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Kapitel 4: Save the Last
Dance for me
Die Wochen flogen nur so dahin. Snape ging durch die Gänge und formulierte Fragen für eine erste kleine Prüfung, die er in diesem Schuljahr neu eingeführt hatte.
"Immer in Gedanken, Severus...", redete ihn Dumbledore an. "Ich hoffe Sie vergessen nicht wieder, dass heute Halloween ist. Ich erwarte Sie beim Fest und finden Sie nicht wieder eine dieser fadenscheinigen Ausreden..."
Snape schaute ihn missmutig an und quetschte ein "aber sicher, Direktor" zwischen seinen Zähnen hervor. Dann enteilte er Richtung Klassenzimmer. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Was Dumbledore doch immer für einen Mummenschanz um dieses blöde Kürbisfest machte...
Er stieß auf eine ebenfalls schlecht gelaunte Rautgundis kurz bevor er im Kerker verschwinden konnte.
"Können Sie nicht aufpassen, Sie Grattler, Sie! Erst labert mich dieser damische Direktor voll, dass ich an diesem Kürbisfest mitmachen soll und dann rennt mir noch so ein Hornochse den Schädel ein, wo samma denn?!"
Snape starrte auf sein Spiegelbild und musste unwillkürlich grinsen. "Es lohnte sich sicher festzustellen, wer von uns beiden hier ein Rüpel ist..."
"Wolln'S einen Wettbewerb ausrufen, ha?", Rautgundis lachte höhnisch.
"Wie wärs heute auf dem Fest, dann ist diese Veranstaltung nicht ganz so langweilig"
"Im Ernst, ich hab gedacht, da wird in Maskera getanzt und so... das ist doch eher etwas zuviel Brimborium..."
"Vergessen Sie's. Wir sollten lieber an die Arbeit gehen." Snape ließ sie einfach stehen und sah deshalb auch nicht das fiese Grinsen, das jetzt ihr Gesicht erhellte. Wart nur Bürscherl, dich hab ich gleich, ... lässt mich einfach stehn wie einen alten Schuh... tztztz...
Die Schüler waren wegen des Festes mächtig aufgeregt, so hatte sich Haberfeldt entschlossen in der 5. Klasse eine Wiederholungsstunde einzuschieben.
"Red ma heut mal über Angst... ich denk jeder hat dazu etwas zu sagen und keiner verliert dabei sein Gesicht... schwarze Magie ist immer angstbehaftet... ihr habt schon mit Boggarts Erfahrungen gemacht... Ich möchte, dass ihr mir erzählt, wir ihr euch gefühlt habt, als ihr eurem Boggart begegnet seid und was euch geholfen hat, damit umzugehen..."
Stille im Klassenzimmer. Kein einziger Finger.
"Gut ich habs gerafft, immer dasselbe mit der pubertierenden Jugend, man muss ja sooo cool sein. Nehmts a Bladl raus und schreibt es mir auf, darf ruhig anonym sein, doch bitte schreibts keinen Schmarrn, die Überlegungen sollten uns beim nächsten Thema weiterhelfen! Silentium, ihr habts eine halbe Stunde Zeit!"
Unter Protest begannen die Schüler ihre Sachen herauszusuchen.
Hermione meldete sich.
"Ja, Hermione?"
"Sollen wir auch schreiben wie unser Boggart aussah und wie wir ihn verwandelt haben, Hexenmeisterin?"
"Sollte jemand wider Erwarten schon vor einer halben Stunde fertig sein, kann er oder sie das gerne machen, verliert euch nur nicht in irgendwelchen Details. - Ron, räum sofort dieses Spickoskop weg, sonst sieht dein nächster Boggart hundert Pro so aus wie ich!"
Ron errötete und räumte das Spickoskop unter seinem Pult weg.
"Das will ich nicht mitgedacht haben, Ronald Weasley", schimpfte Haberfeldt.
Ron schaute verlegen weg. Das gabs doch nicht, sollte diese Hexe seine Gedanken lesen können oder war das wieder einer ihrer üblichen Gags...
Ruhe kehrte ein, die nur durch das Kratzen der Federn auf dem Papier unterbrochen wurde.
Der Abend nahte und die Spannung stieg. Er sollte wie immer mit einem Bankett anfangen und dann waren einige Darbietungen und Spiele geplant. Später sollte es einen Maskenball für die Größeren geben. Die große Halle war mit Herbstlaub in allen Farben geschmückt, ausgehöhlte Kürbisse waren aufgestellt, darinnen Kerzen, die später entzündet werden sollten. An den Wänden hingen kunstvoll gefertigte Skelette und Spinnweben überzogen den künstlichen Himmel, der mit seiner Schwärze den Höhlencharakter der Halle zutiefst betonte. Auf den Tischen standen neben kleinen roten Grablichtern aus der Muggelwelt Teller und Schüsseln aus ausgehöhlten Kürbissen, die Gläser hatten die Form von Totenschädeln, als Besteck standen Dreizacke, Knochensägen und kleine Grabschäufelchen zur Verfügung. Der obligatorische Kürbissaft war blutrot gefärbt. Die ganze Tafel machte einen zutiefst makaberen Eindruck, ausgestopfte Tiere waren darüber verteilt, die grün gefärbten Speisen erinnerten ein wenig an Schimmelkulturen...
Dumbledore seufzte. Er hätte die Tischgestaltung doch lieber nicht seiner neuen DADA-Lehrerin überlassen sollen... Er hatte schon gesehen, dass sie mit diesem Auftrag nicht wahnsinnig glücklich war, doch anders hätte er sie wohl nie zwingen können wenigsten ein wenig am Fest teilzuhaben.
Großes Gemurmel setzte ein, als die Schüler den Saal betraten.
"Ey voll geil"
"Hast du das gesehen, die Skelette sehen wie echt aus..."
"Aus so einem Becher trinke ich nicht..."
"Schau nur wie grün das Essen ist, da rühr ich keinen Bissen an!"
"Whow, das ist mal wirklich etwas anderes," riefen die Weasley-Zwillinge wie aus einem Munde, "von der Haberfeldt kann man einiges lernen."
"Waas, die war das? Die hat doch echt einen Knall!", rief Ron.
"Wahrscheinlich feiert man in Bayern Halloween so makaber...", meinte Hermione.
Dumbledore erhob sich, als alle Platz genommen hatten. Er vergewisserte sich, ob auch alle Lehrer anwesend waren und begann seine Rede.
"Wir danken Hexenmeisterin Haberfeldt für diese aufregende Deko und ich erhebe den Eimer Bloody Mary, den ich hier, wie jeder Lehrer, auf meinem Platz vorgefunden habe, um das Fest zu eröffnen. Gaudeamus igitur juvenes dum sumus! Freut euch, esst und trinkt, so jung kommen wir nicht mehr zusammen!"
Er prostete der Lehrerschaft zu. McGonagall hatte sich ebenfalls erhoben und schien magisch dem Befehl ihres Eimers zu folgen, der mit flehender Stimme sang: "... drum setz mich nun an deinen Mund und trink mich aus bis auf den Grund..."
Alle hielten gespannt den Atem an ob dieses Schauspiels und lachten als sie den Eimer Sekunden später mit einem lauten Rülpser absetzte. Sie schwankte und schrie zornig "Gundi, wenn ich Sie erwische...", dann kippte sie unter den Tisch.
Snape äugte vorsichtig in seinen Eimer und untersuchte gründlich die Speisen vor seinem Teller.
"Whuu, schaut mal, Snape spricht jetzt ein Tischgebet, der wird es nötig haben", rief Seamus und kugelte sich vor Lachen.
"Kein Wunder nach der Vorstellung, als wir die Lebensmittelgifte durchgenommen haben...", antwortete Hermione. "Ich an seiner Stelle würde schon mal das Universal-Gegengift schlucken, sosehr wie sie ihn liebt..."
Als Snape daraufhin eine kleine Flasche aus seiner Tasche zog und sie in einem Zug verstohlen leerte, konnte auch Harry nicht mehr an sich halten. "Heute tut er mir echt mal leid. So ein Ärger, dass ihn Dumbledore dazu verdonnert hat hier zu erscheinen." Er bog sich vor Lachen.
Als nach wenigen Minuten sich McGonagall etwas benommen wieder aufsetzte, als wäre nichts geschehen, begannen die Schüler zuzulangen und bald hatten sie heraus, dass besonders grüne Sachen auch besonders lecker schmecken konnten...
Der Abend war weiter fortgeschritten, Spiele und Vorführungen brachten die gute Stimmung der Schüler bald zum Überkochen als Snape bemerkte, dass sich seine Kollegin Haberfeldt verdünnisiert hatte. Er fragte sich wie ihr das gelungen war und schaute missmutig zu Dumbledore, der ein scharfes Auge auf ihn gerichtet hielt.
Sie kam auch nicht wieder als die Kleinen ins Bett geschickt wurden und der Tanz eröffnet ward. Snapes Laune bewegte sich langsam einem Tiefpunkt zu als er dasaß und den Paaren zuschauen musste, die sich vergnügt auf der Tanzfläche bewegten. Mit welcher Leichtigkeit doch dieser Potter die kleine Lavender herumschwang. Selbst Neville Longbottom schien auf diesem Terrain wesentlich geschickter als im Unterricht. McGonagall trug Flitwick im Arm und schenkte ihn eine Runde. Wie lächerlich! Gut, dass ihn niemand aufforderte. Snape schloss die Augen. Man sollte sich nicht in die Tasche lügen, natürlich wollte er...
Snape hatte genug. Er wandte sich Dumbledore zu und sagte "ich mache mir Sorgen um die Kollegin Haberfeldt, sie ist schon lange nicht mehr zurückgekommen, vielleicht hat sie sich den Magen verdorben, ich will mal nach ihr schauen..."
Dumbledore war sich nicht ganz sicher wie ehrlich Snape es meinte, doch nickte er ihm zu. Er hatte doch brav eine ganze Zeit ausgehalten. Man musste seine Geduld ja nicht überstrapazieren... Er schaute der schwarzen Gestalt nach, die sich rasch entfernte. Was für ein Fest. Er reichte Sprout den Arm und führte sie zur Tanzfläche.
Severus Snape atmete auf - entkommen. Er überlegte kurz schlafen zu gehen, doch war er nicht im Geringsten müde. Was schadete es also, wenn er tatsächlich mal nach dieser Hexe sah. Der Gang war dunkel, alle Fackeln verlöscht.
"Lumos!" flüsterte Snape, erhob seinen Zauberstab und tastete sich vorsichtig vorwärts. Das versprach doch einige Überraschungen. Er war auf der Hut.
Er klopfte an die Tür von Kerker2, nachdem er sie in ihren Privaträumen nicht vorgefunden hatte. Nichts. Er drückte die Klinke. Die Tür öffnete sich knarzend. Er schaute sich erstaunt um. Der ganze Raum war in grünlich blaues Licht gehüllt, an allen Ecken waren kleinen Vulkane aufgestellt, die im Wechsel Flammen hochwarfen wie bei einer Vorstellung von einem Feuerspucker. Nebelschwaden waberten vor sich hin. Zu allem kam eine ohrenbetäubende Musik, die ihm durch Mark und Bein fuhr. Eine Stimme durchdringend, tief und erschütternd sang zu schwirrenden Geigen und etlichen weiteren Muggelinstrumenten, dass Snapes Herz zu wummern begann:
"...Nur eine Hoffnung soll mir bleiben,
nur eine unerschüttert steh'n:
so lang' der Erde Keim' auch treiben,
so muß sie doch zugrunde gehn!
Tag des Gerichtes! Jüngster Tag!
Wann brichst du an in meine Nacht?
Wann dröhnt er, der Vernichtungsschlag,
mit dem die Welt zusammenkracht?
Wenn alle Toten auferstehn.
Dann werde ich in Nichts vergehn.
Ihr Welten, endet euren Lauf!
Ew'ge Vernichtung, nimm mich auf! ..."
Snape ging der Stimme durch den Nebel nach. Er spürte wie es plötzlich eiskalt um ihn wurde, er begann augenblicklich von innen heraus zu frieren, seine Sinne waren stumpf, er wurde immer langsamer, all sein Elan schien aus ihn zu fliehen. Dann blieb er mit weit aufgerissenen Augen stehen als er sah, mit wem er es zu tun hatte.
Er riss sich zusammen, jetzt keine Panik, keine Gefühle zeigen, ganz cool... er erhob seinen Zauberstab und murmelte leise einen Spruch. Ein silbernes Gebilde machte sich im Raum breit und gespenstische Stille trat ihm entgegen.
"Ja, Gruzitürkn, schaffts ihr des nicht anzuklopfen, wenn ihr ein Zimmer betretet? Mach wenigsten die Tür zu, es zieht", grunzte die tiefe unheimliche Stimme. "Hey was stehst rum wie bstellt und nicht abgeholt, Tür zu!"
Rautgundis Haberfeldt näherte sich der nahezu versteinerten Gestalt, die sie im Nebel wahrgenommen hatte und wunderte sich, - was war denn los? Sie sah ein silbernes Etwas durch den Raum schweben und langsam dämmerte ihr, was geschehen war. Das hatte sie ja total vergessen. Sie stapfte zur Tür und schloss sie. Dann schritt sie vergnügt auf Snape zu, dem die Panik in den Augen anzusehen war.
"All, baby, you miss, is a dementor's kisssss…", sang sie mit laszivem Hüftschwung und spitzte demonstrativ ihre Lippen.
"Geh, Severl krieg di wieder ein! S' bin nur ich, die Gundi, ich hab mei Gwand ausprobiert, das ich zum Tanzen anziehn wollte... is jetzt scho so weit??"
Snape rührte sich immer noch nicht. Die Hexe war nun zutiefst beunruhigt. Sie drehte sich wie ein Wirbelwind und verwandelte sich in den Snapeklon zurück.
"Sag, was is?, fragte sie und schaute Snape ins Gesicht. "Hab ich dich verschreckt?"
Ihr kam der Gedanke, dass auch Snape sicher einige Erfahrungen mit den Kreaturen Askabans hinter sich haben musste und senkte schuldbewusst ihr Haupt. Vielleicht war die Verkleidung doch zu echt...
Eine Ohrfeige, die sicher tiefe Spuren hinterlassen würde, klatschte ihr ins Gesicht.
Snape war aufgetaut, seine Panik hatte sich in immense Wut umgewandelt und er hatte ohne zu zögern seine Hand erhoben. Er atmete tief und funkelte sie zornig an. "Mit so etwas treibt man keine Scherze, Kollegin! Vielleicht sollte ich Ihnen mal einen Aufenthalt in Askaban besorgen, damit Sie wissen was Sie da tun!"
Haberfeldt rieb sich die Wange und schaute Snape in die Augen. Ganz leise sagte sie: "Ich habe dort fast sieben Jahre zugebracht, Kollege, eines davon auch als Ihnen der Prozess gemacht wurde, Mister weiße Weste...!" Sie wandte sich ab und pustete die Nebel und Vulkane aus.
Snape schaute betroffen drein. Dass er auch immer mit dieser Hexe aneinander geriet. Wie konnte er auch annehmen, dass sie diese Show für ihn inszeniert hatte. Das mit der Maske war sicher eine Ausrede. Sie plante wohl eher etwas für den Kampf gegen die dunklen Mächte und er Idiot war einfach in ihre Räume eingedrungen und hatte sie gestört. "Entschuldigung, mir sind wohl die Gäule durchgegangen...", murmelte er betreten.
"Jetzt schauns doch nicht gar so drein wie der kleine Longbottom... das ist ja zum derbarmen... Sie kommen mir aber nicht so leicht davon... sagn ma mal... sieben Tänze schulden Sie mir schon für eine solche Watschn..." Sie schaute ihn mit Augenaufschlag an.
Er seufzte. Schon wieder hatte sie ihn in der Ecke. "Nur wenn Sie eine passendere Verkleidung wählen..."
"Stelln Sie sich was vor..."
Snape schaute irritiert. Was...
Abermals wie ein Wirbelwind drehte sich die Hexe und verwandelte sich in eine vollbusige Brünette mit bernsteinfarbenen Augen und einem atemberaubenden burgunderroten Kleid, das mehr sehen ließ als es bedeckte. Snape schluckte. Rautgundis Haberfeldt musterte sich im Spiegel und grinste. "Net schlecht, Ihr Geschmack, doch Achtung, das ist nur ein Kostüm, das Sie ausgewählt haben!!!"
Sie packte ihn beim Ärmel und schob ihn Richtung große Halle. Langsam ließ sein Widerstand nach. Und noch lange zerrissen sich die Schüler und Kollegen die Mäuler über Snape und seine Begleitung, die unverschämt professionell und total eng miteinander getanzt hatten als wären sie eins, ... mehr als sieben Tänze, bis zum allerletzten Lied bei Morgengrauen...
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