Suche nach Hagrid

 

 

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Autorin: Raven Dancer

Übersetzerin: Ceridwen

 

 



“Sehen Sie, Barnes, es ist nicht besonders gut, weiterhin so zu rennen. Wir könnten etwas übersehen und der Wald ist gefährlich“, keuchte Snape, als er mit dem Heiler mithalten musste.

“Was kann uns schon passieren? Es ist lichter Tag, die Sonne scheint hell und alles Übel versteckt sich in seinen Höhlen”, entgegnete der Heiler bissig, wobei er eine undurchdringliches Dickicht von Laub zur Seite schob. Der Boden war hier sehr uneben und verlangte Aufmerksamkeit.

Severus Snape und Jeffrey Barnes waren etwa eine halbe Meile in den Verbotenen Wald eingedrungen. Ein Ort, den Snape unter normalen Umständen nie freiwillig aufgesucht hätte. Barnes war jahrelang nicht im Wald gewesen und selbst damals hatte er nie den hogwartsnahen Teil gesehen. Es war wesentlich dunkler und grusliger, als bei den Ausflügen mit Freunden in der Umgebung von Hogsmeade, an die er sich erinnerte.

Die beiden Männer bildeten eine von einem Dutzend Gruppen die nach einem Vermissten suchten: Hagrid, dem Hüter der Ländereien von Hogwarts und Professor für Magische Geschöpfe. Schüler die am Vortag zum Unterricht gegangen waren, kamen zum Schloss zurück und berichteten, er wäre weder in seiner Hütte, noch irgendwo in der Nähe. Sie hatten seine zahlreichen Kreaturen gefüttert und seinen geliebten Sauhund Fang versorgt. Aber der Halbriese war nirgends zu finden.

Zuerst vermutete der Direktor, dass er vielleicht in die Stadt gegangen wäre. Er benötigte manchmal spezielle Lieferungen für seine Menagerie. Also warteten sie bis zum Abendessen. Als er nicht auftauchte, begann Dumbledore Nachforschungen anzustellen.

Er war nicht zum Frühstück gekommen, obwohl das nicht weiter überraschte. Er aß normalerweise in seiner Hütte, bevor er seine Tiere füttern und versorgen ging.

Flitwick erinnerte sich, dass Hagrid erwähnt hatte, er wolle in den Wald gehen. Irgendwelche speziellen Gräser oder Blätter für die Kelpies beschaffen, die er für die höheren Klassen hielt.

“Ich weiß nur nicht mehr, ob er sagte, er wolle letzte Nacht weggehen oder diesen Morgen", jammerte der Zauberkunst-Professor.

McGonagall schickte zwei Siebtklässler von Gryffindor nach Hogsmeade, um zu sehen, ob er dahin gegangen war. Vielleicht war er über Nacht in der Herberge geblieben. Die Schüler kehrten ohne Erfolg zurück. Seit mehreren Tagen hatte keiner Hagrid gesehen.

Dr. Barnes, war mit den Schülern zurückgekommen, um zu sehen, ob er gebraucht würde.

Nachdem die offensichtlichsten Möglichkeiten ausgeschlossen worden waren, entschied Dumbledore, dass sie am nächsten Tag den Verbotenen Wald absuchen müssten. Er konnte, wenn es Nacht war, niemanden losschicken; die Gefahr war weit größer, als die Chance jemanden bei der Finsternis, die den Wald des Nachts einhüllte, zu finden. Stattdessen war er zusammen mit Snape und Lupin lange aufgeblieben, sie gingen durch die Karten und stellten einen Suchplan auf.

Eines hatte er vorm Morgengrauen auf jeden Fall sicher entschieden; Snape und Lupin würden kein Team bilden. Sie waren müde; Lupin ging schließlich um 2 Uhr ins Bett; Snape schlief gar nicht. Aller Wahrscheinlichkeit nach würden sie viel zu viel streiten um überhaupt effektiv zu suchen. Er kombinierte Lupin mit Hooch und zwei Siebtklässlern und bat Barnes den Tränkemeister zu begleiten. Er wusste, dass Snape nicht mit dem Heiler streiten würde. Nicht viel. Auf jeden Fall wusste Barnes, wie man mit Snape umgehen musste; er hatte dieses Jahr viel Zeit zum Üben gehabt.

Nun vermieden die beiden Männer den Hauptweg, um die kaum sichtbaren Pfade, die ihn schnitten, abzusuchen. Die meisten verliefen sich nach ein paar hundert Metern. Sie gingen gerade einen dieser Wege entlang auf ein Dickicht zu, als Snape den Heiler packte und ihn zurückzog. Er riss den Zauberstab heraus und erledigte ein Nest von wütend aussehenden Spinnen, in die sie beinahe hineingelaufen wären.

Barnes sah ein wenig wütend aus, als er den Dreck von seiner Kleidung wischte. Bis er eine der Spinnen sah. Sie war eher ein sehr großes Kaninchen, mit viel mehr Beinen und spitzen Greifern.

“Verstehen Sie doch, Barnes, ich weiß, dass Sie darauf brennen, Hagrid zu finden; genauso wie ich! Aber Sie können nicht einfach weiterhin so hetzen. Gehen Sie es wenigstens ein bisschen langsamer an!“, kritisierte ihn Snape. Barnes nickte, aber schon nach kurzer Zeit lief er wieder, der Tränkemeister schnaufte in seinem Kielwasser.

Diesmal wurde Barnes von einem riesigen, dichten Busch aufgehalten. Er spähte gerade durch einen Zweig ins Unterholz, als ihn Snape einholte.

“Hagrid?”, schrie der Heiler suchend.

“MACHEN SIE DAS NICHT!“ Snape entriss ihm den Zweig. Ein tiefes Knurren erklang aus dem Busch und wieder einmal hasteten sie rückwärts, stolperten übereinander, als ein riesiges Untier durch das Dickicht brach. Sie bekamen es nicht einmal zu Gesicht; Snape zerrte sie schnell vorwärts und rannte den Pfad zurück.

“Bei allen Göttern, Barnes! Was ist los mit Ihnen? Sind Sie lebensmüde?”, schnaubte der ältere Mann als sie endlich anhielten.

”Nein, bin ich nicht!”, kam die knappe Antwort.

“Dann hören Sie gefälligst auf, sich wie ein Idiot zu benehmen!“, keuchte Snape. Barnes schaute geschockt in sein wütendes Gesicht. Der Professor hatte ihn noch nie so behandelt. Oh, er war unhöflich gewesen, aber er hatte ihn zuvor nie beschimpft oder war wirklich wütend auf ihn geworden.

Ohne sich zu entschuldigen, sah Snape den überraschten Heiler an. “Das ist hier kein kleiner Spaziergang in den Wäldern, Doktor", knirschte er. „Wir sind im Verbotenen Wald. Vergessen Sie das nicht! Andernfalls könnte einer von uns oder auch wir beide verletzt werden und wir wären nicht mehr in der Lage nach Hagrid zu suchen.“ Sein Gesicht wurde weicher, als er den Heiler am Arm berührte.

“Kommen Sie, Jeffrey, wir haben ein großes Gebiet abzusuchen und bei weitem nicht mehr soviel Tageslicht, wie wir brauchen.“ Er schritt davon und Barnes hielt hinter ihm Schritt.

Sie bewegten sich weiter in den Wald hinein und entdeckten einen kleinen Bach. Im Schlamm, halb aus dem Wasser reichend, fanden sie einen Stiefelabdruck. Er war wesentlich größer, als ihre eigenen.

“Also hat er diesen Weg genommen", sagte Snape. „Wir müssen vorsichtig sein, der Boden fällt hier bald ab. Wir müssen es langsam angehen, Jeffrey." Er sah den Betreffenden an.

“Kein Problem, Severus", stimmte der Doktor leichthin zu. Aber das Versprechen hielt er nicht lang.

Nachdem sie das Flüsschen überquert hatten, erreichten sie einen lichteren Teil des Waldes. Die Bäume standen vereinzelter und Flecken von saftigem Gras wuchsen auf den kleinen Hügelchen.

“Das Gras ist rutschig und der Boden sehr steinig", warnte Snape, als sie weiterschritten. “Ich glaube mich zu erinnern, dass es hier auch einige ziemlich steile Felsspalten und Gräben gibt", fuhr er fort.

“Vielleicht ist Hagrid hingefallen und hat sich verletzt", sagte Barnes ungeduldig und eilte in das Grasland. Snape Seufzte frustriert auf und folgte dem übereifrigen Mann.

“Barnes!”, rief er ihm hinterher. “Sein Sie nicht dumm! Gehen Sie langsamer und passen Sie auf, wo Sie hintreten!“

“Ich verstehe, warum sich Remus mit Ihnen streitet, Severus!“, offenbarte ihm der Doktor. „Sie sind viel zu vorsichtig, als für Sie gut ist! Es ist kaum zu glauben, dass Sie jemals irgendetwas unternehmen, aus Angst, Sie könnten sich einen Nagel abbrechen!“

“Ich bin nicht übervorsichtig, Barnes. Sie kennen die Gefahren des Waldes nicht!“, gab Snape verärgert zurück.

Barnes wollte widersprechen, begann aber plötzlich ein wenig zu rutschen und fühlte sofort Snapes Hand seinen Arm packen.

“Lassen Sie los, Severus, Ich bin nur...", begann er und dann war er überhaupt nichts mehr.

Das Rutschen war inzwischen kein Problem mehr. Der fehlende Boden unter seinen Füßen, das war jetzt das Problem. Er geriet in Panik, als er nach einem festen Stand suchte und dann hinabglitt. Schnell.

Snape hielt ihn noch immer fest, aber der plötzliche Ruck zog ihn von den Füßen und er landete hart, flach auf seinem Bauch, Felsstücke spießten in seine Rippen und seinen Magen. Nur der bloße Wille hielt seine Hand wie einen Schraubstock um Barnes Arm geschlossen.

Während er um sich tastete, griff der Heiler mit seiner freien Hand nach Snape, seine Bewegung endeten in einem unerträglichen Ruck.

“Oh Gott", zischte Snape, als er fühlte, wie seine linke Schulter ausgerenkt wurde. Er entschied, dass es wohl nicht der richtige Zeitpunkt wäre, dem baumelnden Mann zu erzählen, dass er diese Schulter vor Jahren ausgekugelt hatte und dass sie ziemlich schwach war. Zum Teufel mit der Schwäche, es wurde wieder ausgerenkt.

Barnes brauchte nicht informiert werden, der scharfe Atemzug, als der ältere Mann auf den Boden aufschlug und das Aufkeuchen vor Schmerz ließen ihn gleichermaßen wissen, dass sein Lebensfaden zum Zerreißen gespannt war. Zusammen beruhigten sie sich, jeder hoffte, dass der andere festhielte.

“Hallo?” Eine matte, gedämpfte Stimme erklang unterhalb von Barnes baumelnden Füßen.

“Hagrid?” Er begann sich zu drehen um einen besseren Blick nach unten zu bekommen, aber das unterdrückte, schmerzerfüllte Wimmern ließ ihn aufhören.

“Oh, den Göttern sei Dank", fuhr die Stimme von unten fort, “ich dacht ich wär’n toter Mann.” Es war Hagrid, der am Boden der ziemlich tiefen Grube lag.

“Sie könnten es immer noch werden, wenn Barnes nicht mit seinem verdammten Tanz aufhört", presste Snape heraus, mit von Schmerz erstickter Stimme.

“Severus? Sind Sie’s?”, fragte die Stimme weiter, jetzt voll Erleichterung.

”Ja, Hagrid, es ist Snape vollendet mit Heiler. Obwohl Barnes im Moment nicht gerade in einer guten Position ist, um Ihnen zu helfen", murrte er, während er seinen rechten Arm auf der Suche nach Gegendruck bewegte. Wenigstens wurde er nicht über den Rand gezogen.

“Severus, was kann ich tun, um zu helfen?“, fragte Barnes leise.

“Denken Sie, Sie könnten etwa zehn Steine herunterfallen?“, fragte Snape sarkastisch.

“Nein, tut mir leid", kam die zittrige Antwort.

“Kommen Sie an Ihren Zauberstab?”, fragte der Tränkemeister zuckersüß. Barnes dachte einen Moment darüber nach.

“Nein, ich kann nicht loslassen und danach greifen, ohne mich zu sehr zu bewegen. Können Sie Ihren erreichen?“, fragte er hoffnungsvoll.

“Nein. Lassen Sie mich etwas ausprobieren”, gab Snape zurück. Für einen Moment war alles still, dann hörte Barnes den älteren Mann leise etwas flüstern. Als fast zwei Minuten vergangen waren, fühlte er, dass der Druck auf seinen Arm nachließ. Der leise Singsang ebbte ab und Snapes Atem beschleunigte sich rasch; er fühlte, wie er sich nach oben zum Rande der Grube bewegte.

Immer weiter nach oben, bis er Snapes Gesicht sehen konnte, leichenblass und verzerrt, als der Mann sich zurücklehnte. Eine andere Hand griff nach der Schulter seiner Robe und mit einem Ruck fiel er nach vorn, landete hart auf seinem Retter. Zusammen lagen sie da, schwer atmend.

“Severus? Sie können mich jetzt loslassen”, sagte Barnes vorsichtig als er Snapes Arm freigab.

“Kann ich nicht", kam die erstickte Antwort. „Entschuldigung. Öffnen Sie meinen Griff.“

Er merkte, dass er Quetschungen bekommen würde, der Tränkemeister hielt ihn mit fast tödlichem Griff am Arm. Aber er konnte sich befreien und half ihm, sich an einen Baum zu lehnen. Snapes linker Arm hing nutzlos nach unten, also legte ihn Barnes vorsichtig auf seinen Schoß.

“Machen Sie sich keine Sorgen um mich", murmelte Snape. „Gehen Sie, und schauen Sie nach Hagrid.“

Sich um den gestürzten Mann zu kümmern gestaltete sich überraschend einfach. Mit seinem Zauberstab ließ Barnes ihn aus der tiefen Grube schweben. Ein kurzer Blick zeigte ihm, dass er dehydriert {A/Ü = litt unter Wassermangel} und zerkratzt war, aber nichts gebrochen hatte.

“Gut Sie beide zu sehn’", brachte der riesige Mann fertig, während er durstig aus den Wasserflaschen trank, die Barnes ihm gegeben hatte.

“Kann ich mir vorstellen", sagte Snape trocken. Er lehnte immer noch an dem Baum, die Augen geschlossen und versuchte seinen Mageninhalt bei sich zu behalten.

Barnes beendete seine Untersuchung des Lehrers für Magische Geschöpfe. “Ihnen geht es wirklich gut,” sagte er mit echter Überraschung in der Stimme.

“’Türlich tut’s das. Braucht schon etwas mehr als’n Sturz um mich zu verletzen.“ Er war fertig mit dem Wasser und musterte die Flasche enttäuscht. Nachdem er sie weggelegt hatte, blickte er endlich seine Begleiter an.

„Sehn schlecht aus, Severus. Was is mit Ihnen passiert?”, fragte er mit Besorgnis.

Snapes Lippe kräuselte sich, während er weiterhin die Übelkeit unterdrückte. “Der Heiler ist mir passiert", sagte er knapp. Barnes wendete sich von Hagrid ab und zum Tränkemeister hin. Furchtbar aussehend wisperte Snape nur: „Ich muss mich übergeben, Barnes.“ Der Heiler drehte den Mann schnell, sodass er sich nicht beschmutzen würde und hielt ihn, während er würgte.

“Fertig?”, fragte er, als der Mann endlich aufhörte. Ein schwaches Nicken. Hagrid bot ein großes Taschentuch an und das verschwitzte Gesicht wurde gereinigt. Vorsichtig zog er den kranken Mann an sich, um ihn zu untersuchen.

“Lassen Sie mich sehen, Severus. Schlimme Quetschungen am Brustkasten; wie ich vermute vom flachen Hinfallen auf diese Steine. Hmmm, Kopfschmerz, Schwindelgefühle. Haben Sie sich auch den Kopf gestoßen?“

“Nein, die Kopfschmerzen hatte ich seit Anfang an", gab Snape zu. Barnes zog seine Augenbraue nach oben.

“Und Sie habe es mir nicht gesagt? Ich bin tief verletzt, Professor!”, schalt er gutmütig.

“Schlafmangel, nichts bei dem Sie helfen könnten, Jeffrey", sagte Snape ruhig. Der Heiler drückte nur seinen Kopf gegen den seines Patienten, um seiner Bekenntnis zuzustimmen.

“Ah, das große Problem. Das großes Gewicht hat Ihre linke Schulter ausgekugelt." Er strich das Haar aus Snapes Mund und Augen.

“Das wird weh tun, aber es wird schnell gehen", sagte er entschuldigend. Er nickte zu Hagrid. “Helfen Sie mir, bitte. Ich brauche Sie, um Snape zu halten, während ich seinen Arm wieder einrenke.“ Der Doktor hob vorsichtig seinen Patienten in den Schoß des Halbriesen. Er legte ihn so, dass ihn Hagrid gut festhalten konnte, dann ließ er seine Hand vorsichtig über Snapes Schulter gleiten, um die Position der Knochen herauszufinden und drückte behutsam. Er ordnete alles zu seiner Zufriedenheit an und mit einem Dreh und starken Stoß drückte er den Arm zurück in die Schulter.

Wenn möglich wurde Snape noch weißer und schrie scharf auf. Sein Atem keuchte ein und aus. Barnes untersuchte die Schulter.

“Es ist gut, Severus. Alles wieder an der richtigen Stelle.” Er zog den zitternden Mann auf Hagrids Armen und hielt ihn, während er heilende Energie in ihn fließen ließ. Snape entspannte sich langsam, besonders als der Schmerz auf ein erträgliches Maß schrumpfte. Barnes zauberte eine Trage herbei und legte zusammen mit dem geretteten Mann seinen Patienten darauf.

“Jetzt müssen wir nur noch schnell zur Schule zurück und Sie versorgen, Severus", sagte der Heiler, als er den Verletzten auf der Trage festschnallte. Er musste keine weiteren Beleidigung hinzufügen, um ihn zu verletzen und einschlafen zu lassen! Er beruhigte und zauberte Snape in den Schlaf.

“Bereit, Hagrid?“, fragte Barnes mit einem Lächeln.

“Yeah. Muss zurück zu Fang.” Er hob die Trage behutsam an und sie machten sich auf den Weg zurück.

“Ich schicke besser das Zeichen, das wir bei unserem Losmarsch heute Morgen ausgemacht haben.“ Und der Heiler zog seinen Zauberstab heraus und schickte einen Schwarm graue Tauben in den Himmel. Sie kreisten in einer Spirale nach oben, und flogen dann direkt in Richtung Hogwarts. Sofort kreiste ein neuer Schwarm Tauben, diesmal weiße, über ihnen. Barnes erklärte, dass dies das Gegensignal war. Sie würden ohne Zweifel eines der anderen Rettungsteams auf dem Weg aus dem Verbotenen Wald heraus treffen.

“Sagen Sie mir Bescheid, wenn Ihnen schlecht oder schwindlig wird, Hagrid", sagte der Doktor mit Besorgnis.

“Machn Sie sich keine Sorgen um mich, Doc. Braucht schon mehr als’n Sturz um mich kleinzukriegen War’n ja nur zwei Tage; nich lang genug, um schlimm zu wern." Er stieß die Trage vorsichtig weiter voran. „’Türlich könnt ich was ordentliches zu Essen vertragen. Ich denk mal, Dumbledore wird das gleich sehn.“

“Er wird die Hauselfen ein Festmahl organisieren lassen", stimmte Barnes zu.

”Wird nich viel zu feiern geben, nich mit nem so bettlägerigen Snape”, sagte er und schaute den Heiler an.

„Wie hat er das eigentlich angestellt?“.

Barnes erzählte ihm die Geschichte im Weitergehen und sparte nicht gerade an den Details. Snape hatte ihn gewarnt, aber er war ja vorausgesprungen.

“Hat Sie ohne Zauberstab raufgezogen?”, fragte Hagrid neugierig.

“Ja, er tat irgendetwas um mich genug anzuheben, dass ich mich festhalten und über den Rand ziehen konnte. Ich kann nicht glauben, dass er mich so festgehalten hat", und er zeigte Hagrid die blauen Flecke auf seinem Vorderarm, ein Band von Fingerabdrücken leuchtete da.

“Erstaunlicher Mann", stimmte er zu. Er wollte gerade weitergehen, als sie Schreie von vorn kommen hörten. Die Hauptgruppe der Retter stapfte auf sie zu, ältere Schüler, Professoren und der Direktor.

Ausrufe des Lobes und der Freude darüber, dass Hagrid in einem Stück, gesund und munter gefunden worden war, wurden laut. Barnes blieb bei Snape zurück, während die Gruppe den Vermissten begrüßte, viele mussten sich versichern, dass er lebte und wohlauf war und klopften ihm auf den Rücken.

Schließlich richtete sich die Aufmerksamkeit auf die Retter und Dumbledore kam schnell herbei, um zu sehen was seinem Tränkemeister zugestoßen war. Bevor eine Erklärung abgegeben werden konnte, war schon Kichern zu hören und gedämpfte, dennoch schwer zu überhörende, Diskussionen begannen.

”Blöder Schwachkopf.“

“Wirklich. Musste selber gerettet werden.”

”Der Direktor hätte ihn nicht schicken sollen.”

”Kann nicht mal einem deutlichen Weg im Wald folgen.”

Barnes starrte die Menschengruppe an, sagte jedoch nichts zu ihnen.

“Lange Geschichte, Direktor. Lassen Sie uns ihn zum Schloss zurückbringen, wo ich mich um ihn kümmern kann und ich werde alles auf dem Weg erklären." Barnes schob die Trage durch die Gruppe. Hagrid fuhr die Sprecher an.

“Lasst mich euch was über Professor Snape erzähln", begann er. Barnes bewegte sich schnell, um aus der Hörweite zu gelangen. Nach ein paar Minuten raschen Gehens wurde er etwas langsamer.

”Glücklicherweise schläft Severus”, murrte er. “Er muss solche herzlosen Kommentare nicht anhören.“ Barnes sprach weiter, erklärte ihren Trip durch den Wald und wie Snape verletzt worden war.

”Er hat mich mit einem ausgerenkten Arm festgehalten und nicht losgelassen. Ich war darüber sehr froh und bin es immer noch. Aber der Schmerz muss grausam gewesen sein. Er hätte loslassen können…”

“Severus würde das nie. Er sorgt sich um Sie, Jeffrey. Ich kann nur nicht glauben, dass Sie so einfach davongerannt sind!“, rief Dumbledore aus.

“Wir beide wundern uns", grinste der Doktor. „Ich habe so etwas noch nie zuvor gemacht. Ich denke mal Severus war so vorsichtig und ich wollte Hagrid nur so schnell, wie möglich finden. Ich habe vergessen, dass er wirklich weiß, was in diesem Wald sein kann.“

Als sie den Waldrand erreichten, konnten die beiden Männer das Schloss vor sich sehen. Viele Menschen warteten draußen, jetzt überrascht Snape auf der Trage zu sehen, besorgt, dass Hagrid immer noch verschwunden oder tot sein könnte. Dumbledore beruhigte schnell McGonagall und ein paar Schüler, gab ihnen eine kurze Erklärung, die auch einen knappen Bericht über Snapes Verletzungsgeschichte enthielt. Er versprach ihnen den kompletten Bericht zum Mittagessen.

“Und Minerva, würden Sie bitte so freundlich sein und die Elfen wissen lassen, dass Hagrid hungrig ist?“, fragte er mit einem Augenzwinkern. Sie lächelte, Erleichterung zeichnete ihr Gesicht.

“Ja. Ich werde mich darum kümmern. Hagrid kann einen Snack bekommen und sich vor der Feier noch etwas erfrischen", sagte sie fröhlich. Es war wundervoll etwas zu feiern zu haben, nach all den Sorgen, die sie dieses Jahr schon beunruhigt hatten.

Snape erwachte warm und bequem. Sein knurrender Magen ließ ihn wissen, dass es schon nach dem Mittagessen war, während die Sonne ihm verriet, dass es noch nicht allzu spät war. Er versuchte aus dem Bett zu kommen, damit er hinunter zum Essen gehen könnte. Sein linker Arm verweigerte den Gehorsam, während der Rechte ihn schwach nach oben drückte.

“Mensch Severus! Gehen Sie es doch langsam an.” Dr. Barnes Stimme stach in seinem brummenden Kopf. Was hatte er gemeint, ‚es langsam angehen’?!

“Sehen Sie doch mal klar, Barnes, Sie sind derjenige, der heute Morgen überall hingerannt ist”, meckerte er. Warum fühlte sich sein Körper nur so an, als wäre er von einer Muggelbahn überfahren worden? Er erlaubte dem Heiler, ihn wieder in die Kissen zurückzudrücken und fühlte wie ein Schwall von Energie in ihn strömte.

“Sie haben sich verletzt, Severus. Als Sie mir den Arsch gerettet haben. Lassen Sie mich bitte die Fixierung der Rippen beenden, danach können wir über das Mittagessen diskutieren", sagte der Doktor. Die Erinnerung an den heutigen „Frühsport“ fluteten zurück in Snapes Gehirn. Sein Gesicht verzerrte sich bei dem Gedanken an Barnes Fall und seinen Versuch ihn zu retten.

Gut, eigentlich kein Versuch. Er war erfolgreich gewesen, schließlich kümmerte sich der Mann gerade um ihn. Er sah sich in dem Raum um und erkannte das Schlafzimmer des Direktors. Oh ja, er war dieses Jahr schon oft hier gewesen zwischen Voldemort, ein paar Schülern und diesem verdammten Verbotenen Wald. Er fragte sich, ob er seit Beginn des Schuljahres mehr als eine Woche in seinen eigenen Räumen verbracht hatte.

Es schien jedenfalls nicht so!

Er wand sich, weil es ihm nach Essen verlangte. Sein Magen knurrte lauter und Barnes lachte leise in sich hinein und tätschelte ihn leicht. “Keine Panik, du lautes Biest. Du wirst gleich gefüttert.“ Er fuhr fort herumzudoktern und checkte ein letztes Mal die Verletzungen.

Ein letztes Bisschen und Barnes hörte auf, vorsichtig den Energiefluss beendend. Er sah seinen Patienten an, der immer noch zu blass für seinen Geschmack war, aber ein Großteil des Schmerzes war vergangen.

“Ok, Severus. Ich denke, ich habe Sie soweit wieder zusammengesetzt, dass Sie mit mir zu Mittag essen können. Wollen Sie sich mit an den Tisch setzen, oder hier essen und gleich weiterschlafen?“

Snape betrachtete den hellen, gemütlichen Raum. Er aß niemals gern im Bett. Er war müde, aber alles in allem würde er lieber am Tisch essen, wie ein zivilisierter Mensch.

“Tisch", sagte er bestimmt. Er betastete seine verbundene Schulter. ”Obwohl ich wohl etwas Hilfe benötigen werde.”

Barnes lächelte. Wenn Snape zugab, dass er Hilfe brauchte, bedeutete das, dass er immer noch Schmerzen hatte. ”Ich werde Sie schweben lassen und Ihnen in Ihre Robe helfen", sagte Barnes und begann vorsichtig ihn für das späte Mittagessen zu präparieren. Er lachte, als der Magen des Geheilten wieder laut protestierte. “Ok, ok, ich beeil mich ja schon", sagte er.

Snape zog eine Grimasse. Er überließ es dem verrückten Heiler mit seinem Magen zu reden! Aber er beschwerte sich nicht, als der Mann ihn aus dem Bett hob und den Weg zum Essbereich in Dumbledores Quartier begann. Er freute sich auf ein stilles Essen und dann auf ein nettes Nickerchen, vielleicht mit Fawkes, der ihm etwas vorsang.

Der Gedanke verursachte ein Lächeln auf seinen Lippen.

“An was denken Sie, Severus?”, fragte Barnes.

”Nur, dass ich mich langsam an das Zimmer des Direktor gewöhne”, antwortete er. Er schwebte geduldig, als die Schlafzimmertür geöffnet wurde. Eine Welle von Lärm brandete hinein.

“Hmm, soviel zu einem stillen Essen", kommentierte der Doktor, während er seinen Patienten hineinwinkte. Er bemerkte, wie Snape sich versteifte, als sie den ziemlich vollen Raum betraten. Einige Professoren hatten sich in den Räumen des Direktors versammelt.

“Keine Panik, Severus, ich werde verhindern, dass sie Sie anfassen.” Er wusste, dass der andere Mann viel besorgter war, verletzt zu werden. Obwohl er die Stille genauso liebte. Das war auf jeden Fall nicht still.

Das war es, bis Hagrid sie entdeckte.

”SEVRUS!“, dröhnte er und das Zimmer wurde schlagartig still. Der riesige Mann stampfte durch den Raum, bereit den Zitternden zu knuddeln. Barnes schob sich schnell vor seinen Patienten.

“Nicht anfassen! Keiner von Ihnen! Er ist schon genug zerquetscht ohne Ihre Beteiligung!” Ein finsterer Blick stoppte die Versammlung und sie wichen zur Seite, als Barnes ihn zum Tisch bewegte. Natürlich ließ sich Dumbledore nicht von dieser Anweisung abhalten, schlüpfte hindurch und setzte sich direkt neben seinen Freund. Er drückte ihn vorsichtig und versicherte sich, dass er es auch bequem auf seinem Stuhl hatte.

Die Lehrer schritten sich weiterhin unterhaltend umher (jetzt aber stiller aus Rücksicht auf Snape). Viele entschieden sich zu gehen, Hagrid eingeschlossen.

“Komm morgen noch mal, um Sie zu sehn, Professor." Er verbeugte sich ein wenig.

Dobby tauchte plötzlich auf und lauschte Dr. Barnes Essensbestellung. Kurze Zeit später erschienen Sandwichs und Suppe auf dem Tisch, zusammen mit Tee und Saft.

Snape hätte sich lieber allein versorgt, wenn auch nur Lupin, Flitwick und McGonagall geblieben waren, aber sein Arm wollte nach den ersten Bissen nicht mehr mitspielen. Dumbledore fütterte ihn daraufhin, während Barnes durch sein Essen pflügte.

”Hungrig, Barnes?”, fragte Snape zuckersüß.

“Oh, ja, sehr", antwortete der Mann durch einen Mundvoll Käse und Tomaten Sandwich.

”Erstaunlich, was ein kleiner Spaziergang im Wald für den Appetit tun kann”, fuhr Snape in völlig desinteressierten Ton fort. Barnes antwortete umgehend, weil die Albernheit des Kommentars ihn verletzte.

“Kleiner Spaziergang im Wald!”, blubberte der Heiler, wobei er kleine Essensstückchen in jede erdenkliche Richtung schickte. McGonagall hielt sich den Mund zu, um nicht laut loszulachen. Ein Lächeln huschte über Flitwicks teilnahmsloses Gesicht.

“Zuerst mal, ist das kein einfacher, schlummernder Wald, lassen Sie sich das gesagt sein", begann der Mann mit fast leerem Mund. “Ich weiß wirklich nicht, wie Sie da hinein gehen können, wenn all diese Ungeheuer herumlaufen!”, fuhr er ganz ehrlich in seiner Unwissenheit fort.

Snape akzeptierte einen Löffel voll Suppe und kaute das Gemüse gedankenvoll, während sein Kamerad fortfuhr seine klare Abneigung zu dem Wald und seinen Bewohnern zu verkünden.

Der Professor schluckte und schickte einen kurzen Blick zu Dumbledore.

“Was immer Sie tun, Albus, erwähnen Sie keine Spinnen", sagte er laut genug, dass es Barnes hören konnte und der Heiler stürzte sich auf dieses Thema, wobei er die Fänge dramatisch mit seinen Fingern verdeutlichte, während er die haarigen schwarzen Biester beschrieb. Jetzt musste Lupin gewaltig husten, um nicht zu lachen. Flitwick schlug ihm kräftig auf den Rücken.

Mit einem gedankenverlorenen Gesichtsausdruck begann Snape einen Bissen vom Sandwich zu kauen. Wer hatte gedacht, dass es so lustig sein könnte Barnes zu reizen! Plötzlich stoppte der Heiler in seiner Tirade über die gruseligen Kreaturen im allgemeinen und starrte mit offenem Mund auf Snape. Dieser hatte den Anstand nicht laut loszulachen, obwohl er das Kichern nicht ganz ersticken konnte. Dumbledore bot ihm noch etwas Suppe an, die er schnell akzeptierte.

”Sie blöder Schwachkopf!”, zischte der Heiler leise. Flitwick, Lupin und McGonagall gaben ihrem Drang zu lachen nach. Mit einem Grinsen nippte Snape an seinem Saft. Er blickte den Direktor an.

”Sie dachten, nur Lupin und ich wären ein schlechtes Team.” Der Tränkemeister verdrehte die Augen.

”Seien Sie heilfroh, dass Hagrid nicht im Sumpfgebiet war”, grinste Dumbledore.

”Warum? Was ist denn da unten im Sumpfgebiet?“ Barnes lehnte sich gespannt nach vorn.

“Wagen Sie es nicht, Albus", begann Snape.

“Wenn Severus wieder auf den Beinen ist, warum lassen Sie sich nicht von ihm hinführen?“, begann Dumbledore seine eigene Neckerei.

“Direktor", warnte Snape.

”Sie werden eine schöne Zeit haben”, fuhr der alte Mann ohne Zögern fort.

“Albus!”, Snape hob seine Stimme ein wenig an.

“Sie können ein Picknick veranstalten! Machen Sie einen Tagesausflug draus." Die Ideen sprudelten nur so auf Dumbledores Mund.

“KEINE WEITEREN EXKURSIONEN!”, verkündete Snape deutlich und verursachte eine weitere Welle des Gelächters.



 

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