mit Snapes Handschrift. Darauf stand:

Liebe Hermine,
Ihnen haben die Steine so gut gefallen, dass ich mir gedacht habe, Sie können mehr damit anfangen als ich. Aber deuten Sie dies nicht als Bestechungsversuch dafür, dass Sie die Assistentenstelle in Hogwarts annehmen. Viele Grüße, Severus Snape


Hermine musste grinsen. Das war wohl Snapes Art sich zu entschuldigen. Na ja, aber es war wirklich sehr nett. Hermine legte die Steine auf ihre Handfläche. Harry und Ron standen irgendwo an einem Bahnhof, sie guckten etwas hilflos. Hermine wünschte sich in diesem Moment bei ihnen zu sein, um ihnen alles erzählen zu können. Ihre Mutter war gerade einkaufen und ihr Vater war auf der Arbeit. Und auf einem weiteren Stein war er, ja, tatsächlich - Snape. Er schien in Hogwarts zu sein, saß in seinem düsteren Kerker und blätterte in einem Buch. Ausgerechnet Snape... Eins stand fest, zu nichts hatte Hermine mehr Lust, als nach Hogwarts zu gehen und dort zu arbeiten. Sie war immer gerne in der Schule gewesen. Und selber mal Lehrerin zu werden, das stellte sie sich großartig vor, nur war es ihr von selbst noch nie in den Sinn gekommen. Jetzt hoffte sie nur, dass ihre Eltern auch einverstanden damit sein würden.




 

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