Der Bruder, Rose und Severus

 

 

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Autorin: Chrissi


Der Bruder

Im Ligusterweg waren die Bauarbeiten unermüdlich vorangetrieben worden. Mrs Evans hielt sich ihre kleinen, aber mit Messerschärfe ausgestattenten Ohren verzweifelt zu. Die Gemeindeverwaltung hatte ihr immerhin einen guten Preis für das Grundstück angeboten, aber dieser Ort, auf dem ihr Haus stand, war eben anders als andere Orte, anders als gewöhnliche Grundstücke, auf denen gewöhnliche Häuser, eben Muggelhäuser standen. Nein, dieser Ort war nun einmal ein magischer Ort, hier konzentrierten sich die mystischen und übersinnlichen Kräfte der Natur. Aber ihr war natürlich schon klar, dass ihre älteste Tochter Petunia das alte, ehrwürdige Knusperhäuschen abreißen lassen würde, um sich mit ihrem überaus muggeligen Muggelmann ein neues, schönes und sehr muggelhaftes Reihenhaus bauen zu lassen.Wenigstens konnte sie ihrer vermaledeiten Squibtochter das Versprechen abringen, das alte Grundstück, das ja schon seit Generationen der noch älteren Evansfamile gehörte, nicht an obermuggelische und geldgierige Bauspekulanten zu verkaufen. Es würde in Familienbesitz bleiben. Sie wusste, dass an diesem Ort einmal einer ihrer Enkelkinder Schutz finden würde vor dem, der bereits jetzt die Welt der Hexen und Zauberer in Angst und Schrecken versetzte. Sie wäre keine Evans, hätte sie es nicht vorausgesehen, dass ihre jüngste Tochter Lily aus blinder Liebe diesen Sohn der Potters heiraten würde. 'Grundgütiger Merlin', dachte sie mit einem Gefühl, das eine seltsame Mischung aus Eifersucht, Freude, Liebe und Verzweiflung war. 'Er wird sie in Schwierigkeiten bringen, dieser James Potter, er wird wegen seiner zweifelhaften Geschäftigkeit meine kleine, süße und liebenswerte Lily in Lebensgefahr bringen. Ich werde Severus eine Eule schicken, er muss mir helfen, er ist mir noch etwas schuldig, ja genau, das werde ich jetzt machen.' Mrs Evans ging in den Garten, in dem Kräuter und Blumen aller Arten, aber auch hässliche Gnome wuchsen und gediehen.
Sie ging in das windschiefe Gartenhäuschen, in dem allerlei nützliches und unnützes Hexengerümpel herumstand. In einem angelaufenen Silberkäfig saß Hildegard, ihre alte und faule Eule, die sich aber dennoch für ein paar extra Mahlzeiten Mäuse zu niedrigen Postbotenflügen herabließ.
Mrs Evans setze sich an einen metallisch glänzenden Tisch nieder, der ulkigerweise Füße hatte, und der sich gern davongemacht hätte, wenn ihm Mrs Evans nicht ein paar magische Fesseln an die lauffreudigen Füße gehext hätte. Der Stuhl hingegen auf dem sie saß, hatte keinerlei aussergewöhnliche Fähigkeiten, denn den hatte ihre Tochter Petunia aus einem Muggelmöbelladen, wegen Abverkaufes, billig erstanden, und ihrer Mutter freundlicherweise geschenkt.

Sie begann zu schreiben:

Mein lieber Severus,
du stehst immer noch in meiner Schuld, und nun wirst du mir einen Dienst erweisen müssen, dazu bist du verpflichtet. Niemand sonst außer dir kommt an den Dunklen Lord so nahe heran, deshalb musst du dir seinen Zauberstab „ausborgen“, um eine genaue Abbildung von ihm herstellen zu lassen. Da du von seinem Fleisch bist, kannst du den Stab ja berühren, ohne dass er dich abstoßen wird. Ich erwarte dich heute noch Abend um 20.00 Uhr, einschließlich seines Zauberstabes, bei mir. Entschuldigungen und Ausflüchte deinerseits werde ich nicht dulden.
Rose

Hildegard bekam den Brief umgehangen und schon machte sie sich mit missbilligendem Blick auf ihre Flugreise.

Mrs Evans lehnte sich zurück, und wartete geduldig den angegebenn Zeitpunkt ab. Um 20.00 Uhr kam es zu einem recht seltsamen Geräusch, das sich wie eine drollige Mischung aus Klick und Plopp anzuhören schien. Severus war appariert, und stand in Mrs Evans Klo, das er dann auch gleich benützte.
„Schön, du bist also pünktlich, wie immer“, grinste Rose Severus mit einem verschmitzten Lächeln an. „Doch dass du auf dem Klo apparierst kenne ich gar nicht von dir, mein Lieber.“
Severus sah sie mit wenig erbauter Miene scharf an, und sagte dann: „Ich kam um 20.00 Uhr, und der Druck folgte mir.“
„Hast du ihn mitgebracht?“, schnappte Mrs Evans.
„Ganz wie du es mir befohlen hast“, antwortete Severus ihr mit einer sarkastischen Verbeugung und einem gehässigen Grinsen auf den Lippen.
Sein Gesicht ist so weiß wie der Schnee, wenn er frisch gefallen ist, oder wie die Muggelanstrichfarbe aus dem Muggelheimwerkerladen, dachte sich Mrs Evans beinahe belustigt, doch es war ihr nicht wirklich zum Scherzen zumute. Severus stand jetzt offensichtlich gereizt vor ihr, und es war besser für beide Anwesende, dem unerfreulichen Treffen ein baldiges Ende zu bereiten. „Eibenholz haben sie bei Ollivander nicht vorrätig, Rose“, bemerkte Severus mit teuflisch anmutender Schadenfreude, "und Phoenixfedern schon überhaupt nicht“, hauchte er nun mit sanfter und zuckersüßer Stimme in ihre guten Ohren. Nichts konnte sie mehr auf die Palme bringen, als wenn Severus sich offensichtlich über sie lustig machte, dann hätte sie ihn gern ans Messer geliefert, und ihre Zeugenaussage gegen ihn zurückgenommen. Da war es Severus' Glück, dass sie diesen Kerl genauso so wenig mochte, wie es Severus tat. Rose Evans hasste alles und jeden, der jemals irgendetwas mit diesem Potterclan zu schaffen hatte.

Du wirst mir die passenden Zutaten besorgen müssen, Röschen, ansonsten wird wohl nichts aus deinen kühnen Plänen, darin wirst du mir wohl doch Recht geben?“ Und Severus kräuselte die Lippen, wie er es immer tat, wenn er sich seiner Sache sicher war. „Desweiteren muss es schnell gehen, ansonsten fällt es dem Alten auf, und das könnte für uns beide sehr ungesund sein, du verstehst mich doch?“
Mrs Evans nickte jetzt geduldig, sie war Severus' Sticheleien gewöhnt, und nahm sie ihm nicht einmal mehr übel. Immerhin war sie es gewesen, die ihm den Sarkasmus frühzeitig beigebracht hatte.
„Bis morgen hast du alles was du benötigst, dann gehst du damit zu Ollivander, doch wenn er Fragen stellen sollte, dann sag nur, dass der Dunkle Lord sich eine Reserve zulegen will, er weiß dann schon Bescheid“, erwiderte Mrs Evans knapp. Severus Augen verengten sich wie die eines Raubtieres, das nicht genau wusste, ob es selber jagt, oder von einem anderen Raubtier gejagt wurde. Nur eines wusste er sicher, dass Rose, was auch immer sie ihm anweisen würde, das Richtige wäre.

"Gib mir den Zauberstab, ich will ihn mir ansehen", sagte Mrs Evans ganz plötzlich zu Severus. Der zog ihn aus einer inneren Jackentasche hervor und überreichte ihn ihr mit gönnerhafter Miene. "Mal sehen, aha er ist ja angekratzt, wie kommt denn das?", fügte Mrs Evans hinzu.
"Um ihn unauffällig entfernen zu können, mit dem Einverständnis des Alten, ist es klüger ihn unahnsehnlich aussehen zu lassen. Ihn heimlich zu entfernen wäre dümmer als ein Kinderstreich, also habe ich ihn versehentlich etwas unschöner erscheinen lassen", antwortete Severus mit gelassener Tonlage.
"Er war nicht wütend auf dich?", fragte Mrs Evans ihn mit einem Runzeln der Stirn zurück. "Aber, aber Röschen, er liebt mich doch, und er kann mir einfach nichts verübeln, ich bin doch sein Lieblingsjünger", säuselte Severus grinsend mit einem verklärt anmutendem Blick zurück.
"Ganz offensichtlich bist du es, du Schlangenbrut, du, aber jetzt haben wir keine Zeit mehr zu verlieren, ich besorge uns die nötigen Dinge für den Bruder."
Severus verzichtete darauf, Mrs Evans zu fragen, wer von ihren Enkelkindern den Bruder einmal erhalten solle, erstens konnte er sich selbst denken (sie hätte es ihm sowieso nicht gesagt, komischerweise) und je weniger er selber offiziell wissen würde, um so besser wäre es für ihn. "Ich nehme den Kamin, apparieren bei Albus Dumbledore ist bekanntlich unmöglich, außerdem erwartet er mich in seinen Räumen, er kennt mein Anliegen bereits", sprach sie und mit entschlossener Miene entschwand sie aus Severus' Augen.
Er stieg jetzt eine kleine Treppe zum Dachboden hinauf. Allein, wie er jetzt war, entschloss er sich die Zeit mit Erinnerungen an die Vergangenheit zu vertreiben. In dem kleinen Zimmer ganz auf dem Dachboden, in dem er oft seine Zeit lesenderweise verbracht hatte, standen jetzt langweilige Muggelmöbel, die ganz und gar nichts von sich aus taten, außer einzustauben. 'Oh Petunia, du hast wahrhaftig deine Überzeugungen, dass muss man dir lassen', dachte Severus verdutzt, als er sich selbst beim melancholischen Nachsinnen ertappte, während er sich umsah. Er entschloss sich die Rückkehr von Rose schlafenderweise abzuwarten und warf sich auf ein, offensichtlich seit langer Zeit, ungenutztes Bett.
Der nächste Morgen kam schon sehr früh und es blieb bei einem sehr kurzen Frühstücksintermezzo, denn ehe es sich Severus versah stand er schon frisch ausgerüstet mit Eibenholz und einer Phoenixfeder in der Winkelgasse, sie hatte ihn regelrecht hinausgeschmissen, die alte Vettel.
So betrat er dann auch ohne viel Federlesen das Geschäft von Mr Ollivander und begrüßte diesen noch etwas sehr verschlafen wirkenden Ladenbesitzer mit einem äußerst gestelzten "guten Morgen" und kam gleich zur Sache. Mr Ollivander fixierte Severus, und während sich dabei Mr Ollivanders Brust hob und wieder senkte, warf er Severus einen überaus skeptischen Blick zu. Dabei kam es Severus vor, als ob Mr Ollivander ihm immer noch nicht seinen kleinen Bubenstreich, den er ihm beim ersten Besuch in seinem Laden gespielt hatte (als er seinen hässlichen Zauberstab zur Einschulung in Hogwarts erhielt), verziehen hätte. Allein schon dieser nachtragende Blick. Sämtliche Zauberstäbe hatte der kleine Severus ihm verhext, so dass sie sich verbogen und selber zusammenknoteten. Drei nervenaufreibende Tage und Nächte verbrachte der damals an Verzweiflung grenzende Mr Ollivander mit einem Rückgängigmachungszauber.
Da er also eindeutig keine Lieblingskundschaft von Mr Ollivander war, beließ er es dabei, ihm alles Wesentliche aufzutragen, einen Abholtermin für den Nachmittag festzulegen, und sich dann in der Nockturngasse erbaulicheren Tätigkeiten zu widmen, als sich von Mr Ollivanders gespielter Freundlichkeit langweilen zu lassen.
Als er das Geschäft verlassen hatte und sich dann geradewegs in Richtung Nockturngasse bewegte, blieb er auf einmal wie angewurzelt stehen. Vor Gringotts stand dieser, dieser Black, der Mann, der ihn beinahe vom Leben in den Tod befördert hatte, nur weil diesem damals die Sicherungen durchbrannten. 'Nein, es ist noch nicht soweit, jetzt ist es noch nicht an der Zeit, aber meine Stunde wird kommen, an dem ich IHM einen Streich spielen werde, der Tag meiner Rache ist nicht mehr weit, dann wird er den Tag verfluchen, an dem ER geboren wurde', dachte sich Severus und ging gemächlich weiter.

ENDE  

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